Mehr Qualität als Quantität

Mit je zwei Fahrerinnen und Fahrern ist die Schweiz bei den BMX-Rennen in Paris stark vertreten und darf sich berechtigte Ambitionen auf Medaillen machen. Der Erfolg hat gute Gründe.

Gehört in Paris im BMX Racing zu den Medaillenkandidatinnen: Zoé Claessens © KEYSTONE/LAURENT GILLIERON

So richtig will keiner der Schweizer in die Favoritenrolle schlüpfen. Selbst die dreifache Europameisterin und zweifache WM-Zweite Zoé Claessens will sich kein Rangziel entlocken lassen. "Klar, eine Medaille wäre super cool", sagt die Waadtländerin. "Aber ich will mich auf meine Fahrten konzentrieren, dann kommt auch ein gutes Resultat heraus."

Es ist nicht verwegen, von der ersten Schweizer Medaille in dem Sport zu träumen, der seit 2008 olympisch ist. Vor drei Jahren in Tokio klappte es für Nikita Ducarroz mit Bronze im Freestyle, aber im Racing wartet die Schweiz noch auf einen Podestplatz. Das soll sich in Paris ändern. Als Top-5-Nation schickt man bei Männern und Frauen je ein Duo ins Rennen. Zumindest drei von ihnen haben auf höchster Ebene schon brilliert, und alle sind sie noch jung.

Vorreiter auf Topniveau

Der Routinier ist der 27-jährige Zürcher Simon Marquart, Weltmeister von 2022. Der drei Jahre jüngere Thurgauer Cedric Butti fuhr in diesem Jahr bei sechs Weltcuprennen dreimal aufs Podest und belegt in der Gesamtwertung den zweiten Platz, Marquart den fünften. Claessens ist mit erst 23 Jahren schon länger eine absolute Grösse in ihrem Sport.

Für Nationaltrainer David Graf, einst selber zweifacher WM-Bronzegewinner und Olympia-Teilnehmer, ist das Geheimnis für diesen verblüffenden Erfolg eine Kontinuität. Es kamen immer wieder neue Fahrer nach und konnten von den Arrivierten profitieren. "Es ist natürlich super, wenn du zwei, drei Athleten hast, die sich gegenseitig pushen", stellt Butti fest. "Wenn du Vorreiter hast auf diesem Topniveau, geht es schon ein wenig einfacher."

Graf betont aber auch, dass man zwar an der Spitze gut aufgestellt sei, dass aber die Basis ziemlich dünn ist. Oder wie es Cedric Butti treffend ausdrückt: "Es hat mehr Qualität als Quantität." Eine Olympiamedaille würde natürlich einen Schub geben, aber die Spiele sind auch so schon enorm wichtig. "Sie machen unseren Sport bekannter und sichtbarer", sagt Graf. Zum Teil fehlt es in den Klubs aber auch an Kapazität, um die zusätzlichen Jugendlichen aufzunehmen, die nach Olympia jeweils dazustossen.

BMX als ideale Radschule

Viele bleiben dann nicht lange dabei, ausser wenn sie das BMX-Fahren so richtig entdecken. "Dann wollen sie nicht mehr weg", meint David Graf lachend. Für ihn ist BMX auch ein idealer Einstieg in den Radsport, von dem aus man dann auch auf andere Disziplinen wechseln kann. "In anderen Ländern wie den Niederlanden funktioniert das aber besser als bei uns."

Sehr gut funktioniert derzeit die Elite. "Ich glaube, wir haben es in der Schweiz relativ gut hingekriegt, dass die Athleten sehr selbstständig geworden sind", sieht Simon Marquart einen weiteren Grund für die positive Entwicklung. "Jeder hat so ein bisschen seinen eigenen Weg gefunden."

Aushängeschild ist die Waadtländerin Zoé Claessens, deren Vater den BMX-Klub in Echichens gründete und wo sie nun ihrerseits versucht, den Nachwuchs zu inspirieren. Wie Marquart und Butti, der vor drei Jahren Ersatzfahrer war, glaubt sie nun von der damaligen Erfahrung profitieren zu können. Man weiss schon, dass bei Olympia alles ein bisschen grösser ist und kann sich entsprechend darauf einstellen.

Als Ersatz ist diesmal der erst 20-jährige Filib Steiner mit dabei. Damit der Stab im BMX auch in Zukunft nahtlos weiter gegeben wird.

SDA
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