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Calvin Thürkauf ist bei Lugano aufgeblüht

Calvin Thürkauf ist aktuell der beste Schweizer Skorer in der National League. Auch seiner Mannschaft, dem HC Lugano, läuft es.

Calvin Thürkauf brilliert im Dress von Lugano © KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI

Thürkauf ist mit zwölf Toren und 14 Assists in 23 Partien der einzige Schweizer in den Top Ten der Skorerliste. Vor ihm liegen nur Fribourgs Marcus Sörensen (16/10) und Teamkollege Daniel Carr (ebenfalls 12/14, aber ein Spiel weniger).

Der 26-jährige Captain der Luganesi gibt die Blumen weiter an seine Sturmkollegen Carr und Michael Joly. "Ohne sie würde es nicht so aussehen", sagt Thürkauf im Gespräch mit der Nachrichtenagentur Keystone-SDA. Er habe in seiner Profikarriere noch nie mit Sturmpartnern so gut harmoniert. "Wir können gut lesen, wo der andere sein wird, und arbeiten füreinander - auch defensiv." Zudem ergänzen sich die Stärken ausgezeichnet. Joly ist nur schwer vom Puck zu trennen, Carr ist gradlinig im Abschluss, und Thürkauf bringt Härte und Schnelligkeit mit.

Thürkauf bestreitet seine dritte Saison bei den Bianconeri. Sein Stammverein ist der EV Zug. 2015 wechselte er nach Kanada zum Juniorenteam Kelowna Rockets, für das er zwei Jahre tätig war. Er besitzt in Kelowna noch heute eine Wohnung, weshalb er das Sommertraining jeweils dort bei einem Personal Trainer durchgeführt hat. Thürkauf besitzt auch den kanadischen Pass, weil sein Vater in Vancouver aufgewachsen ist.

Grössten Traum erfüllt

Ende Dezember 2016 statteten ihn die Columbus Blue Jackets, die ihn im vorangegangenen Draft als Nummer 185 gezogen hatten, mit einem Entry-Level-Vertrag über drei Jahre aus. Zu mehr als drei Einsätzen in der NHL reichte Thürkauf trotz Gardemassen - er ist 1,87 m gross und 95 kg schwer - allerdings nicht. Dennoch ist er stolz: "Ich konnte mir damit meinen grössten Traum erfüllen."

Im Oktober 2020 unterschrieb Thürkauf für ein weiteres Jahr bei Columbus. Zu diesem Zeitpunkt spielte er für den EV Zug, und eigentlich wäre nach dem Ende der Saison in der Schweiz eine Rückkehr nach Nordamerika angedacht gewesen. Im Januar 2021 erlitt er aber einen Unterschenkelbruch - und danach war er bei Columbus kein Thema mehr. "In der NHL wird nicht auf Gefühle geachtet. Man wird wie ein Stück Fleisch behandelt", sagt Thürkauf. "Doch so ist es im Leben, manchmal gehen Türen zu und dafür andere auf. Mit 26 Jahren Captain einer Mannschaft der National League zu sein, ist nicht gang und gäbe."

Lugano als Neuanfang

Die Verletzung führte zum Entschluss, die Komfortzone Zug zu verlassen - auch deshalb, weil die Saison zuvor schon nicht wie gewünscht verlaufen war. Ein weiterer Reiz war die Sprache. Thürkauf besucht einmal in der Woche einen Italienisch-Kurs, zusätzlich lernt er zu Hause. Mittlerweile versteht er das meiste und will bald schon Interviews auf Italienisch geben.

"Ich wollte etwas Neues versuchen und mich durchkämpfen", blickt Thürkauf zurück. "Einen besseren Entscheid hätte ich nicht treffen können. Ich denke nicht, dass ich irgendwo anders so aufgeblüht wäre wie hier." Captain in einem solchen Traditionsverein zu sein, ist für ihn eine enorme Ehre. Ohnehin ist er einer, der gerne Verantwortung übernimmt und deshalb das Wort ergreift, wenn es nötig ist. Und er hilft gerne. In erster Linie aber möchte er auf dem Eis als gutes Beispiel vorangehen. "Es sind grosse Fussstapfen, die ich füllen muss", ist er sich bewusst.

Spiel vereinfacht

Mittlerweile läuft es nicht nur Thürkauf gut, sondern auch dem Team. Nach elf Partien mit nur vier Siegen war Lugano am 7. Oktober Vorletzter, seither gewannen die Südtessiner neun von zwölf Spielen und liegen sie nun in der Tabelle, punktgleich mit dem viertklassierten Kantonsrivalen Ambri-Piotta, auf dem 5. Platz. "Zu Beginn der Saison unterliefen uns zu viele Flüchtigkeitsfehler, die zu 'Turnovers' führten. Wenn das Selbstvertrauen fehlt, funktionieren riskante Pässe meistens nicht. In der Folge haben wir unser Spiel vereinfacht. Das hat sich ausbezahlt."

Thürkauf war zuletzt am Karjala Cup in Tampere auch Captain der Schweizer Nationalmannschaft. 2022 gehörte er an den Olympischen Spielen in Peking zum Team, wie an den letzten beiden Weltmeisterschaften ebenfalls. Beim bitteren Scheitern im diesjährigen Viertelfinal gegen Deutschland (1:3) war er allerdings nicht dabei, da er sich im zweiten Vorrundenspiel eine Schulterverletzung zugezogen hatte.

Warum die Schweizer einmal mehr in einem entscheidenden Spiel versagten, ist für ihn ein Rätsel. Dennoch sieht er das Nationalteam auf einem guten Weg. "Wir sind nicht umsonst zweimal Gruppensieger geworden. Ich glaube, es ist möglich, in den nächsten Jahren etwas Grosses zu erreichen." Damit meint er nicht weniger als den WM-Titel.

Zunächst aber möchte er mit Lugano die Durststrecke beenden. Die Südtessiner feierten ihren siebenten und letzten Meistertitel im Jahr 2006. Wie gut es ihm dort gefällt, unterstreicht die Tatsache, dass er im Oktober 2022 den Vertrag vorzeitig um fünf Jahre bis 2029 verlängert hat. "Sie haben mir nach meiner Verletzung die Chance gegeben, mich wieder zu zeigen. Von daher möchte ich ihnen etwas zurückgeben." Das tut er aktuell auf eindrückliche Art und Weise.

SDA
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