Ein Requiem für die Gegenwart

Louis Schornoz hat ein Requiem geschaffen, das mit musikalischen Dogmen bricht. Das Werk wird am 14. & 15. Oktober in Freiburg uraufgeführt.

Louis Schornoz (rechts) hat das Requiem Londinium geschaffen. Manfred Jungo (links) hat die Komposition zu einem Konzertwerk erweitert. © zvg

Das Requiem Londinium ist keine traditionelle Totenmesse. Das Werk vereint ein breites Spektrum an Musikstilen, die in dieser Form selten aufeinandertreffen. In etwas mehr als einer Stunde changiert das Werk zwischen Tradition und Klangsucherei, wie man sie in der aktuellen Musik findet. Aus kühl-katakombischen Klangräumen steigen romantische Melodiebögen empor, bedrohlich wimmernde Gitarren begleiten einen klagenden Chor und fast archaisches Trommeln trifft auf elektronische Patterns. Eine wundersame Verschmelzung von Musiken.

Diese Idee eines Requiems "für das 21. Jahrhundert" entsprang dem Ideentumult im Kopf des Freiburger Musikers und Produzenten Louis "Lee" Schornoz. Mit einer musikalischen Karriere von fast vierzig Jahren hat der Wahlberner eine Vielzahl von Projekten mit verschiedenster stilistischer Ausrichtung realisiert. 

Während eines langen Auslandsaufenthalts, mit Stationen in Australien und Indien, verbrachte Schornoz im Jahr 2016 einige Monate in London, wo er unter anderem Musik machte und aufnahm - noch ohne Ziel, ein Requiem zu schreiben. Beim späteren Durchhören der Aufnahmen mit einem befreundeten Musiker und Arrangeur entstand die Idee, die improvisierten Sessionen zu einem Requiem weiterzuentwickeln. "Ich habe mich monatelang mit dem Aufbau eines Requiems beschäftigt, habe beispielsweise die Partitur für das War-Requiem von Benjamin Britten gekauft, um die Struktur zu verstehen. Was darf ich machen, was nicht? Das war ein ziemlicher Lernprozess", erzählt Schornoz.

Das Albumcover von Schornoz "Requiem Londinium"

Ein Requiem für die krisenbehaftete Gegenwart

Das Albumcover von Requiem Londinium wurde von Corinne Gadient entworfen und zeigt eine Vulkanlandschaft, in welcher ein ungeborenes Kind in einer Magmakammer - wie im Mutterleib liegend - zu erkennen ist. Für Schornoz beinhaltet das Cover eine metaphorische Botschaft über die Menschheit und die Zeiten, in denen wir leben. "Diese fast apokalyptische Landschaft verweist auf die Krisen, Kriege und Katastrophen der letzten Jahre und deutet auf eine intensive Phase der Prüfung für die Menschheit hin", so Schornoz. Auch auf das "verborgene Schlachten" der globalen industriellen Fleischproduktion will der Musiker und Produzent ansprechen. "Das Requiem ist auch den in Gefangenschaft gehaltenen Tieren gewidmet." Das dargestellte Kind im Innern des Vulkans verkörpert aber Hoffnung. "Es ist ein Kraftsymbol. Die Menschheit besitzt trotz aller Widrigkeiten und Probleme die Fähigkeit, all das zu überwinden", erläutert Schornoz.

Von der Studio-Version zum Live-Konzert

Das Requiem Londinium hat Louis Schornoz in seinem Studio erst als Album mit den Stimmen von Debbie Miller, Guido Philipona, Ida Elena De Razza und Nikolina Pinko produziert. Für die Realisierung einer Konzertversion des Werks wurde der Freiburger Musiker, Lehrer und Arrangeur Manfred Jungo ins Boot geholt. Jungo hat das Requiem Londinium kompositorisch ergänzt und die Partitur für die Mitwirkenden geschrieben. "Ich war von Anfang an wahnsinnig fasziniert, von dem, was ich hörte, weil ich die Farben, die Klanglichkeit, die Atmosphäre und den Versuch, etwas auf eine andere Art zu erzählen, unglaublich spannend fand", so Jungo. Die Realisierung eines Albums im Studio bietet sehr viele Möglichkeiten. Viele Stimmen und Klangelemente können übereinandergelegt und abgestimmt werden, während bei einer Live-Performance alles im Moment gespielt werden muss. Eine ziemliche Herausforderung für Jungo. "Es hat sicher einige Zeit gebraucht, bis ich reinkam oder bis ich das Ganze für mich greifen konnte. Ich sah es aber auch als ganz grossen Sandkasten. Die Dramaturgie ist im Werk aber deutlich erkennbar. Daran habe ich mich orientiert." Weiterer wichtiger Aspekt: Schornoz setzte bei der Schaffung seines Werks auf Improvisation. Für Jungo war es daher während der Arbeit wichtig, "nicht mit dem Kopf zu schreiben, sondern ganz stark nach Gefühl."

Zwei Konzerte - Zwei Kontexte

Das Requiem Londinium wird zuerst am Samstag, dem 14. Oktober in der Franziskanerkirche Freiburg aufgeführt und tags darauf in der Aula Magna der Uni Miséricorde. "An den beiden Orte werden sicherlich unterschiedliche Atmosphären herrschen", so Schornoz. Die Liste der Mitwirkenden ist lang. Das Ensemble Ouroboros bildet das Orchester, das Volkalensemble TiramiSu, unter der Leitung von Stéphane Cosandey, den Chor. Hinzu kommt Sally Jo Rüedi an der Orgel. Die Solo-Gesangsparts übernehmen Nikolina Pinko (Sopran) und Jean-Charles Gonzalez (Kantor). Die Band besteht aus den fünf Gitarristen Christophe Egger, Thomas Jenny, Joel Martinho, Julien Menth und Sandro Schmutz sowie dem Schlagzeuger Adrian Mahler. Dirigiert wird das Requiem Londinium von Frédéric Zosso.

Requiem Londinium
Samstag, 14. Oktober, um 20:00 Uhr in der Franziskanerkirche
Sonntag, 15. Oktober, um 17:00 Uhr in der Aula Magna der Universität Informationen und Tickets hier.

RadioFr. - Valentin Brügger
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