Frontex-Beteiligung deutlich angenommen

Die Schweiz kann sich am Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex beteiligen. Laut der ersten Hochrechnung von gfs.bern im Auftrag der SRG haben die Stimmenden die von Links mit einem Referendum bekämpfte Vorlage mit 72 Prozent Ja angenommen.

Die Schweiz kann sich nach dem Ja an der Urne am Ausbau der EU-Grenzschutzagentur Frontex beteiligen. (Archivbild) © KEYSTONE/EPA/STR

Die Fehlerquote der Hochrechnung liegt bei plus-minus 3 Prozentpunkten, wie gfs.bern mitteilte. Urs Bieri von gfs.bern sagte gegenüber Schweizer Radio SRF, die Kritik an Frontex habe im Abstimmungskampf zwar eine Rolle gespielt. Sicherheitsüberlegungen hätten aber schliesslich den Ausschlag gegeben für das Ja.

Das Ja überrascht nicht: In den beiden jüngsten Umfragen von Tamedia und SRG war die Vorlage auf einen Ja-Anteil weit über sechzig Prozent gekommen. Diese Ja-Quoten hatten sich während der eher flauen Abstimmungskampagne erhöht.

Mehr Geld, mehr Personal

Mit dem Ja kann die Schweiz sich definitiv am Ausbau der europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex beteiligen. Die EU rüstet Frontex seit 2016 mit mehr Personal und technischer Ausrüstung auf, damit die Agentur ihre Aufgaben im Grenz- und Rückkehrbereich besser wahrnehmen kann.

Die Schweiz muss mitziehen, weil es sich um eine Schengen-Weiterentwicklung handelt. Der finanzielle Beitrag der Schweiz steigt deshalb von ursprünglich 14 Millionen Franken pro Jahr auf rund 61 Millionen Franken pro Jahr bis 2027. Auch soll die Schweiz Frontex mehr Personal und Material zur Verfügung stellen.

Abgestimmt wurde über das Referendum des Aktivistennetzwerks Migrant Solidarity Network, das nach eigenen Angaben die Stimme von Flüchtlingen in der Politik besser zur Geltung bringen will. Eine Allianz von Basiskollektiven, linken Organisationen, Parteien und Kirchen hatte ebenfalls vor dem höheren Beitrag an Frontex gewarnt.

Knappes Mehr im Nationalrat

Im Nationalrat hatte die Vorlage eine knappe Mehrheit: Die Schlussabstimmung im Nationalrat fiel mit 88 zu 80 Stimmen bei 28 Enthaltungen knapp aus. Die Nein-Stimmen kamen von SP, Grünen und auch von der SVP. Zahlreiche weitere SVP-Vertreterinnen und -Vertreter enthielten sich der Stimme. Im Ständerat wurde das stärkere Engagement bei Frontex mit 30 zu 14 Stimmen gutgeheissen.

In den Augen der Befürworterinnen und Befürworter liegt die Kontrolle der Schengen-Aussengrenzen durch Frontex und die Sicherheit im Schengen-Raum im Interesse der Schweiz. Nehme sie an Frontex teil, übernehme sie Verantwortung und gestalte mit.

Der Bundesrat hatte gewarnt, dass mit einem Nein die Schweiz automatisch aus der Schengen/Dublin-Zusammenarbeit ausgeschlossen würde. Die Befürworter argumentierten dazu, dass nach dem Verhandlungsabbruch über das Rahmenabkommen mit der EU vor gut einem Jahr die Europapolitik in der Sackgasse stecke. Ein Nein zum Frontex-Ausbau würde die Lage noch verschlimmern.

Kritik an Frontex

Die Gegner befürchteten, dass mit dem zusätzlichen Geld die europäischen Aussengrenzen noch stärker abgeschottet und europaweit Sonderflüge für Zwangsausschaffungen beschleunigt würden. Frontex spiele eine zentrale Rolle bei der "Entwürdigung von Flüchtlingen durch Abschiebungen", hielten sie fest.

Das Nein-Komitee machte zudem dokumentiertes illegales Zurückdrängen von Geflüchteten - sogenannten Push-Backs - an EU-Aussengrenzen geltend, Geflüchteten werde das Recht genommen, Asylgesuche zu stellen. Als Nicht-EU-Staat habe die Schweiz bei der Ausgestaltung von Frontex eingeschränktes Stimmrecht, bezahle aber einen überproportionalen Anteil des Budgets.

Frontex wurde 2004 gegründet. Die Schweiz arbeitet seit 2011 mit der EU-Grenzschutzagentur zusammen. Im Schnitt leisten Mitarbeitende des Bundes jährlich rund 1400 Einsatztage für Frontex - etwa in Griechenland, Italien, Bulgarien, Spanien oder Kroatien.

SDA
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