Frauenrechte und Gleichstellung: von 1918 bis heute
Was geschah in Vergangenheit in Sachen Frauenrechte in der Schweiz? Wir blicken zurück auf die Höhepunkte in der Gleichstellungsdebatte.

Landesstreik von 1918
Am Generalstreik in der Schweiz beteiligten sich rund 250'000 Arbeiter und Gewerkschafter. Er gilt als wichtigste gesellschaftspolitische Auseinandersetzung der schweizerischen Zeitgeschichte.
Das Frauenstimmrecht war eine Forderung des Landesstreiks von 1918. In den nächsten drei Jahrzehnten gab es dazu verschiedene Volksabstimmungen, die jedoch regelmässig scheiterten.

1969: Demonstrationen für Frauenstimmrecht
Mitglieder und Sympathisanten der Frauenzentrale, des Frauenstimmrechtvereins und anderer politischer Frauengruppen demonstrierten am 1. Februar 1969 in Zürich für die Einführung des Frauenstimmrechts auf eidgenössischer Ebene, das am 1. Februar 1959 an der Urne abgelehnt wurde.

Mehrere Tausend Frauenrechtlerinnen demonstrierten am 1. März 1969 auf dem Bundesplatz in Bern für das Frauenstimmrecht und gegen die Unterzeichnung der europäischen Menschenrechtskonvention mit Vorbehalten. Warum? Der Bundesrat wollte der Europäischen Menschenrechtskonvention beitreten, ohne die politische Gleichberechtigung von Männern und Frauen zu garantieren.


1971: Politische Gleichberechtigung auf Bundesebene
Am 7. Februar 1971 wurde das Frauenstimm- und -wahlrecht in der Schweiz auf Bundesebene eingeführt. Die Vorlage wurde vom männlichen Stimmvolk mit 65,7 Prozent Ja-Stimmen angenommen.

Zeitgleich führte der Kanton Freiburg das Frauenstimmrecht auf kantonaler Ebene ein. Zum Vergleich: 1959 waren Waadt und Neuenburg die ersten Kantone, 1990 Appenzell Innerrhoden der letzte, die das Frauenstimmrecht einführten.
Im internationalen und europäischen Vergleich gestand die Schweiz seiner weiblichen Bevölkerung die vollen Bürgerrechte spät zu.
1975: Verfassungsinitiative zur Gleichstellung der Frau
Am Frauenkongress in Bern im Januar 1975 diskutierte die Arbeitsgruppe über die geplante Verfassungsinitiative zur Gleichstellung der Frau in der Schweiz.


Erster Frauenstreik 1991

Der allererste schweizweite Frauenstreik fand am 14. Juni 1991 statt. Damals gingen hierzulande Hunderttausende auf die Strasse, um für Gleichberechtigung einzustehen. Das Motto lautete: "Wenn Frau will, steht alles still".

Zum Streik aufgerufen hatten der Schweizerische Gewerkschaftsbund und viele Frauenorganisationen. Gefordert wurde die Umsetzung des Verfassungsartikels "Gleiche Rechte für Mann und Frau", der zehn Jahren zuvor in Kraft getreten war und in vielerlei Hinsicht nicht umgesetzt wurde.


Der 14. Juni 1991 wurde zur grössten politischen Mobilisation seit dem schweizerischen Generalstreik 1918.

Frauenstreik 2019
Vor vier Jahren, am 14. Juni 2019, gingen über eine halbe Million Frauen auf die Strasse und forderten politische und gesellschaftliche Gleichberechtigung.

Im darauffolgenden Herbst wurden so viele Frauen in den Nationalrat gewählt wie noch nie – am Schluss betrug der Frauenanteil 42 Prozent. Auch die Umsetzung der neuen Sexualstrafnorm und der Vaterschaftsurlaub haben Fahrt aufgenommen.
Frauenstreik in Coronajahren 2020 und 2021
Aufgrund der Coronapandemie fielen die Frauenstreiks in den Jahren 2020 und 2021 kleiner aus. Die Streikkollektive und ihre Anhängerinnen machten auf systematische oder strukturelle Probleme aufmerksam.
Zu den Forderungen zählten unter anderem faire Renten, Behebung des Lohnunterschieds, mehr Betreuungsplätze für Kinder, Notrufstellen und Betreuungsangebote für Betroffene von häuslicher Gewalt, Ausweitung des Tatbestandes der Vergewaltigung sowie gleiche Frauen- wie Männeranteile im Parlament.
Der Schweizerische Gewerkschaftsbund (SGB) bezifferte die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer auf gegen 100'000.
Frauenstreik 2022: Gegen die AHV21!
Im Zentrum der Demonstrationen und Kundgebungen stand im vergangenen Jahr das Rentenalter der Frauen. Eine Forderung lautete: "Bessere Löhne statt höheres Rentenalter".
Nichtsdestotrotz wurde mit der Rentenreform AHV21 das Rentenalter der Frauen am 25. September 2022 auf 65 erhöht. Die Schweizer Stimmbevölkerung hatte sich mit einem knappen Ja (50,55 Prozent) dafür ausgesprochen.
Ebenfalls zu den Forderungen des letztjährigen Frauenstreiks zählte die Reform des Sexualstrafrechts. Viele Frauenorganisationen forderten einen «Nur Ja heisst Ja»-Grundsatz, um die sexuelle Selbstbestimmung effektiv zu schützen.
Am Frauenstreik 2022 haben schätzungsweise 50'000 Personen schweizweit demonstriert.