Orgelklänge während des Freiburger Sommers

Von Juli bis August geben Orgelspielerinnen und -spieler aus der ganzen Schweiz jeden Mittwochmittag ein Konzert in der St.-Nikolaus-Kathedrale.

Beim Bau der Freiburger Orgel 1834 galt sie als die grösste Orgel Europas. © Frapp
Beim Bau der Freiburger Orgel 1834 galt sie als die grösste Orgel Europas. © Frapp
Beim Bau der Freiburger Orgel 1834 galt sie als die grösste Orgel Europas. © Frapp
1 / 3

Der Orgelsommer begann am Mittwochmittag seine sechste Ausgabe. Rund fünfzig Personen haben sich auf die Kirchenbänke gesetzt. Am Mittwoch war es der Orgelspieler Wojtek Weźranowski, der seine Finger auf dem grossen Instrument wandern liess.

Ein spezieller Umstand für ein Konzert: Da die Orgel auf der gegenüberliegenden Seite des Altars steht, kehrt das Publikum ihr den Rücken zu. Einige haben die Augen geschlossen, andere halten sie weit geöffnet, um die Schätze der Kathedrale zu bewundern.

Ein ungewöhnliches Instrument

"Nach Freiburg gehen, wo ich die berühmte Orgel hören könnte", sagte Leo Tolstoi, ein russischer Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Seit seiner Geburt hat das grosse Instrument immer wieder für Aufsehen gesorgt. Bei ihrer Entstehung im Jahr 1834 war sie die grösste Orgel in ganz Europa. Mit ihren 3759 Pfeifen ist ihre Ästhetik eine Mischung aus französischer und deutscher Inspiration. Sie war damals ein einzigartiges Objekt in der Welt und zog schnell Neugierige und Musikliebhaber an.

Weltberühmte Komponisten wie Franz Liszt und Felix Mendelssohn reisten nach Freiburg, um die Orgel zu sehen. Laut Nicolas Viatte, Orgelspieler an der Kathedrale und Organisator der Konzerte, wird die Orgel in mehreren touristischen Zeitschriften aus dem frühen 20. Jahrhundert als die Hauptattraktion der Region dargestellt. "Nach Freiburg reisen und die Orgel in der Kathedrale nicht gesehen zu haben ist so wie nach Paris reisen und den Eiffelturm nicht gesehen zu haben."

Video von Andreas Jud, Orgelspieler am 2. August:

Imposant, aber unvollständig

So beeindruckend das Instrument ist, so überraschend einfach ist sein Mechanismus. Im Inneren befinden sich nur Pfeifen und Holz. Wenn man eine Taste drückt, wird ein ganzes System von Seilen und Hebeln in Gang gesetzt, das sich über zehn Meter erstreckt. Man öffnet dann ein Ventil, das die Luft durch die Rohre strömen lässt und der Klang breitet sich in der ganzen Kirche aus.

Hört man sich ein Konzert an, fragt man sich vielleicht, warum eine sekundenlange Stille die einzelnen Musikstücke unterbricht. Das liegt an den Registern. Auf jeder Seite der Tastatur befinden sich 61 kleine Hebel, die einem bestimmten Klang entsprechen. Zu Beginn eines Stücks wählt die Musikerin oder der Musiker sie je nach der Farbe, die er dem Stück geben möchte, aus.

Für Nicolas Viatte ist die Vorbereitung einer Orgel ein bisschen wie die Vorbereitung eines Orchesters. "Man muss entscheiden, mit welchen Musikern man beginnen will. Zuerst die Streicher, dann die Blechbläser und schliesslich die Perkussion. Bei einer Orgel kann man das alles mit den Händen regeln".

Der diesjährige Orgelsommer findet bis zum 30. August, jeden Mittwoch um 12.15 Uhr statt.

Frapp - Dimitri Faravel / tm
...