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Der Skandal vor dem Cupfinal

Beim FC Kerzers fühlt man sich um die Finalteilnahme betrogen - und wirft dem Freiburger Fussballverband schwere Fehler vor.

Der FC Kerzers ärgert sich über den Freiburger Fussballverband. © RadioFr.

Wenn am Mittwochabend der Freiburger Cupfinal zwischen Marly und Ursy angepfiffen wird, wird beim FC Kerzers noch einmal der ganze Ärger der letzten Tage hochkommen. Einerseits der Ärger

über sich selbst, dass man im Halbfinal gegen Marly 1:2 verloren und den Einzug in den Final und das grosse Saisonziel verpasst hat. Noch grösser ist der Ärger über den Freiburger Fussballverband (FFV). Von ihm fühlt sich der FC Kerzers betrogen. Betrogen um ein Heimspiel im Cuphalbfinal, betrogen um finanzielle Einnahmen, betrogen um ein mögliches Finalspiel. "Was sich der Freiburger Verband bei der Auslosung der Cuphalbfinals geleistet hat, ist ein Skandal", sagt Guido Wildhaber, Präsident des FC Kerzers.

Den Heimvorteil geändert

Rückblende: Die Auslosung der Cup-Halbfinalpartien, die der FFV live im Internet streamte, ergab als erste Paarung Haute-Gruyère gegen Ursy. Anschliessend wurde als dritte Kugel jene des 2.-Ligisten Kerzers gezogen, zuletzt noch jene des 3.-Liga-Teams Marly. Damit lautete die zweite Halbfinalpaarung FC Kerzers – FC Marly. "Der Unterklassige hat Heimvorteil, deshalb spielt Marly zu Hause gegen Kerzers", sagte Conrad Goumaz, Präsident der Wettspielkommission des FFV, kurz nach der Ziehung der Kugeln und stellte die Paarung um.

Rolf Rotzetter, Trainer des FC Kerzers, fand dies etwas seltsam und konsultierte das Cup-Reglement des FFV. Da steht unter Artikel 4, Punkt 6: Die Spiele finden auf dem Spielfeld, der bei der Auslosung erstgenannten Mannschaft statt, jedoch hat die Mannschaft aus der unteren Liga Heimvorteil. "Damit war die Sache für mich in Ordnung", sagt Rolf Rotzetter.

Zwei unterschiedliche Reglemente

Das änderte sich jedoch am letzten Samstag, als er nach dem Meisterschaftsspiel mit Ursy-Coach Joël Corminboeuf ins Gespräch kam. "Er fragte mich, warum wir akzeptiert haben, dass Marly das Heimrecht bekommen hat. Das entspreche doch nicht dem Reglement. So haben wir herausgefunden, dass in der französischen Version des Reglements etwas anderes steht als im Deutschen." Tatsächlich steht im französischen Text, dass der Heimvorteil des Unterklassigen nur bis und mit Viertelfinal gilt. Ab Halbfinal spielt jenes Team zu Hause, das zuerst gezogen wird. Die zweite Halbfinalpartie hätte also in Kerzers und nicht in Marly stattfinden müssen.

Eine ganz andere Ausgangslage

"Zu Hause vor den eigenen Fans wäre es eine ganz andere Ausgangslage gewesen. Es heisst ja nicht umsonst Heimvorteil", sagt Rolf Rotzetter. Der Ärger ist ihm anzumerken, zumal ein anderer Spielort auch mit einem anderen Spieltag einhergegangen wäre. "Marly hatte den Halbfinal an einem Dienstagabend angesetzt, wir wollten ihn auf Mittwoch verschieben, da wir am Sonntag davor einen Meisterschaftsmatch gespielt hatten." Der Verband habe abgelehnt, die Mannschaft mit Heimrecht könne den Spieltag bestimmen, erzählt der Trainer. "Hätte der Halbfinal in Kerzers stattgefunden, dann hätten wir erst am Mittwoch gespielt. Einen Tag mehr oder weniger Pause macht für uns einen grossen Unterschied. Wir sind keine Profis."

FCK-Präsident Gudio Wildhaber hebt noch einen anderen Aspekt hervor. "Durch das gestohlene Heimspiel sind uns Einnahmen aus Eintritten und Buvettenbetrieb entgangen. Auch wenn diese nicht budgetiert gewesen sind, so wären sie für einen kleinen Club wie dem unseren wichtig gewesen."

Weder Rotzetter noch Wildhaber werfen den Verantwortlichen des Freiburger Fussballverbands Willkür vor. "Trotzdem ist es ein Skandal", sagt der Präsident. "Es ist ein Skandal – das dürft ihr ruhig so schreiben –, wenn der Verband seine eigenen Reglemente nicht kennt und sich einen solchen Fauxpas leistet. Wäre das dem Schweizer Fussballverband passiert, dann würde Christian Constantin mit seinen Juristen eine Wiederholung der Halbfinalpartie durchbringen", ist Gudio Wildhaber überzeugt.

Unverständnis beim FFV

Beim Freiburger Fussballverband sieht man die Sache naturgemäss etwas anders. "Sollte ein Cupmatch nicht auf dem Platz entschieden werden anstatt auf dem Papier?", fragt WK-Präsident Goumaz. Beim Spiel in Marly seien mehr Zuschauer von Kerzers dabei gewesen als vom Gastgeber. "Für Kerzers war es wie ein Heimspiel. Und wenn Herr Wildhaber schon das Beispiel Christian Constantin hervorholt, dann sollte er auch erwähnen, dass Constantin nach dem umstrittenen Penalty im Cupspiel gegen Lugano sofort Protest eingereicht hat. Nicht erst vier Wochen später."

Die Kritik wegen des fehlenden Ruhetages möchte Goumaz nicht so stehen lassen. "Am Sonntag, 10. September, hatte Kerzers in Belfaux gespielt und dann am Dienstag gegen Sarine-Ouest. Warum hatte Kerzers das Heimspiel gegen Sarine-Ouest nicht am Mittwoch angesetzt, wenn eine zweitägige Pause doch so wichtig ist?" Auch bezüglich unterschiedlicher Reglemente sei die Sachlage eindeutig. "Es steht überall, dass in Zweifelsfällen die französische Version ausschlaggebend ist, weil beim Übersetzen ins Deutsche Fehler passieren können", sagt Goumaz.

Erwartet wird eine Entschuldigung

"Der FFV kann doch nicht ernsthaft erwarten, dass wir die französische Version des Reglements konsultieren. Wozu gibt es dann die deutsche, wenn sie nichts zählt?", erwidert Guido Wildhaber. Der Kerzers-Präsident kann nicht verstehen, warum es vom Regelwerk zwei einzelne Dokumente gibt. "Wenn man beide Sprachen in einem zusammengefasst, paragrafenweise im französischen und deutschen Wortlaut, da kommt es nicht zu solchen Problemen."

Wildhaber will nicht wie Constantin keine Wiederholung des Cupspiels durchsetzen. "Dafür fehlen uns das Geld und die Zeit, da der Final bereits heute Abend stattfindet. Ich erwarte vom FFV aber eine hochoffizielle Entschuldigung und eine Wiedergutmachung für die uns entgangenen finanziellen Einnahmen." Wenn die Vereine etwas nicht regelkonform machen würden, gebe es jeweils auch umgehend eine Busse vom Verband.

Leere Versprechen

Was den ehemaligen Spitzenschiedsrichter zudem ärgert, ist die Art und Weise, wie der Verband auf unsere Kritik reagiert hat. Jeder mache Fehler, und es sei ja nur ein kleiner gewesen. Das war kein kleiner Fehler, sondern einer mit weitreichenden Auswirkungen. Es reicht nicht, zu sagen, man werde das deutsche Reglement überarbeiten und dann sei alles wieder gut.

Für Guido Wildhaber ist die ganze Affäre sinnbildlich für die aktuelle Situation beim FFV: "Dass es der Verband nicht einmal schafft, sein französisches Reglement korrekt auf Deutsch zu übersetzen, ist ein Armutszeugnis und widerspiegelt die ganze Sprachenfrage. Seit Jahren verspricht man, die Deutschsprachigkeit zu fördern, aber in seinem Verbandsheft Frifoot sind immer noch 95 Prozent der Artikel auf Französisch. Und an den Versammlungen wird nach wie vor kein Wort Deutsch gesprochen. Klar sind die deutschsprachigen Vereine in Unterzahl, aber alles müssen wir uns nicht bieten lassen."

RadioFr. - Redaktion / Michel Spicher, Martin Zbinden
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