Wer vertritt Freiburg künftig in Bundesbern?

Die Freiburger Delegation in Bundesbern wird ab dem 22. Oktober 2023 anders aussehen. Hinter den Kulissen werden längst die Messer gewetzt.

Neun Personen vertreten den Kanton Freiburg im National- und Ständerat. © KEYSTONE

Bei der Mitte haben beide amtierende Nationalrätinnen, Christine Bulliard-Marbach und Marie-France Roth-Pasquier im Gespräch mit Radio Freiburg betont, dass sie wieder antreten wollen. Grossrat Bruno Boschung hingegen, der 2019 die Wahl nur mit 1310 Stimmen verpasst hat, wird dies nicht mehr tun, «aus persönlichen und beruflichen Gründen», wie er sagt. Es habe «vielleicht aber auch mit der Ausgangslage zu tun, die nächstes Mal nicht so gut ist.» Bernhard Altermatt, der letztes Mal abgeschlagen auf dem siebten Rang landete, signalisiert seinerseits seine Bereitschaft, «für Deutschfreiburg anzutreten». Allerdings stehe die Nomination noch aus.

Nachfolge für Jacques Bourgeois gesucht

Anders sieht es beim Freisinn aus. Hier hat Nationalrat Jacques Bourgeois bereits zu Beginn der laufenden Legislatur angekündigt, dass dies seine letzte sein würde. «Nun halte ich Wort», sagt er gegenüber Radio Freiburg – wobei er die laufende Legislaturperiode als UREK-Präsident insbesondere angesichts der drohenden Energiekrise des kommenden Winters natürlich noch zu Ende führen wolle. Zwei von sieben Wahlkreisen haben bereits mögliche Nachfolger nominiert, nämliche der Greyerzbezirk und der Wahlkreis Saane-Land mit den Grossratsmitgliedern Nadine Gobet und Claude Brodard. Dass Christoph Wieland, der es 2019 auf den vierten Rang geschafft hat, als eben erst gewählter Oberamtmann des Seebezirks wieder antritt, scheint wenig wahrscheinlich. Wieland schweigt sich gegenüber Radio Freiburg über dieses Thema aus, betonte aber, dass es aus seiner Sicht grundsätzlich «sehr wichtig» sei, «dass wir auch von Deutschfreiburgern in Bundesbern vertreten werden».

Pierre-André Page in der Pole-Position

Die SVP setzt weiterhin auf ihren seit der Abwahl von Jean-François Rime einzigen Freiburger Nationalrat Pierre-André Page. Dieser hat im Gespräch mit Radio Freiburg sein Interesse denn auch klar angemeldet. Eine dritte Legislatur anzuhängen, ist für ihn «eine klare Chance, da man nach zwei Legislaturen die Verwaltung, die Parlamentarier und Parlamentarierinnen und die Funktionsweise des Parlaments kennt», wie er sagt. Auch wenn die SVP den verlorenen Sitz zurückgewinnen möchte, ist eine Kandidatur des Seebezirkler Grossrats Flavio Bortoluzzzi noch offen. 2019 landete er mit nur 3793 Stimmen hinter Rime auf dem dritten Rang. Zuerst müsse ihn seine Bezirkspartei nominieren. Mit der Politik weitestgehend abgeschlossen hat – wie er sagt – indes der ehemalige Generalsekretär der nationalen SVP, Emanuel Waeber, der vor drei Jahren auf Rang sechs gelandet ist.

Deutschfreiburger Links-Grüne treten auch für Ständerat an

Bei der SP betont die Murtner Nationalrätin Ursula Schneider Schüttel, dass sie auf alle Fälle wieder antreten wolle, während sich ihre welsche Amtskollegin Valérie Piller Carrard über diese Frage noch ausschweigt. Der grüne Nationalrat Gerhard Andrey kündet gegenüber Radio Freiburg an, 2023 nicht nur für den National-, sondern auch für den Ständerat kandidieren zu wollen. Denn er würde seine Arbeit in seinen «Fokusthemen, dem nachhaltigen Finanzmarkt und der Digitalisierung» sehr gerne weiterführen – und es sei ihm sehr wichtig, dass der Kanton Freiburg in all seinen Facetten auch wieder im Ständerat vertreten sei – und spricht damit die Sprachenfrage an. Die Freiburger Gemeinderätin Mirjam Ballmer, die 2019 nur 3356 Stimmen hinter Andrey Zweite wurde, äussert sich nicht zu einer allfälligen neuerlichen Kandidatur. Klar ist hingegen, dass die Düdingerin Olive Haymoz, die vor drei Jahren ebenfalls einen guten vierten Rang erreicht hat, nicht mehr antritt: Sie ist nämlich in den Kanton Luzern umgezogen.

Und im Stöckli?

Auf grosses Schweigen stösst man, wenn man den Freiburger Ständerätinnen die Frage nach 2023 stellt. Isabelle Chassot (Mitte) will gegenüber den Medien noch keine Stellung nehmen, ebenso wenig wie der 2019 abgewählte Beat Vonlanthen (Mitte), der 2021 zurückgetretene Christian Levrat (SP) und der 2021 nicht gewählte Carl-Alex Ridoré (SP). Und auch für Johanna Gapany (FDP) ist es noch zu früh, sich dazu zu äussern. Es scheint indes wahrscheinlich, dass Gapany und Chassot, die erst seit einem beziehungsweise drei Jahren im Amt sind, wieder antreten dürften – und mit Gerhard Andrey zeichnet sich erst ein Verfolger am Horizont ab.

Deutschfreiburg im Nationalrat gut vertreten – nicht aber im Ständerat

Die Ausgangslage für die nationalen Wahlen 2023 präsentiert sich aus Deutschfreiburger Sicht wie folgt: 2019 waren auf den fünf Listen der grossen Parteien CVP (heute Mitte), FDP, SVP, SP und Grüne 11 von 35 Kandidierenden Deutschfreiburger, also 31,4 Prozent – wenn man Gerhard Andrey dazuzählt. Davon wurden drei gewählt. Deutschfreiburg stellt derzeit bei einem Bevölkerungsanteil von rund 30 Prozent fast 43 Prozent aller Nationalräte in unserem Kanton. Im Ständerat sieht es etwas anders aus. Da nimmt seit der Abwahl von Beat Vonlanthen 2019 zum ersten Mal seit 1979 kein Deutschfreiburger mehr Einsitz. Die Freiburger Mitte und die SP sind im Nationalrat mit je zwei von sieben Sitzen vertreten, die FDP, die SVP und die Grünen mit je einem Sitz.  Ständeratsdeputation teilen sich die FDP und die Mitte.

RadioFr. - Mario Corpataux / Jean-Claude Goldschmid
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