100 Jahre Joggi AG Murten: «Überzeit gibts bei mir nicht»
Die Joggi-Geschäftsführerin Liliane Kramer erzählt, inwiefern sie ihre Karriere vorgespurt hat, was sie glücklich macht und was sie nervt.

Vor 100 Jahren hat er eröffnet, der Laden mit über 36'000 Artikeln aus diversen Branchen: Malerei-, Schreinerei-, Maurerartikel und noch vieles mehr wird bei Joggi AG in Murten verkauft. Unser Redaktor Martin Zbinden hat mit der Geschäftsführerin Liliane Kramer gesprochen.
Liliane Kramer, wie sieht ein typischer Arbeitstag bei dir aus?
Normalerweise bin ich vor 7 Uhr im Büro, weil ich am Morgen früh am ehesten noch Dinge erledigen kann, bevor der Laden aufgeht. In einer kurzen Mittagspause gehe ich dann meist an die frische Luft, wenn ich nicht irgend einen Termin habe. Mein Nachmittag geht dann mit Geschäfts- oder Auswärtsterminen weiter, bevor ich an den Abenden meist noch eine Sitzung oder einen Anlass bestreite. Meine Stunden schreibe ich nicht auf, weil wenn man Freude an der Arbeit hat, geht der Tag eh schnell vorbei.
Seit 13 Jahren bist du im Geschäft tätig, wurdest dann auch Geschäftsführerin. Liegt diese steile Karriere in deinem Naturell?
Als ich 1999 eingestiegen bin, hatte ich diese Karriere natürlich nicht geplant. Gewisse Möglichkeiten haben sich für mich aber aufgetan und ich denke, es kommt, wies kommt.
Du hast diese Firma von deinen Eltern übernommen, hast aber noch zwei Schwestern. War es klar, dass du übernehmen würdest?
Das hat sich so ergeben. Ich durfte meinen Eltern rund um unser Haus auf dem Land jeweils helfen, während sich meine Schwestern weniger für die handwerklichen- und Gartenarbeiten interessiert hatten. Und so zeichnete sich ab, dass ich eines Tages ins elterliche Geschäft einsteigen würde.
Was bist du eigentlich für eine Chefin?
Ich bin eine Chefin, die Vertrauen gibt, aber auch Vertrauen erwartet. Ich lasse die Leute gerne machen, wie es halt so ist in einem Familienunternehmen. Man kennt einander, weiss von jedem und jeder viel oder gar alles.
47 Mitarbeitende, das ist eine riesige Familie, die man professionell handeln muss…
Das ist so. Aber es sind gerade noch so viele, dass alle dazu kommen, miteinander zu reden. Obwohl gerade Lernende oder Teilzeit-Mitarbeitende nicht immer im Betrieb sind, sehen wir uns oft und ich glaube, dass wir grundsätzlich alle am selben Ort arbeiten, ist für unseren Austausch wichtig.
Was zeichnet denn die Grossfamilie Joggi aus deiner Sicht aus?
Alle Mitarbeitende bringen ihre eigene Fachkompetenz mit und ihre Persönlichkeit ein. Ich glaube, Joggi macht aus, dass wir ein Team aus Profis sind, das professionelle Kundschaft gerne berät.
Wann bist du als Geschäftsführerin glücklich?
Auf jeden Fall, wenn unser Laden voll ist und alle dran sind, Aufträge zu erfassen. Sehr zufrieden bin ich aber auch, wenn ich merke, dass meine Mitarbeitenden Freude an dem haben, was sie tun. Weil ohne unsere Dienstleistungen und ohne Mitarbeitende läuft der Laden nicht.
Bist du auch nahe bei der Kundschaft?
Ich denke schon und ich bin auch immer wieder im Laden unterwegs. Sehr viele Leute, die vorbeikommen, kenne ich persönlich und ich denke, das ist wichtig.
Was nervt dich eigentlich?
Manchmal nervt es mich, wenn ein Kunde das Gefühl hat, er könne den Fünfer und das Weggli haben. Wenn jemand also Topqualität will und das am liebsten noch gratis… Und noch mit dem besten Service und der besten Beratung obendrauf.
Wie reagierst du auf solche Anliegen?
Da muss ich dann jeweils drei Mal durchatmen, es ist dann aber auch wichtig, dass wir immer wieder erzählen, was wir bei Joggi alles machen. Weil, wir machen extrem vieles und extrem vieles gut – und das seit 100 Jahren. Und ich glaube, das muss man einfach immer wieder sagen, dass der Kunde merkt, dass er das Joggi-Paket nicht überall erhält und es uns nicht egal ist, was mit einem Produkt passiert, wenn es bei uns gekauft wurde.
Liliane, du bist auch noch Präsidentin des Gewerbevereins, wirkst im Arbeitgeberverband mit, bist Generalrätin und hast auch noch eine Familie. Wie bringst du das alles unter einen Hut?
Das braucht einerseits eine gute Agenda. Dann auch eine Familie, die einem den Rücken frei hält. Als mein Sohn frisch auf der Welt war, war es etwas schwieriger, nun ist er aber schon 17-jährig. Freie Zeit ist bei mir dennoch ein rares Gut und die ganze Planung bleibt herausfordernd.
Wirst du nun mit 46 auch noch die nächsten 13 Jahre Joggi-Geschäftsführerin bleiben?
Ich habe einfach wahnsinnig viel Freude am Arbeiten und habe nicht vor, jetzt zurückzuliegen. Zudem habe ich momentan sehr viel Energie und es macht mir Freude.
Was sich in den letzten 13 Jahren im Umfeld der Joggi AG verändert hat, wie man mit der Konkurrenz umgeht und wie wichtig Qualität für die Firma ist, kann hier nachgehört werden: