Strichplatz-Fahrer entschuldigt sich

In der Hauptverhandlung um den Vorwurf des versuchten Mordes an einer Polizistin auf dem Zürcher Strichplatz Ende Februar 2020 hat sich der beschuldigte 21-Jährige bei der Frau entschuldigt.

Ein junger Mann soll auf dem Zürcher Strichplatz eine Polizistin angefahren und mitgeschleift haben: Vor dem Zürcher Obergericht verweigerte er am Montag die Aussage. (Archivbild) © KEYSTONE/STEFFEN SCHMIDT

Das Urteil wird am Nachmittag eröffnet. Das Bezirksgericht Zürich hatte den jungen Schweizer im Januar 2022 wegen mehrfacher, teils versuchter, schwerer Körperverletzung und diverser weiterer Delikte zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren und drei Monaten sowie einer Busse von 8000 Franken verurteilt. Anklage und Verteidigung zogen das Urteil weiter.

Der Staatsanwalt forderte 16 Jahre Freiheitsentzug wegen versuchten Mordes sowie eine Busse von 4000 Franken. Der Verteidiger plädierte auf sechs Jahre wegen Gefährdung des Lebens und fahrlässige schwere Körperverletzung sowie 800 Franken Busse. Vor dem Obergericht geht es nur um das Hauptdelikt und damit das Strafmass. Die Schuldsprüche bezüglich der übrigen Delikte wurden nicht angefochten.

In seiner Befragung verweigerte der Beschuldigte jegliche Aussagen zum Vorfall, entschuldigte sich aber. Der junge Mann war am Tag nach dem Vorfall festgenommen worden und befindet sich seither in Haft.

Flucht ohne Rücksicht

Am 28. Februar 2020 hatte er wie schon zuvor den SUV seines Vaters entwendet, obwohl er keinen Fahrausweis hatte. Mit Freunden fuhr der damals 18-Jährige auf den Strichlatz. Verbotenerweise fotografierten sie, weshalb die Polizei sie kontrollieren wollte.

Dem wollte sich der Beschuldigte entziehen. Ohne Rücksicht auf die umstehenden Personen manövrierte er den Wagen und wandte sich mit Vollgas zur Flucht. Dabei brachte er einen Sicherheitsmitarbeiter in Lebensgefahr.

Die Polizistin erfasste er frontal. Sie schlug auf die Motorhaube auf, rutschte ab, ihr Bein verklemmte sich im vorderen Radkasten. Auf der Fluchtfahrt wurde die Frau fast 16 Meter mitgeschleift. Sie erlitt schwere Kopf- und Beinverletzungen und schwebte längere Zeit in Lebensgefahr. Noch heute habe sie mit den Folgen des Vorfalls zu kämpfen, sagte ihr Rechtsvertreter.

Auto wie Waffe eingesetzt

Für den Staatsanwalt ist die Tat "ein Schulbeispiel eines echten Eventualvorsatzes". Der Beschuldigte habe die Polizistin nicht ausdrücklich töten wollen, ihren Tod aber für seine Flucht in Kauf genommen. Er habe das Auto wie eine Waffe eingesetzt. Dass er die Frau nicht gesehen habe, wie er geltend mache, sei nicht glaubhaft.

Der Verteidiger hob das jugendliche Alter seines Mandanten hervor. Auch mit 21 Jahren sei er noch weit entfernt davon, ein erwachsener Mann zu sein. Das müsse stärker gewichtet werden. Er habe in einer Stresssituation instinktiv und ohne jeglichen Vorsatz oder Eventualvorsatz gehandelt.

SDA
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