"Den Mietvertrag habe ich nie unterschrieben"

2019 kam beim Brand der Conciergerie des Poya-Schlosses eine Person ums Leben. Bewohner Axel verlor sein Hab und Gut und musste vor Gericht.

Von Axels Zimmer blieb nichts mehr übrig. © zvg

RadioFr. hat mit Betroffenen des Poyabrandes gesprochen. Alle Folgen der Serie erscheinen fortlaufend auf RadioFr. und sonntags als ganzer Podcast auf Frapp und Spotify.

Axel packt ein paar Kleider und seinen Laptop in sein Auto und verlässt Freiburg in Richtung Deutschland. Das Wochenende vom 6. auf den 7. April 2019 verbringt er bei seiner Familie.

Seit drei Monaten wohnt Axel in der Conciergerie des Poya-Schlosses - ein denkmalgeschütztes Haus in einem äusserst schlechten Zustand. Darin befinden sich zwei WGs. Trotz fehlender Isolation und veralteter Ausstattung gefällt es ihm dort. Das Verhältnis zu den Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern ist herzlich.

Am Sonntagnachmittag erhält Axel von Bekannten merkwürdige Nachrichten per Whatsapp. "Da stand, dass es ihnen leidtut und sie schockiert sind", sagt Axel. Er hat jedoch keine Ahnung, worauf sie sich beziehen. Als er sich erkundigt, erfährt er, dass die Conciergerie in der Nacht vom Samstag auf den Sonntag abgebrannt ist und ein Mitbewohner dabei ums Leben kam.

Das Gefühl, das ihn befällt, kann er gar nicht richtig beschreiben. "Man realisiert das gar nicht", sagt Axel. Er fragt sich, ob er etwas hätte tun können, wäre er zu Hause geblieben. Doch dann wäre auch er in Lebensgefahr gewesen.

Axel versucht, mit seinen Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern Kontakt aufzunehmen - keine leichte Sache. Mehrere von ihnen haben ihre Handys in den Flammen verloren. Auch von Axels Zimmer bleibt nichts mehr übrig. Neben einigen Kleidern, dem Laptop und dem Auto hatte er noch seinen Schweizer Ausweis und seinen Führerschein bei sich, als er nach Deutschland fuhr.

Dubiose Besitzer

In Freiburg trifft er seine Mitbewohnerinnen und Mitbewohner im Café des Arcades. "Sie waren total schockiert und traumatisiert", sagt Axel. Sie versuchen, sich gegenseitig zu trösten. Auch einer der Hausbesitzer ist anwesend. Das Poya-Schloss sowie die Conciergerie gehören einer französischen Aristokratenfamilie, die zerstritten ist.

Der Besitzer des Hauses fällt in der Gruppe auf. "Er hat mehr ans Geschäftliche gedacht", sagt Axel. Der Mann fordert ihn auf, ein Dokument zu unterschreiben. Axel sollte bestätigen, dass er den Mietvertrag gelesen hatte. Nur: "Den richtigen Vertrag habe ich nie unterschrieben", sagt Axel. Er hatte mehrmals darum gebeten, wurde aber immer auf später vertröstet. Beim Dokument, das der Besitzer Axel hinhält, ist kein Datum eingetragen. Auf Wunsch des Besitzers lässt Axel diese Zeile leer.

Die Konsequenzen des Brandes bekommt Axel erst jetzt zu spüren. Einerseits muss er seine verlorenen Dokumente erneuern, andererseits um seine Mietkaution kämpfen. Diese hat er nämlich auf ein normales Konto der Besitzerfamilie überwiesen. "Ich hätte auf ein Kautionskonto bestehen sollen, wusste das damals aber nicht."

Warten auf Gerechtigkeit

Freiwillig bezahlen die Besitzer das Geld nicht zurück. Die Opferhilfe des Kantons Freiburg rät ihm, einen Brief an die Schlichtungskommission in Mietsachen zu schreiben. Diese gibt ihm recht. "Allerdings ist das Schlichtungsverfahren rechtlich nicht bindend", sagt Axel. Noch immer halten die Besitzer sein Geld zurück.

Axel zieht vor Gericht. Zu seinem Glück sind Mietgerichtsverfahren im Kanton Freiburg bis zu einem gewissen Betrag für die Klägerinnen und Kläger kostenlos. Mit dem Risiko, für die Verfahrenskosten aufkommen zu müssen, hätte Axel diesen Schritt bleiben lassen.

Eine Anwältin oder einen Anwalt hätte er sich ebenfalls nicht leisten können. Dafür erhält er juristische Unterstützung vom Mieterverband Freiburg. Obwohl Axel die Verhandlung auf Französisch führen muss, folgt das Gericht seiner Argumentation. Erst nach diesem Prozess erhält er die 720 Franken zurück. Axel ist froh, hat er das Verfahren durchgezogen. "Jetzt können auch die anderen davon profitieren."

Drei weitere Mitbewohner eröffnen daraufhin ebenfalls Verfahren. Die Familie verspricht, allen das Geld zurückzuzahlen. Getan hat sie das bis heute nicht.

Nicht nur die Mieterinnen und Mieter stossen bei der Besitzerfamilie auf taube Ohren. Auch der Denkmalschutz findet keine Lösung mit ihr. Aus diesem Grund muss der Staat zu Zwangsmassnahmen greifen. Stanislas Rück vom Denkmalschutz erklärt in der nächsten Folge, wie diese Massnahmen aussehen.

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