"Abschiedsfeiern sind unglaublich echt und pur"
Manuela Rieder aus Ueberstorf begleitet Leute in ihren schönsten und traurigsten Momenten. Sie führt durch Taufen, Hochzeiten und Abschiede.
Freie Hochzeiten ausserhalb der Kirche sind den meisten Menschen ein Begriff. Aber auch eine Abschiedsfeier oder eine Willkommensfeier für ein Neugeborenes muss nicht im religiösen Kontext stattfinden. Manuela Rieder leitet solche Zeremonien im ausserkirchlichen Rahmen. Diese können ganz unterschiedlich aussehen. "Man kann eigene Rituale erfinden", erklärt Rieder.
Einmal erfuhr sie bei der Vorbereitung einer Abschiedsfeier von Angehörigen, dass sie schöne Erinnerungen hatten ans Guetzlibacken mit der Verstorbenen. Sie entschieden gemeinsam, dass jeder Gast am Ende der Feier eine der Guetzliformen mitnehmen durfte, die der Toten gehört hatten. "Ich wünsche mir, dass die Leute den Abschied einer Person so feiern, wie es für sie stimmt", sagt Rieder. Denn diese Feier sei nicht nur für die Person, die geht, sondern auch für jene, die zurückbleiben.
Der Tod sollte wieder etwas mehr Platz in der Gesellschaft haben.
Manuela Rieders Beruf hatte ursprünglich nicht viel mit Trauerfeiern oder Eheschliessungen zu tun. 21 Jahre lang war sie Kindergärtnerin. Doch sie wusste schon immer, dass sie noch etwas anderes machen wollte. In einem Coaching erfuhr sie dann vom Beruf der Zeremonieleiterin, und belegte aus einem Bauchgefühl heraus einen Lehrgang für freie Trauungen. "Ich merkte aber da schon: Das Thema Abschied, Tod war mir durch meine Biografie sehr nahe. Für mich ist dort irgendwie der richtige Platz." Also machte sie auch noch einen Lehrgang als Trauer-Rednerin.
"An diesen Schwellen im Leben stehen zu dürfen und diese zu begleiten, finde ich persönlich sehr bereichernd", sagt die Ueberstorferin. Bei Abschiedsfeiern erfährt sie viel über das Leben der verstorbenen Person. "Mir zeigt das für mein eigenes Leben manchmal Wege auf, wie ich Sachen anders machen kann." Oft erfährt sie zudem grosse Dankbarkeit von den Trauernden - auch wenn sie nicht immer in Worte gefasst wird.
Dort fühlt sich mein Platz einfach richtig an im Leben. Abschiedsfeiern sind unglaublich echt und pur.
Natürlich ist der Beruf nicht immer einfach. Wenn Leute früh sterben, vielleicht sogar als Kind oder Baby, geht das Manuela Rieder sehr nahe. Da müsse sie sich gut vorbereiten und auf sich selber achtgeben. Auch mit schwierigen Familienverhältnissen muss sie umgehen. "Ich spüre manchmal Sachen, die mitschwingen, aber nicht auf den Tisch gebracht werden." In diesen Fällen versucht die Zeremonieleiterin, eine Balance zu finden zwischen dem Verhältnis, welches die oder der Tote zu den Angehörigen hatte, und dem Leben der verstorbenen Person selbst.
Freie Abschiedsfeiern können laut Rieder durchaus auf dem Friedhof oder in der Kirche stattfinden. "Der Friedhof gehört der Gemeinde, und manche Kirchen kann man mieten", erklärt sie. Auch habe sie schon einmal für eine Zeremonie mit einer Pfarrerin zusammen gearbeitet. Meistens laufen die Anlässe aber ausserhalb des religiösen Rahmens ab.
Trauerfeiern können sehr unterschiedlich aussehen.
Manuela Rieder erinnert sich an eine ganz spezielle Abschiedsfeier auf dem Berner Bremgarten-Friedhof. "Die Person, mit der ich den Anlass vorbereitete, wünschte sich, dass alle klatschen, wenn die Urne versenkt wird." Der Verstorbene sei schon alt gewesen, und zu Lebzeiten grosser Fussballfan. Wie einem Fussballer, der ins Stadion hereinkommt, sollte ihm applaudiert werden.
Die Zeremonieleiterin wusste, dass die Gäste das sehr ungewohnt finden würden - es handelte sich hauptsächlich um über 75-jährige Freunde des Verstorbenen. "Ich beschrieb das genau so, wie es mir erzählt wurde. 'Schenkt dem Erich einen Applaus für sein erfolgreiches Leben', sagte ich. Und tatsächlich klatschten die Leute an dem Grab minutenlang. Das hat mich in meinem Innersten berührt. Ich dachte, das haben wir alle verdient: einen Applaus für unser Leben."