"MS ist die Krankheit der 1000 Gesichter“

Esther Holenstein und Marcel Neuhaus von der MS Selbsthilfegruppe für Deutschfreiburg erzählen von ihren Erfahrungen mit Multipler Sklerose.

Esther Holenstein und Marcel Neuhaus zu Gast im 1 zu 1. © RadioFr.

Die MS Selbsthilfegruppe besteht seit 1982, also seit genau 40 Jahren. Die Gruppe ist ein Treffpunkt für Betroffene von Multipler Sklerose. Diese treffen sich einmal pro Monat zum gemeinsamen Austausch und einmal im Jahr zum Ausflug. In den monatlichen Gesprächen geht es zuerst um Erfahrungsaustausch, unter anderem zur Krankheit an sich, möglichen Medikamenten, alternativen Methoden oder auch um Fragestellungen zu Behörden. Im zweiten Teil wird dann gemütlich bei Kaffe und Kuchen miteinander geschwätzt. Und das Schwätzen ist für Esther Holenstein, Leiterin der MS Selbsthilfegruppe und selbst an MS erkrankt, wichtig: "Häufig ist es so, dass man sich einfach verstanden fühlt von jemandem, der vielleicht andere Symptome, aber die gleiche Grunderkrankung hat.“

Und die Verlaufsformen der Multiplen Sklerose sind sehr unterschiedlich. Eine Diagnose bedeute deshalb auch nicht zwingend, dass der Gesundheitszustand stetig abnimmt. "Es kann sein, dass jemand mal einen Schub hat, und dann jahrelang nicht mehr. Und es kann sein, dass jemand vier Schübe in einem Herbst hat", so Holenstein. Deshalb sei es auch möglich, dass jemand innerhalb von ein bis zwei Jahren im Rollstuhl ist und massive gesundheitliche Probleme hat, eine andere Person aber auch nach 30 Jahren MS noch teilweise arbeiten kann. "Deshalb sagt man auch, MS ist die Krankheit der 1000 Gesichter“, ergänzt Holenstein.

"Man hat mehr Freude an kleinen Dingen"

Auch Marcel Neuhaus ist Mitglied der MS Selbsthilfegruppe und hat seit 22 Jahren MS. Die Krankheit kam damals wie aus dem Nichts: "Bei mir begann es wie bei vielen: Ich wurde über Nacht auf einem Auge blind." Neuhaus habe mit seiner Form der Multiplen Sklerose aber das Glück, dass er körperlich noch fit sei. Seine Form der MS zeigt sich dafür in der Psyche. Grund dafür sei, dass die Läsionen, die bei MS im Hirn stattfinden, bei ihm in der Hirn-Front stattfinden. "Und die Front ist zuständig für die Psyche." Deshalb habe er seit 20 Jahren ein bis zweimal jährlich depressive Episoden. Früher waren diese ziemlich stark, heute sei es besser.

Für Marcel Neuhaus bedeutet die Krankheit eine Verschiebung im Leben. Zum einen nehme man das Leben wichtiger. "Man hat viel mehr Freude an kleinen Dingen, sei es in der Natur, bei den Tieren, bei den Blumen und so weiter." Aber man schätze auch die Zeiten mehr, an denen es wieder besser geht. Auch Neuhaus geniesst die Ausflüge mit der Selbsthilfegruppe, aber auch die gegenseitige Unterstützung und vor allem den Austausch untereinander: "Als es um die Reha ging, wurde mir empfohlen: ‚Probier mal dorthin zu gehen, das ist gut.‘ Das habe ich danach auch gemacht und es war gut."

Das ganze 1 zu 1 zum Nachhören:

RadioFr. - Martin Zahno / Rafael Bornatico
...