Gewalt an Kindern: Die Politik reagiert
Eine Studie der Universität Freiburg zeigt, dass jedes vierte Kind regelmässig psychischer Gewalt ausgesetzt ist. Nun will das Parlament etwas dagegen unternehmen.
Jedes vierte Kind macht regelmässige Erfahrung mit psychischer Gewalt. Zu dem Schluss kommt eine Studie der Universität Freiburg, die im Auftrag der Stiftung Kinderschutz Schweiz gemacht wurde.
Was genau psychische Gewalt ist, erklärt der Studienleiter Dominik Schöbi, Professor für Psychologie an der Universität Freiburg: „Wenn in der Erziehung psychologische Mittel eingesetzt werden, die dem Kind vermitteln, dass es bedroht wird. Dies geschieht dann von den Menschen, die eigentlich genau für die Sicherheit des Kindes zuständig sind.“ So würden die Kinder lernen, dass diese Menschen aggressiv oder bedrohlich gegenüber ihnen sein können.
Wenn Eltern ihr Kind allein lassen, oder ihm das Gefühl vermitteln, dass man es nicht gern hat, all das sei psychische Gewalt. Dominik Schöbi zählt als weiteres Beispiel auf, wenn Kinder eingesperrt werden und die Eltern nicht reagieren wenn es schreit. „Das ist hochbedrohlich für ein kleines Kind. Es kann das schwierig einordnen“, erklärt der Studienleiter weiter. Andere Formen sind beispielsweise direkte Bedrohung mit körperliche Gewalt. Die meisten Eltern, die für die Studie befragt wurden, seien sich ihrer Taten auch reuig.
Doch die Konsequenzen der psychischen Gewalt können Kinder noch lange belasten. Die Kinder lernen einerseits von ihren Eltern, dass man mit Gewalt und Drohungen Probleme lösen kann. Dies kann dann überall dort Probleme schaffen, wo die Kinder in Gruppen oder mit anderen Leuten zusammenarbeiten müssen, erklärt Dominik Schöbi.
Weniger Gewalt, aber immer noch zu viel
Zusätzlich zu der psychischen Gewalt gibt es auch die körperliche Gewalt an Kindern. Diese Art der Gewalt erleben laut der Studie der Universität Freiburg 1 von 20 Kindern. Die Kinder waren früher häufiger von Gewalt betroffen als heute. Aber es gibt immer noch eine zu grosse Gruppe an Kindern, die regelmässig Gewalt erlebt, sagt der Psychologieprofessor Dominik Schöbi. Die Studie wurde im Auftrag der Stiftung Kinderschutz Schweiz gemacht und diese findet, dass man schon länger hätte handeln müssen. „Wir möchten, dass gewaltfreie Erziehung ins ZGB kommt“, fordert Regula Bernhard, die Geschäftsführerin der Stiftung. Es sollte im gesetzlichen Regelwerk verankert sein, dass eine gewaltfreie Erziehung die Norm sein soll.
Auf diese unschönen Ergebnisse der Studie hat nun auch die Politik des Bundeshauses reagiert. Die Freiburger CVP-Nationalrätin Christine Bulliard-Marbach hat im Frühling einen Vorstoss im Parlament eingereicht. Auch sie findet es wichtig, dass sich im Gesetz etwas ändert. „Die Zahlen der Studie beunruhigen uns alle“ und zeigen auf, dass Gewalt in der Erziehung immer noch ein Thema ist. Und sie fordert, dass man Kinder mehr vor Gewalt in der Erziehung schützen muss.
Der Nationalrat nahm das Geschäft gestern mit einer klaren Mehrheit an. Der Bundesrat muss jetzt einen Bericht zu möglichen Massnahmen verfassen, um Kinder besser zu schützen. Dass sich neue Gesetze lohnen, zeigt sich im Ausland. Regula Bernhard weiss, dass die umliegenden Länder gesetzliche Verankerungen haben und dass die Erfahrungen zeigen, dass dort die Gewalt an Kindern abnehmen. Die Schweiz ist in der Pflicht etwas gegen Gewalt an Kindern zu machen, denn schliesslich wurde die UNO-Kinderrechtskonvention unterschrieben.