Ein Sensler startet zum letzten Mal mit der Mirage

Am 25. Mai hebt sie zum letzten Mal ab: Die letzte flugfähige Schweizer Mirage. Was braucht es für den Flug mit dem skandalumwitterten Kampfjet?

Sind an Bord, wenn die Mirage Ende Mai in Payerne abhebt: Thierry Goetschmann (links) und Peter Egger (rechts). © RadioFr. / Tobias Brunner

Mit 20'000 PS werden Peter Egger und Thierry Goetschmann Ende Mai über die Piste in Payerne donnern. Die sechs Tonnen Schub des Triebwerks sorgen für die nötige Beschleunigung, bevor Goetschmann am Steuerknüppel der Mirage ziehen wird, um sie in die Luft zu bringen.

Dieser Flug ist für mich der krönende Abschluss.

Peter Egger

Zum allerletzten Mal wird die letzte noch flugfähige Maschine dieses Typs mit der Immatrikulation HB-RDF an diesem Tag in den Himmel steigen. In den vergangenen Jahren hatte der in Payerne ansässige Verein Espace Passion mit der legendären Mirage jährlich rund 24 Passagierflüge durchgeführt – einmal mitfliegen kostete 15'000 Franken. Weil kein Unternehmen in Europa das Triebwerk des Ende der 50er-Jahre entwickelten Jets mehr revidieren kann, muss die Mirage künftig aber am Boden bleiben.

Liebe für eine Legende

Sehr zum Bedauern des in St. Ursen aufgewachsenen Peter Egger. Egger war selber Militärpilot und ist nun Präsident von Espace Passion, dem Verein, der die Mirage als weltweit einziger zivil betrieben hatte. Dass er nun selber noch einmal mit der Mirage in die Luft kommt, freut ihn. "Ich bin sehr gespannt auf diesen Flug und er ist für mich der krönende Abschluss", sagt Egger. Selber war er zwar nie aktiver Mirage-Pilot, flog aber fünf andere Jets der Luftwaffe, vom Vampire bis zum F/A-18.

Die Mirage ist ein Topflugzeug, das Mach 2 fliegt.

Peter Egger
Die Mirage III DS, J-2012 / HB-RDF hat erst rund 2'000 Flugstunden auf dem Buckel,
muss künftig aber am Boden bleiben. (Espace Passion)

Egger nennt die Mirage ein mythisches Flugzeug, das auf der ganzen Welt viele Fans habe. Schon zu ihrer Entwicklungszeit Ende der 50er sei die Mirage "ein Topflugzeug gewesen", sagt der 69-jährige. Schneller als die doppelte Schallgeschwindigkeit kann sie unterwegs sein. Und sie könnte es immer noch, darf aber wegen Auflagen des Bundesamts für Zivilluftfahrt "nur" Unterschall geflogen werden– dennoch gut 1200 Stundenkilometer.

Geschwindigkeit ist Leben, der Rest...nur Details.

Thierry Goetschmann

"Es ist nicht mehr notwendig, den Gashebel nochmals ganz nach vorne zu schieben", sagt der Miragepilot Thierry Goetschmann auf die Frage, ob es ihn denn nicht reize, auf dem letzten, rund einstündigen Flug nochmals Vollgas zu geben. "Ich werde sicher kein wildes Programm fliegen", sagt der ehemalige Kommandant einer Mirage-Aufklärungsstaffel. Für ihn ist klar, dass er sich am letzten Flugdiensttag an die Regeln halten wird. Sein Motto ist dennoch "Geschwindigkeit ist Leben, der Rest...nur Details."

Rowdies leben nicht lange.

Thierry Goetschmann

Die Zeiten der wilden Fliegerei seien vorbei, so Goetschmann. "Rowdies leben nicht lange". Wie Peter Egger hat auch er schon Kollegen beim Fliegen verloren. Nach der Landung in Payerne will auch Goetschmann keinen Steuerknüppel mehr anfassen. "Ich finde es schön, mit der Mirage aufzuhören und will auch nicht ein Jahr zu viel fliegen", sagt der 67-jährige Neuchâtelois, der seit über 50 Jahren eine Pilotenlizenz hat.

Wir schauen schon, was man als nächstes flugbereit machen kann.

Am Hangartor prangt die Silhouette eines F5-Tigers. Wird Espace Passion damit weiterfliegen können?
(Espace Passion)

Geht es weiter?

Derweil denkt man bei Espace Passion schon weiter. Das Ende der Mirage bedeute nicht, dass man mit den Jet-Passagierflügen aufhören wolle, betont Peter Egger. "Wir schauen schon, was als nächstes in unser Museum kommt oder was man als nächstes flugbereit machen kann." Eggers Wunsch wäre, mit dem F5-Tiger weiterzumachen, der aktuell allerdings noch bei der Luftwaffe im Einsatz ist.

Der ökologische Aspekt darf man nicht einfach ausblenden.

Peter Egger

Es werde jedoch je länger, je schwieriger ein Militärflugzeug zivil zu betreiben. So würden Reglemente und Verordnungen komplexer. "Und auch der ökologische Aspekt darf man nicht einfach ausblenden", so Egger. Die Mirage ist mit einem Verbrauch von rund 3500 Litern Flugbenzin pro Stunde eine veritable Säuferin – Kampfjets sind punkto Klimaverträglichkeit generell nicht gerade vorbildlich.

Der historische Teil ist auch ein Bestandteil.

Peter Egger

Peter Egger findet, man müsse sich fragen, inwiefern Passagierflüge mit Kampfjets noch vertretbar und sinnvoll seien. "Der historische Teil ist auch ein Bestandteil", sagt er und erachtet den zivilen Betrieb mit den Jets als gerechtfertigt, weil damit auch ein Stück der Geschichte der Luftwaffe erhalten werde.

Die Mirage ist ein Skandal-Jet

Die ersten Jahre der Mirage waren durch einen Skandal geprägt. 1961 genehmigte das Parlament 871 Millionen Franken für die Beschaffung von hundert Mirages des französischen Herstellers Dassault. Weil die Kosten völlig aus dem Ruder gelaufen waren, musste die Regierung aber einen Zusatzkredit von 576 Millionen beantragen.

24 Mirage III S werden 1968 auf dem Militaerflugplatz Buochs übergeben (Keystone, Photopress-Archiv).

Darauf folgte Entrüstung und eine erstmals eingesetzte parlamentarische Untersuchungskommission (PUK) sollte das Fiasko prüfen. Das Militärdepartement habe Regierung, Parlament und Öffentlichkeit getäuscht und jenseits ihrer Befugnisse gehandelt, urteilte die PUK. Der Luftwaffenkommandant sowie der Generalstabschef mussten zurücktreten.

Auch der damalige Verteidigungsminister Paul Chaudet wurde zum Rücktritt aufgefordert, verzichtete aber erst zwei Jahre später auf eine weitere Amtszeit, womit es um die Mirage ruhiger wurde. Statt der geplanten 100 Maschinen wollte das Parlament nur noch 57 beschaffen. Die Schweiz kaufte schliesslich 61 Jets - zehn verlor sie durch Abstürze. Die verbliebenen 16 einsatzfähigen Mirages wurden 2003 ausser Dienst gestellt und teils von Vereinen übernommen.

Nun drohen aber auch bei der Entsorgung der Mirage Probleme. Und zwar wegen den Triebwerken und anderen Teilen des Jets, die radioaktiv sind. Sie enthalten je rund drei Kilogramm des strahlenden Minerals Thorium, welches den Jet temperaturfester machen soll. Im vergangenen Jahr hat das Bundesamt für Gesundheit (BAG) die Gebühren für die Entsorgung von derlei Teilen wegen der Revision einer Verordnung massiv erhöht. Für die Entsorgung der beiden Mirages des Vereins Espace Passion fielen in der Schweiz aktuell rund 700'000 Franken an.

Obwohl man dafür gemäss Peter Egger Rückstellungen gebildet habe und das auch weiterhin tue, könne man nicht wissen, ob sich die Entsorgungskosten künftig eventuell weiter erhöhen. Darum sei man auch auf der Suche nach einem Museum im Ausland, welche die Mirages eventuell übernehmen und der Nachwelt präsentieren könnte.

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