Wieso Schach die Jugendlichen fasziniert
Französische Verteidigung, Damenflügel oder Gambit - Schach gibt es schon seit über 1000 Jahren und fasziniert immer mehr junge Menschen.
Ausgebucht oder Warteliste - so sieht es aktuell in einigen Orientierungsschulen in Deutschfreiburg aus, wenn man sich für das Frei- oder Wahlfach Schach anmelden möchte. Seit etwa zwei, drei Jahren scheint das Brettspiel noch viel beliebter geworden zu sein.
Interesse auf allen Stufen
An der OS Tafers gibt es das Freifach Schach seit zwei Jahren und wird von Manfred Jungo unterrichtet. Als er das Fach im ersten Jahr unterrichtete, waren es 25 Schülerinnen und Schüler. "Doch das war relativ viel, um den Überblick zu behalten. Jetzt wurde der Kurs auf 14 Personen limitiert und ist aktuell ausgebucht", erklärt Manfred Jungo.
Das Freifach besuchen OS Schülerinnen und Schüler der ersten bis zur letzten Stufe und ist somit durchmischt. So auch an der OS Wünnewil, wie der zuständige Lehrer Luca Krattinger sagt:
Es hat Schüler, die bereits gewisse Schach-Eröffnungen spielen konnten und auch wussten, wie diese heissen. Andere Schüler kannten nicht einmal die Figuren. So musste man den Unterricht anpassen.
Auch an der OS Wünnewil ist das Wahlfach ausgebucht, ebenfalls mit 14 Schülerinnen und Schüler. An der OS Düdingen hatte man in der Vergangenheit bereits zwei Gruppen für das Schach. Heute ist es eine volle Gruppe mit 16 Schülerinnen und Schüler, wie Julian Burri der OS Düdingen bestätigt. Die OS Kerzers konnte die Teilnehmerzahl im Vergleich zum letzten Jahr verdoppeln, von vier auf acht Schülerinnen und Schüler. Auch hier gab es mehr Interessierte.
Woher kommt das Interesse?
In diesen vier Orientierungsschulen, sowie auch in der Schachschule Freiburg, konnte man vor etwa drei Jahren einen kleinen Boom bei den Teilnehmerzahlen feststellen. Auffällig ist, dass im selben Jahr - also 2020 - auf der Streamingplattform Netflix eine Serie erschien, die mit Schach zu tun hat. "Das Damengambit", mit Anya Taylor-Joy in der Hauptrolle, erlebte einen grossen Erfolg.
Auch der langjährige Schachweltmeister Magnus Carlsen ist bei vielen Schachfans beliebt. Als junger Spieler (Jahrgang 1990) erreicht er auch Jugendliche und weckt bei ihnen die Neugier fürs Schachbrett. Der Norweger war von 2013 bis 2023 Schachweltmeister.
Doch so weit mussten die Jugendlichen gar nicht suchen, damit ihr Interesse geweckt wurde. Alle OS-Lehrer haben festgestellt, dass die Schülerinnen und Schüler zu Hause ein Schachbrett haben und bereits mit den Eltern oder gar mit den Grosseltern gespielt haben.
Ob auf dem Brett oder am Computer
Heutzutage kann man überall und auch ohne Brett Schach spielen. Dank zahlreichen Gratis-Apps kann man das über 1'000 Jahre alte Spiel immer, überall und gegen irgendeine Person auf der Welt spielen. An den Orientierungsschulen mögen es die meisten traditionell und spielen deshalb auf dem Brett. Doch das Tablet, welches jede Schülerin und jeder Schüler besitzt, hilft den Unterricht abwechslungsreicher zu gestalten.
Für Julian Burri der OS Düdingen ist die Schach-App gerade dann praktisch, wenn die Zahl der Teilnehmenden ungerade ist oder um mit einer kleinen Übung zu starten. "Auf diesen Apps gibt es tägliche Schach-Rätsel. Dort geht es darum, innerhalb von wenigen Zügen den Gegner Schach-Matt zu stellen, so schnell und gut wie möglich", so Burri.
Ganz anders geht Matthias Udry, Schachlehrer an der OS Kerzers, vor. Er spielt mit seinen Schülern ausschliesslich auf dem Tablet:
Klar, ich bin auch nicht Fan von der langen Bildschirmzeit, die die Schülerinnen und Schüler auch schon mit dem Handy haben. Doch es hat einen grossen Vorteil.
So könne man beispielsweise auf bestimmten Softwares Schachpartien spielen und diese im Nachhinein analysieren. So besteht die Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen und sich stets zu verbessern.
Talentförderung mit der Schachschule Freiburg
Seit drei Jahren gibt es in Freiburg eine Schachschule für Kinder und Erwachsene. Zurzeit hat die Schule 84 Teilnehmende, 30 Erwachsene und 54 Kinder und Junioren. "In den letzten zwei Jahren gab es viele neue Teilnehmende. Viele von ihnen haben während der Coronapandemie Online-Schach gespielt. Nach dieser Zeit hatten sie Lust, gegen jemanden auf dem Brett zu spielen", erklärt Bernard Bovigny. Er ist Direktor und Schachlehrer an der Schachschule Freiburg.
Die Schule wurde hauptsächlich gegründet, weil die Schachclubs schweizweit mit einem Mitgliederschwund zu kämpfen hatten, was beim Schachclub Freiburg nicht anders war. Zusammen mit Jean-Pierre Dorand, einem Mitglied des Schachclubs, hat Bernard Bovigny die Schachschule Freiburg gegründet. "Damals war das ganz neu. Wir hatten kein Lokal und kein Material. Ausserdem verspätete sich die Eröffnung wegen Covid", so Bovigny. Jetzt funktioniere es gut, auch finanziell. Die Schachschule befindet sich heute im St. Therèse in Freiburg und in Givisiez.
Wieso Schach junge Kinder fasziniert, kann Bernard Bovigny nicht sagen. Klar sei, dass sie die Spielregeln spannend finden und sie gerne gegen physische Gegner spielen, nachdem sie auf dem Smartphone damit angefangen hätten.
Laut Bernard Bovigny habe man das wachsende Interesse vor drei Jahren sehr gespürt, als die Netflix-Serie "Das Damengambit" erschien. So einen Boom gab es bereits vor 50 Jahren, nach der Partie Fischer gegen Spasski.
Die Mitgliederzahlen der Schachclubs in ganz Europa haben sich nach dieser Schachweltmeisterschaft fast verdoppelt.
Heute sei ein ähnliches Phänomen zu beobachten nach der Veröffentlichung der Serie, meint Bernard Bovigny. Im Schachbund Schweiz gab es in den letzten zwei Jahren 20 Prozent mehr Mitglieder, heute sind es über 6'000 Mitglieder in der ganzen Schweiz.