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Schulbeginn in Uganda

Die Tafersnerin Anna Schwaller verbringt ein Jahr lang in Afrika. Sie erzählt vom Schulsystem in Uganda.

Ein Schulhaus in Uganda. © zvg

Eine Frage, die mir regelmässig gestellt wird, ist, wie es um die Bildung in Uganda steht. Vor der kleinen Umfrage in meinem ugandischen Umfeld für diesen Artikel wusste ich über die Schulen hier eigentlich nur das: Die Kinder müssen morgens früh los, kommen abends spät nach Hause und werden meistens im Auto zur Schule gebracht, was zum ewigen Stau in Kampala beiträgt.

Die Kinder, die zu Fuss gehen, spazieren in perfekt gebügelten, sehr sauberen Schuluniformen und Schuhen durch die Stadt. Es ist eine ugandische Besonderheit, nie schmutzige Schuhen zu tragen; eine Challenge bei den staubigen Strassen und dem regelmässigen Regen, welche die Kinder zu meistern scheinen.

Sechs von zehn Lehrpersonen erscheinen regelmässig nicht bei der Arbeit

Zurück zu den Fakten und dem Bildungssystem in Uganda: Bereits ab drei Jahren gehen die Kinder in sogenannte Babyschools, in denen schon fleissig gelernt und auch geprüft wird. Mit sechs Jahren treten sie dann in die Primarschule ein, die in sieben Stufen unterteilt ist. Danach folgen sechs Jahre weiterführende Schule, aufgeteilt in vier Jahre Unter- und zwei Jahre Oberstufe. Diese letzten zwei Jahren dienen zur Vorbereitung auf weitere Studien oder für eine praktische Ausbildung, falls denn noch Geld vorhanden ist. Denn, obwohl die Schule in Uganda gratis sein soll, ächzen die Uganderinnen und Ugander unter den zusätzlichen hohen Kosten für Gebühren, Mahlzeiten, Bücher, usw. Entsprechend entscheiden die finanziellen Mittel der Familie, ob die Kinder eine Ausbildung geniessen und in welcher Qualität.

Statistiken von Unicef zeigen, dass sechs von zehn Lehrpersonen in den öffentlichen Schulen regelmässig nicht in den Klassenräumen erscheinen. Das hat nicht zuletzt mit den tiefen Löhnen zu tun, die dazu führen, dass die Lehrerpersonen oft an mehreren Schulen "gleichzeitig" unterrichten. Unter anderem wegen dieser Absenzen können gemäss derselben Statistik auch nur rund 40 Prozent der Kinder lesen am Ende der Primarschule. Es überrascht deswegen auch nicht weiter, dass insbesondere von der ärmeren Bevölkerung nur eines von vier Kindern eine weiterführende Schule besucht.

Doch auch die privaten Schulen geniessen unter meinen Arbeitskolleginnen und -kollegen nicht alle einen besseren Ruf. Nur an den teuren Schulen, gebe es gut ausgebildetes Lehrpersonal, weil sie nur dort genügend Lohn erhalten würden.

Hier bringt der Vater seine drei Kinder zur Schule. (Bild: zvg)

Frauen sind häufig im Nachteil

FIDA-Uganda, die Vereinigung von Anwältinnen, von denen ich in diesem Jahr Freiwilligeneinsatz lernen darf, setzt sich für die Rechte von Frauen und Kinder ein. Der Einfluss der Bildung auf diese Rechte ist riesig. Studien zufolge heiraten gebildete Frauen tendenziell später, leben ein gesünderes Leben und erzielen höhere Einkommen. Sie treffen selbständig Entscheidungen für sich und ihre Familie, und sind weniger Gewalt ausgesetzt als Frauen und Mädchen aus tieferen Bildungskreisen.

Studien von FIDA-Uganda zeigen, dass von den Kindern, welche die Primarschule nicht abschliessen, überdurchschnittlich viele Mädchen sind. Das hat verschiedene Gründe, einer davon ist Armut. Da in Uganda oft ein Brautgeld bezahlt wird, werden Mädchen in prekären finanziellen Situationen eher verheiratet, als das in ihre Ausbildung investiert wird. Das ist umso störender, als diese jungen Frauen kaum noch Aussicht haben, irgendeine Ausbildung abzuschliessen, geschweige denn wirtschaftlich oder sozial unabhängig zu werden.

Eine weitere von FIDA-Uganda dokumentierte Auswirkung der Armut ist, dass junge Frauen zu frühen sexuellen Beziehungen mit älteren Männern gezwungen sind, die ihnen im Gegenzug Geld versprechen, um ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen. Das hat zu einer hohen Quote an Teenagerschwangerschaften und Schulabbrüchen geführt. Gemäss dem ugandischen Gesundheitsministerium ist ein Viertel der Frauen hier vor dem 19. Lebensjahr das erste Mal schwanger.

Man setzt sich immer wie mehr ein für die Mädchen und Frauen 

Aber es gibt auch positives zu berichten über die Bildung und ihre Auswirkung auf die Rechte der Frau in diesem Land. Zum Beispiel setzt sich FIDA-Uganda in Schulklubs für die Aufklärung über das Recht auf Bildung, dessen Durchsetzung und Bedeutung ein. In Bukwo, einem Distrikt in Ost-Uganda, hat die Organisation in Zusammenarbeit mit Freiwilligen aus der Gemeinde eine erschwingliche Vorschule gegründet, die sich besonders auf die Einschulung von Mädchen konzentriert. Mit Erfolg, zurzeit besuchen diese Schule 107 Mädchen und 37 Jungs.

Uganda macht auch Fortschritte, wenn es um Gleichberechtigung geht. So hat das Land beispielweise das Maputo-Protokoll unterschrieben (Protocol to the African Charter on Human and Peoples’ Rights on the Right of Women in Africa), die vermutlich wichtigste Gesetzgebung in Bezug auf die Rechte der Frau auf dem Kontinent. Frauen sind auch überall sichtbar: im Alltag, im Parlament und in der Arbeitswelt. Fast alle meine Arbeitskolleginnen haben eine höhere Ausbildung abgeschlossen und tragen massgeblich zum Familieneinkommen bei. Sie behaupten sich in diesem stark paternalistisch geprägten Land und sind Vorbilder für die nächste Generation.

RadioFr. - Redaktion / Gastbeitrag
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