Jeder sechste Betagte verzichtet auf Ergänzungsleistungen

Im Kanton Freiburg und in der Schweiz weigern sich Tausende von älteren Menschen Ergänzungsleistungen zu beanspruchen.

Die Hürden liegen in der Bürokratie und auch dem Stolz. © Keystone

Rund 230'000 Rentnerinnen und Rentner in der Schweiz könnten Unterstützung in Form von Ergänzungsleistungen erhalten, nehmen diese aber nicht in Anspruch. Dies geht aus einem am Montag veröffentlichten Bericht von Pro Senectute Schweiz hervor. Wenn alle Rentnerinnen und Rentner die ihnen zustehende Unterstützung erhielten, würden 100'000 Personen nicht mehr unter die Armutsgrenze fallen, schätzt die Stiftung.

Zu kompliziert oder zu stolz

Aber warum wird diese Hilfe nicht in Anspruch genommen? Der Hauptgrund ist, dass die Betroffenen nicht wissen, dass es sie gibt. Auch der hohe Verwaltungsaufwand, das Ausfüllen von Formularen und anderen Dokumenten, hält viele Rentner davon ab, sich auf das Verfahren einzulassen. Schliesslich gibt es auch eine moralische Barriere, das heisst die Angst vor den Blicken der anderen, wenn man dem Staat zur Last fällt, die bei dieser Entscheidung eine Rolle spielt.

Sozialpolitik muss angepasst werden

Für Frédérique Leresche, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule für Sozialarbeit in Freiburg, muss sich die Art und Weise, wie wir Sozialpolitik entwickeln, ändern. "Heute werden sie aus einem bestimmten Blickwinkel heraus entwickelt: dem des weissen Mannes, aus wohlhabendem Hause. Also jemandem, der nicht direkt von Hilfeleistungen betroffen ist". Laut Leresche müsse man bei der Entwicklung der Sozialpolitik besser berücksichtigen, an wen die Hilfe gerichtet ist. 

RadioFr. - Mehdi Piccand / tm
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