Jede vierte Frau erlebt Gewalt beim Gebären
Dies zeigt eine Studie der Berner Fachhochschule. Die Problematik entsteht, wenn Ärzte und Hebammen nicht richtig mit Vertrauen umgehen.
Nicht alle Mütter und Väter haben bei der Geburt ihres Kindes ein positives Erlebnis. Jede vierte Frau erlebt dabei Gewalt. Valentine Roduner, freischaffende Hebamme in Freiburg, engagiert sich: «Unter Gewalt bei einer Geburt läuft alles, das nicht eingewilligt worden ist, wie beispielsweise ein Damm- oder Kaiserschnitt ohne grosse Erklärung.»
Angst, zu wenig zu untersuchen
Eine Vagina zum Beispiel sollte während einer Geburt regelmässig untersucht werden, erklärt Carole Lüscher, Hebammenexpertin in Bern: «Wir fürchten, dass wir etwas verpassen könnten, Mutter und Kind könnten Schaden nehmen durch etwas, das nicht untersucht oder gemacht wird.»
Oft fehle aber die Zeit für Erklärungen, so Lüscher: «Für eine bestimmte Anzahl Geburten pro Jahr stehen genau vorgegebene Stellenprozente zur Verfügung. Doch eine Geburt ist nicht planbar, sehr personalintensiv und teuer.» Auf Grund der unterschiedlich hohen Geburtenfrequenzen werde gespart.
Gewalt nicht beabsichtigt
«Was medizinisch berechtigt sein mag, empfindet manchmal der Vater oder die Mutter als Gewaltakt, als sexuelle Überführung», stellt Valentine Roduner fest. Niemand übe Gewalt vorsätzlich aus, dies sei aber keine Entschuldigung. Die Faustregel ist: «Solange es der Frau und dem Kind gut geht, darf eine Frau so gebären, wie sie es wünscht», so Roduner.
Oft kommt es zu postnatalen Depressionen: «Eine Geburt ist tiefgreifend, eigentlich sollte sie bestärken und nicht schwächen», sagt Carole Lüscher. Kollegin Roduner ergänzt: «Eine gebärende Frau ist oft wie in einem Parallelzustand und dann unfähig, Wünsche und Gefühle auszudrücken. Wichtig ist ein Partner, der sie kennt, an ihrer Stelle sprechen und sie verteidigen kann.» Roduner plädiert für eine Sprechstunde nach der Geburt, wie es das in Genf bereits gibt: «Hier kann über die Geburt diskutiert werden.»