Die Ledermedaille hat Bitterstoffe drin

Vier Zehntelsekunden auf eine Stunde Fahrzeit fehlen zur Medaille. Stefan Küng muss eine bittere Pille schlucken und mit dem Weg vorbei an den Mikrophonen nochmals einen harten Parcours bewältigen.

Die Enttäuschung sitzt tief bei Stefan Küng, nach der knapp verpassten Olympia-Medaille im Zeitfahren © KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

"Ja, so ist halt der Sport. Glück oder Pech. Leider war das Glück nicht auf meine Seite", sagte Küng mit säuerlicher Miene, aber gefasst. "Ich zeigte ein sehr gutes Rennen, ich kann mir nichts vorwerfen. Aber am Schluss denkst Du natürlich: 'Hätte ich dort noch ein bisschen mehr und dort noch ein bisschen mehr und dort noch ein bisschen mehr.’ Es ist schon hart."

"Es tut mir leid für Stefan. Er ist ein sensationelles Rennen gefahren, man kann es nicht anders sagen", hielt der Nationaltrainer Michael Albasini fest. An diesen vier Zehntelsekunden werde Küng noch einige Tage zu kauen haben. Und es werde immer wieder hochkommen. "Man sagt ja nicht umsonst: Die Ledermedaille hat Bitterstoffe drin."

Ziele gehen nicht aus

Küng weiss dies auch. "Das Gute ist, dass immer wieder neue Rennen kommen", betont er. Erfolge sind das beste Mittel, um Niederlagen wegzustecken. Aber die Olympischen Spiele bilden eben immer auch ein Langzeit-Ziel. "Sobald er die nächsten Ziele gefunden hat, dann geht die Enttäuschung weg", glaubt auch Albasini. "Aber jedes Mal, wenn man ihn wieder darauf anspricht, gibt es ihm doch ein Stich ins Herz."

Vor dem Rennen bekam der Zeitfahr-Spezialist noch den Erfolg von Marlen Reusser mit. "Ich dachte noch, dies sei ein gutes Zeichen. An der WM in Imola wurde sie auch Zweite und ich Dritter." Aber jetzt sei es eben so. "Ich arbeite weiter. Nicht um vier Zehntel zu holen, sondern um der Beste zu sein."

Gute Leistung, schlechter Lohn

Der Parcours war nicht explizit auf die Fähigkeiten des Rollers zugeschnitten. Gleichwohl nahm er die Aufgabe voller Zuversicht an, nachdem er bis am vergangenen Wochenende noch Zweifel hatte. Nach der Tour de France, dem langen Flug und dem Jetlag habe er sich gesagt: "Das bringt nichts, du kannst wieder nach Hause gehen." Anfangs Woche habe er aber wieder gute Beine gehabt und seinem Trainer gemeldet: "Das kommt gut." Das kam es auch gemessen an der Leistung. Küng hat geliefert, wurde aber nicht belohnt.

SDA
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