Sich selbst von der Leine lassen

Der Freiburger Musiker Thomas Jenny dürfte den hiesigen Melomaninnen und Melomanen als langjähriger Saitenschläger der Metal-Combo The Burden Remains bekannt sein. Im vergangenen Jahr hat sich Jenny im Refugium der heimischen Stube seinem neuen Projekt Rohrkrepierer (RHRKRPRR) gewidmet. Aus blossem Spass am Bricolieren mit Synthesizern, Effektgeräten und Software hat Jenny ein pochendes, mechanisch schnaufendes Klangwerk geschaffen.

Die 10 Tracks bewegen sich irgendwo zwischen Lo-Fi Punk und industrieölverschmiertem Techno, klingen aber durch eingeflickte Aufnahmen von klunkernden Schlüsselbunden, klimpernden Münzen und zuschlagenden Büchern trotz aller Synthetik ziemlich organisch.

Das Projekt spiegle in vielerlei Hinsicht ihn selbst wider, wie Jenny sagt, wobei Wortwitz, Sprachspielereien, schwebende Ironie, philosophische und literarische Verzettlungen sowie Humor zur kreativen Palette des Musikers gehören. "Aufstand des Abschaums! Eine Vernichtungs-Fantasie in Cis-Moll", "Conticuere omnes. Concerto für Stalinorgel in Fis-Moll", "Grosskonzernreinemachen [CEObliteration]" - wunderbar wunderliche Songtitel, die wiederum von der Narrenfreiheit zeugen, die sich der Freiburger mit diesem Projekt gewährt.

Mit RHRKRPRR hat sich Jenny selbst von der Leine gelassen und erkundet auf diesem neu gefundenen Spielplatz diverse Formen seiner Kreativität, was er nebst dem musikalischen Ausdruck auch als Text und Bild auf seinen sozialen Kanälen paraphrasiert. Eine Collage an Aufforderungen, via Kunst neue Perspektiven einzunehmen und auch ein wenig Opportunität, dem Anstandswauwau in uns schelmisch die Nase zu drehen.

Ohrtraktierer ist ein Produkt grosser Lust an Musik und kreativer Entgrenzung, wobei der nackte Versuch und nicht die sterilgedachte Idee im Vordergrund steht. Frohes Experimentieren, selbstbefeuernde Kreativität, lärmende Selbstverwirklichung, Statement, Mummenschanz -Viva la noise.