Ein privates Paradies in Courgevaux

Wo einmal eine Familie lebte, leben nun beinahe 17: Der Schlosspark Courgevaux hat sich vom Herrschaftssitz in eine Wohnsiedlung verwandelt.

Das Schloss in Courgevaux wurde während drei Jahren saniert und erstrahlt in neuem Glanz. © RadioFr.

Läuft man in den Schlosspark Courgevaux, befindet man sich sogleich inmitten eines idyllischen Parks mit einem englischen Garten, einer Spielwiese, einem Bambuswald und vier grossen Wohngebäuden. Das Leben im Schlosspark ist wahrhaftig einzigartig, schon fast paradiesisch. Denn abgesehen davon, dass man in einem Schloss wohnt, ist man Teil einer kleinen Gemeinschaft.

Herrschaftssitz der Familie De Diessbach

Die Geschichte des Schloss Courgevaux reicht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Die Familie De Diessbach liess es von einem Architekten namens De Castella im Jahr 1684 bauen. Von 1792 bis 1796 wurde das Schloss von der Familie erweitert und seit jeher als Herrschaftssitz benutzt.

Bernard Matthey-Doret ist heutiger Miteigentümer im Schlosspark und wohnt seit 40 Jahren im Schloss. Er ist ausserdem Kenner der Geschichte rund um das Schloss in Courgevaux. So erklärt Matthey-Doret, dass die Bauernfamilien in der Umgebung die Aufgabe hatten, im Schloss den Zehnter in Form von Naturalien abzugeben hatten. Dieses Gut wurde in der Pfrundscheune gelagert, das heutige Mehrfamilienhaus im Schlosspark.

Unmittelbar neben der Manoir (rechts) befindet sich das neue Mehrfamilienhaus (links) mit vier Wohnungen. Die Idee war es die chrakteristischen Merkmale einer Scheune beizubehalten, da sich an dieser Stelle einmal die alte Pfrundscheune befand.

Über hunderte von Jahren gehörte das Schloss hauptsächlich der Familie De Diessbach. In der neueren Zeit ging der Besitz an die Gemeinde Courgevaux und zwischenzeitlich an einen Viehhändler. Letztendlich erwarb ein Arzt mit dem Namen Raaflaub in den 1960er Jahren die Manoir und baute darin vier Wohnungen. In dieser Form bestand das Gebäude rund 60 Jahre, erklärt Bernard Matthey-Doret: "Danach hat die Familie Raaflaub die Manoir verkauft, an die Wohnwerk AG, die das neue Projekt aufgegleist hat".

Nebst den vier Wohnungen hat die Familie Raaflaub weitere Spuren hinterlassen. So ist der heutige Schlosspark ein Werk des Sohnes Raaflaub, der den Garten durch Engländer umgestalten liess:

Das waren Gärtner, welche absichtlich aus Great Dixton in England hergekommen sind und die Parkanlage, so wie man sie heute kennt, kreiert haben.

Das Markanteste im Park sei laut Bernard Matthey-Doret der Englische Garten mit der Eibenhecke und dem Seerosenteich.

Aus vier wurde siebzehn

Nach dem Kauf des Schlosses durch die Immobilienfirma Wohnwerk AG im Jahr 2018 war klar, dass die Gebäude im Schlosspark saniert werden sollten. So wurde das Architekturbüro Awerk hinzugezogen und man begann mit einem Workshop, um Zukunftsvisionen zu sammeln. 

Nebst der "Wohn-Scheune" wurde die alte Ziegelei so erweitert, dass sie wieder die ursprüngliche Form und Grösse der damaligen Zeit erhielt. Darin befinden sich vier Wohnungen.

In der alten Ziegelei befinden sich zwei Wohnungen. Links wurde die Erweiterung der Ziegelei und dem Trocknungsraum realisiert, welche zuvor nicht mehr vorhanden war.

Im Manoir entstanden zwei weitere Wohnungen und die anderen vier wurden saniert. Ein Lift wurde eingebaut und schafft so Barrierefreiheit. 

Die Manoir von der anderen Seite: Hier befand zu Zeiten De Diessbachs der Haupteingang.

Als kompletter Neubau entstand das Gebäude Cottage, das an der Stelle der alten Kapelle gebaut wurde. Sie hat Charaktereigenschaften einer Orangerie, weil alle Seiten aus Glas bestehen.

Im Cottage befinden sich drei 3-Zimmer-Wohnungen.

Somit gibt es im Schlosspark nun 17 Wohnungen, die einen Wert zwischen 800'000 und 1,3 Millionen Franken haben.

Eine kleine Gemeinschaft bilden

Die 17 Wohnparteien teilen sich die gesamte Schlossinfrastruktur. So gibt es neben dem Garten auch Gemeinschaftsräume, Gästezimmer, Pool, Sauna und eine Fasanerie. Der Murtner Architekt Jann Fahrni erklärt, dass die Idee dahinter ein gemeinschaftliches Wohnen war:

Als wir mit dem Projekt gestartet haben, dachten wir sofort an Menschen, die eine Wohnung wollen, mit einem bestimmten Umschwung. Die Idee war es, für kunst- und kulturinteressierte Menschen einen Ort zu schaffen.

So entstand im Schloss eine kleine Gemeinschaft, die sich zusammen um den Schlosspark kümmern. Zu Beginn stiess man mit diesem Projekt auf Bedenken im Dorf. Besonders die Menge an Wohnungen sorgte für Unsicherheiten. "Früher wurden die Arbeiten innerhalb des Schlossparks durch vier geteilt. Nun kann man die Verantwortung durch 17 teilen", so die positive Erkenntnis von Bernard Matthey-Doret.

Klar ist: Eine Sanierung war nötig. Die Installationen waren zum Teil 60 Jahre alt und mussten erneuert werden. "Man hatte hier Ölheizungen, welche sehr viel Öl benötigt haben. Jetzt haben wir Wärmepumpen mit Erdsonden und alle Gebäuden sind Minergiebauten", erklärt der Architekt Jann Fahrni. Ausserdem befinden sich auf der Scheune und der Cottage Solarpanels, was die Bewohnenden in der Stromversorgen autonom macht.

Die Sanierung und Neubauten dauerten insgesamt drei Jahre und wurden Ende 2023 fertiggestellt. Das Projekt kostete insgesamt 20 Millionen Franken.

RadioFr. - Tracy Maeder
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