Netanjahu: Offensive in Rafah wird kommen
Der israelische Ministerpräsident lässt sich trotz internationaler Warnungen nicht von einer militärischen Offensive auf Rafah im südlichen Gazastreifen abbringen.
Man werde sich in der Frage internationalem Druck nicht beugen, betonte er am Samstag in Jerusalem vor Journalisten. "Wer uns an dem Einsatz in Rafah hindern will, sagt uns letztlich "Verliert den Krieg"." Das werde er nicht zulassen. Vor dem Beginn einer Offensive werde die israelische Seite es den Zivilisten in den Kampfgebieten aber ermöglichen, sich in sichere Gegenden zu begeben.
Israel bereitet eine Militäroffensive auf die an Ägypten angrenzende Stadt Rafah vor, um auch dort gegen die islamistische Hamas vorzugehen. In dem Ort im Süden des Gazastreifens haben Hunderttausende Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. Die Pläne für eine Ausweitung der israelischen Einsätze in der überfüllten Stadt stossen international auf grosse Kritik. Auch die USA als wichtigster Verbündeter Israels warnen davor. Bundesaussenministerin Annalena Baerbock verlangt mit Blick auf Rafah die Einrichtung langfristig sicherer Orte für die Menschen dort.
Auslöser des israelischen Einsatzes im Gazastreifen ist das beispiellose Massaker mit Hunderten Todesopfern, das Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober in Israel verübt hatten. Israel reagierte mit einer Offensive, bei der nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde bisher knapp 29.000 Menschen getötet wurden.
Netanjahu: Werden mit Hamas-Führung abrechnen
Netanjahu bekräftigte, man werde mit der Hamas-Führung "die Rechnung begleichen". Dies sei nur eine Frage der Zeit. Man werde sich auch in der Frage einer künftigen Friedensregelung mit den Palästinensern keine Vorschriften aus dem Ausland machen lassen. "Eine Regelung kann nur durch direkte Verhandlungen zwischen beiden Seiten ohne Vorbedingungen erzielt werden", betonte Netanjahu.
Der Regierungschef reagierte auch auf Medienberichte, denen zufolge die USA und andere Partner einen palästinensischen Staat selbst ohne israelische Zustimmung anerkennen könnten. Unter seiner Führung werde sich Israel vehement gegen eine "einseitige Anerkennung eines palästinensischen Staates wehren", sagte Netanjahu. Denn nach dem 7. Oktober gäbe es aus seiner Sicht "keinen grösseren Preis für diesen beispiellosen Terror".
Berichte über zahlreiche Tote bei Luftangriffen Israels
Bei israelischen Luftangriffen im zentralen Abschnitt des Gazastreifens gab es am Samstag nach palästinensischen Angaben wieder zahlreiche Tote. Die palästinensische Nachrichtenagentur Wafa berichtete, es seien mehrere Häuser von Kampfjets bombardiert worden, darunter in Deir al-Balah. Dabei seien acht Menschen getötet und Dutzende weitere verletzt oder verschüttet worden. Sanitäter sprachen sogar von 40 Toten. Viele Verletzte seien ins Krankenhaus gebracht worden. Ein israelischer Armeesprecher sagte auf Anfrage, man prüfe die Berichte.
Zahlreiche Festnahmen bei Einsatz in Krankenhaus
Die israelische Armee nahm bei ihrem Einsatz im Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im Süden des Gazastreifens bisher rund 100 Menschen fest. Es handele sich um "Personen, die verdächtigt werden, an Terroraktivitäten beteiligt gewesen zu sein", teilte das Militär am Samstag mit. Nach Darstellung der Hamas-Gesundheitsbehörde gehören viele der Festgenommenen zum medizinischen Personal.
Nach Angaben der Gesundheitsbehörde kamen bisher fünf Patienten auf der Intensivstation wegen eines Stromausfalls im Zuge des israelischen Einsatzes ums Leben. Ihre Sauerstoffversorgung sei unterbrochen worden.
Die Armee erklärte dagegen, sie habe die Stromversorgung nicht attackiert. Die dort tätige Einheit habe strikte Anweisung gehabt, das kontinuierliche Funktionieren des Krankenhauses zu gewährleisten. Deshalb habe sie auch einen schadhaften Generator gegen ein Ersatzgerät aus Israel ausgetauscht.
Raketenalarm in israelischer Küstenstadt
Auf die israelische Küstenstadt Aschkelon wurde am Samstag erneut eine Rakete aus dem Gazastreifen abgefeuert. Die israelische Armee teilte mit, das Geschoss sei von der Raketenabwehr abgefangen worden. "Israelische Truppen identifizierten den Terroristen, der für den Angriff verantwortlich war", teilte das Militär weiter mit. Er sei daraufhin durch einen Luftangriff im Norden des Gazastreifens gezielt getötet worden.
Seit Beginn des Gaza-Kriegs am 7. Oktober haben extremistische Palästinenser in dem Küstenstreifen nach israelischen Angaben mehr als 14.500 Raketen auf israelisches Gebiet gefeuert.
Tausende Israelis demonstrieren gegen Regierungspolitik
Tausende Israelis protestierten am Samstag in verschiedenen Städten gegen die Politik der rechtsreligiösen Regierung Netanjahus. Bei einer laut Polizei nicht genehmigten Grosskundgebung in der Küstenmetropole Tel Aviv blockierten Demonstranten eine Strasse in beide Richtungen und entzündeten Fackeln. Auch nahe der Villa Netanjahus in Caesarea kam es zu Protesten. Viele der Demonstranten forderten Neuwahlen. Andere sprachen sich für eine Waffenruhe im Gaza-Krieg und für einen raschen Deal mit der Hamas zur Freilassung weiterer Geiseln aus.
Gaza-Krieg im Fokus der Münchner Sicherheitskonferenz
Der Krieg im Gazastreifen ist auch bei der 60. Sicherheitskonferenz in München ein zentrales Thema. Zum Abschluss der Konferenz wird der palästinensische Ministerpräsident Mohammed Schtaje am Sonntag gemeinsam mit der ehemaligen israelischen Aussenministerin Zipi Livni sowie dem jordanischem Aussenminister Aiman al-Safadi an einer Podiumsdiskussion zur Zukunft der israelisch-palästinensischen Beziehungen teilnehmen.