Schloss Ueberstorf: "Ein magischer Ort"

Wieso das Schloss Ueberstorf das erste Friedensschloss der Schweiz ist und was Jean Tinguely und seine Freunde dort getrieben haben.

Stolz auf das Schloss Ueberstorf: Regisseur und Schauspieler Nik Talmann (l), Gastgäberin Stefanie Zülli und Syndic Hansjörg Liechti. © RadioFr.

Das Schloss Ueberstorf gibt es bereits seit über 510 Jahren und wird heute als Hotel und Restaurant genutzt. Umgeben von einem idyllischen Garten, mit einer kleinen Kapelle und einem Brunnen direkt vor dem Eingang, gilt das Schloss als Wahrzeichen von Ueberstorf.

Keine Festung, sondern ein Friedensschloss

Beim Schloss Ueberstorf handelt es sich nicht um eine Festung, wie beispielsweise das Schloss Murten. Dietrich I. von Englisberg hatte beim Bau des Schlosses 1505 auch gar nicht diese Absicht. Vielmehr sollte das Schloss als sogenanntes Friedensschloss dienen, wo man sich begegnet und friedlich miteinander umgeht. "Dies war bestimmt auch ein philosophischer Gedanke von Herrn Englisberg", sagt Nik Talmann. Er ist Schauspieler und Regisseur und lebt seit einem halben Jahrhundert direkt hinter dem Schloss.

Das Friedensschloss Ueberstorf gibt es schon seit 1505 und wurde bewusst nicht als Festung gebaut. 

Bis ins 18. Jahrhundert hat das Schloss mehrmals den adeligen Besitz gewechselt. 1879 hat der damalige Amman von Ueberstorf das Schloss in der Absicht gekauft, das Gebäude den Ingenbohl-Schwestern zur Verfügung zu stellen. 1881 zogen die Schwestern ein und errichteten ein Mädcheninstitut. Ende des 18. Jahrhunderts wurde zudem eine Kapelle gebaut, die bis Ende des 19. Jahrhunderts für kirchliche Zwecke genutzt wurde.

Ein Basler kauft das Ueberstorfer Schloss

Fast 100 Jahre waren die Ingenbohl-Schwestern im Schloss. 1973 kaufte Nik Talmanns Vater, Paul Talmann, das Schloss und zog mit seiner Familie von Basel nach Ueberstorf. Paul Talmann war ein freischaffender Künstler, der auf der Suche nach einem Atelier war. Sein guter Freund, der Freiburger Künstler Jean Tinguely, hat ihn auf das Schloss aufmerksam gemacht.

Mein Vater antwortete ihm, er könne sich doch kein Schloss leisten. Tinguely entgegnete, dass es praktisch nichts koste und vorbeikommen solle.

So zogen Talmanns ins Schloss, genauer gesagt in den Stall. Nik Talmanns Mutter kümmerte sich darum, den Stall bewohnbar zu machen. Nik Talmann wohnt mit seiner Familie seit nunmehr 50 Jahren im ehemaligen Schloss-Stall.

In all diesen Jahren hat Nik Talmann viele Erinnerungen gesammelt. Seine Lieblingsgeschichten hat er in einem Buch verewigt: Die Tinguely-Clique.

Das Buch erschien im Jahr 2021 und erzählt die Geschichten rund um Ueberstorf, um das Schloss und um die Freunde von Jean Tinguely, die dort verkehrt haben. Was diese Menschen dazumal erreicht haben, um Jean Tinguely, der immer die treibende Kraft war, sei unwahrscheinlich, sagt Nik Talmann, der die Geschichten aus seiner Perspektive erzählt.

Davor habe ich grossen Respekt. Ich ziehe meinen Hut vor Jean Tinguely.

Eine Anekdote, die Nik Talmann nicht im Buch erwähnt hat, hängt mit dem Tod seines Vaters zusammen. Am 24. Dezember 1987 war die Abdankung im Schloss-Park. Am Abend kam Tinguely von Paris an, weil er unbedingt dabei sein wollte. Tinguely schlug damals Talmanns Frau vor, eine Tinguely-Stiftung zu gründen, um die Familie Talmann zu unterstützen. Er bot auch an, seine Werke im Garten auszustellen. Nik Talmanns Mutter war mit dieser Situation jedoch komplett überfordert und wollte Bedenkzeit. Die Tinguely-Stiftung kam nicht mehr zustande.

Ein magischer Ort

Seit 1991 gehört das Schloss der Stiftung Schloss Ueberstorf. Seither ist es als Seminar- und Kulturort schweizweit bekannt. Stefanie Zülli ist seit April 2023 Gastgeberin und Geschäftsleiterin. Sie bezeichnet das Schloss als magisch. Besonders schön findet sie den Schlosspark. "Immer wenn ich hierherkomme, ist es, als ob ich eine Oase betreten würde", schwärmt Stefanie Zülli.

Es sei auch immer sehr speziell und aussergewöhnlich für sie, wenn sie Gäste empfängt und sie diese im Schloss herumführen könne.

Wie in jedem Schloss gibt es auch im Schloss Ueberstorf einen speziellen oder besonders schönen Raum. Stefanie Zülli tut sich schwer, einen auszuwählen. Sie hebt aber besonders die ehemalige Kirche hervor. Zur Morgenstunde scheint dort die Sonne durch das ehemalige Kirchenfenster. "Dieser Moment ist sehr magisch", so Stefanie Zülli.

Links sieht man, wie am Morgen die Sonne durch das ehemalige Kirchenfenster scheint. Rechts sieht man, wie die Wand im Normalfall aussieht. Bild: zvg / RadioFr.

Heute umfasst das Schloss fünfzehn Hotelzimmer und neun Räume, die zu verschiedensten Zwecken benutzt werden können. Zum Beispiel finden dort Hochzeiten, Bankette oder Seminare statt.

Eines der 15 Hotelzimmer im Schloss Ueberstorf.

RadioFr. - Tracy Maeder
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