Alcaraz weiter auf Rekordkurs
Nur drei Wochen nach dem triumphalen Sieg in Paris kehrt Carlos Alcaraz als Titelverteidiger nach Wimbledon zurück.
Mit etwas mehr als 21 Jahren misst er sich bereits mit den Grössen der Geschichte. Nur die Allergrössten schafften das Double French Open-Wimbledon mit dem raschen Wechsel von Sand auf Gras: In der Profiära waren dies dreimal Björn Borg, zweimal Rafael Nadal sowie je einmal Rod Laver, Roger Federer und Novak Djokovic. Es sind also schon die ganz grossen Fussstapfen, in die Carlos Alcaraz drauf und dran ist, hineinzuschlüpfen.
Vor einem Jahr zeigte das Ausnahmetalent aus Murcia mit dem Sieg im Vorbereitungsturnier von Queen's, was er auch auf Rasen drauf hat, und bestätigte dies mit einem grandiosen Finalsieg in fünf Sätzen gegen Novak Djokovic in Wimbledon. Diesmal scheiterte er in Queen's allerdings schon in der 2. Runde.
Vielleicht deswegen ist Alcaraz bei den Wettanbietern nur die Nummer 2. In Paris wurde er kurz nach seinem 21. Geburtstag zum jüngsten Spieler, der Grand-Slam-Titel auf drei verschiedenen Belägen gewann. In Wimbledon könnte er zum drittjüngsten Spieler mit vier Titeln werden - nur knapp älter als Mats Wilander und Björn Borg sowie ein Jahr jünger als Rafael Nadal, zwei jünger als Roger Federer und deren drei als Novak Djokovic.
Nummer 1 und Herausforderer
Topfavorit bei den Buchmachern ist die Weltnummer 1 Jannik Sinner. Im letzten Jahr erreichte der Australian-Open-Champion erstmals in Wimbledon die Halbfinals, letzte Woche gewann er in Halle erstmals ein Turnier auf Rasen. Die Parallelen zu Alcaraz im vergangenen Jahr sind offensichtlich.
In Paris lieferten sich die beiden ein hochklassiges Duell im Halbfinal, nun sinnt Sinner auf Revanche. Als zusätzliche Motivation würde er nur zu gern als erster Italiener auf dem heiligen Rasen triumphieren. Die Nummer 1 im ATP-Ranking bleibt er auf jeden Fall.
Das grosse Fragezeichen
Die grösste Unbekannte ist Novak Djokovic. Nach seiner Knieoperation, die ihn zur Aufgabe am French Open gezwungen hatte, gewann er den Wettlauf gegen die Zeit, bei dem er sich sogar bei Stan Wawrinka Rat holte. Vergangene Woche trainierte der 24-fache Grand-Slam-Champion unter anderem mit seinem Nachfolger als Nummer 1, Jannik Sinner, auf dem Centre Court - und entschied sich zu einem Start.
Djokovic machte klar, dass er "nur in Wimbledon antreten wird, wenn er zumindest um den Sieg mitkämpfen kann." Nun ist er zum Schluss gekommen, dass er dazu in der Lage ist. Der echte Test folgt aber auf dem Platz, ein erstes Mal am Dienstag gegen den Qualifikanten Vit Kopriva.
Der grosse Rest
Ein Sieg von jemand anderem als Sinner, Alcaraz und Djokovic wäre eine Überraschung. Am ehesten wird dies Alexander Zverev zugetraut, dem Finalisten am Frech Open, auch wenn dieser sich auf Rasen bislang immer schwer tat.
Im Gegensatz dazu ist der gute Aufschläger Hubert Hurkacz ein eigentlicher Spezialist für die grüne Unterlage. Der Pole beendete 2021 im Viertelfinal die Karriere von Roger Federer.
Die Stunde von Swiatek?
Bei den Frauen spricht eigentlich alles für die überlegene Weltnummer 1 Iga Swiatek - ausser ihrer ausgeprägten Rasenallergie. Der Viertelfinal im letzten Jahr - nach abgewehrtem Matchball im Achtelfinal gegen Belinda Bencic - ist das bislang mit Abstand beste Resultat. Auch ihre ersten Verfolger Coco Gauff und Aryna Sabalenka standen in Wimbledon noch nie im Final.
Die mittlerweile zurückgetretene Ashleigh Barty war 2021 die letzte Siegerin, die topgesetzt war. Eine Aussenseiterin als Champion wie Jelena Rybakina und Marketa Vondrousova in den letzten beiden Jahren wäre also keine Überraschung.