Paris 2024 war ein Erfolg fast ohne Misstöne

Die Herausforderungen vor Paris 2024 waren gewaltig. Am Ende der Spiele kann aber bilanziert werden: Die Erwartungen wurden übertroffen, die ersten Spiele nach Corona wurden zum unbeschwerten Fest.

Olympische Spiele in Paris nach grosser Show feierlich beendet. © Keystone

Angst vor Terroranschlägen, mögliche russische Störmanöver, überhöhte Ticketpreise, drohender Verkehrskollaps, logistische Albträume: Viel hätte bei diesen Olympischen Spielen in Paris schiefgehen können. Am Ende kam es genau umgekehrt. Alles, was gut laufen konnte, traf ein, besser, als es sich wohl selbst die Organisatoren erträumt hatten.

Im Rückblick haben die Franzosen fast alles richtig gemacht. Das Festhalten an der riskantesten Eröffnungsfeier der Olympia-Geschichte, erstmals auf der Seine statt in einem Stadion. Die Wahl ikonischer, aber exponierter Wahrzeichen als telegener Hintergrund. Die Wahl der öffentlichen Verkehrsmittel als Träger der Besucherströme. Alles ging wunderbar auf. Sogar die Seine war (wahrscheinlich) sauber genug, um erstmals seit über hundert Jahren darin zu schwimmen.

Ein Fest dank der Besucher

Speziell machten die Spiele in Paris aber die Besucher und die zehntausenden von freiwilligen Helfern, die mit riesigem Enthusiasmus begeisterten. Trotz, oder vielleicht gerade wegen des gigantischen Aufgebots an Sicherheitskräften sorgten sie für ein farbiges und unbeschwertes Sommermärchen. Praktisch an allen Wettkampfstätten waren die Tribünen bereits für Vorläufe und Qualifikationswettkämpfe voll, auch die Mischung zwischen Einheimischen und Gästen stimmte.

Spätestens nach der gelungenen, wenn auch überlangen Eröffnungsfeier ohne Zwischenfälle und den ersten Erfolgen ihrer Athleten gleich zu Beginn umarmten die Franzosen "ihre" Spiele mit viel Begeisterung. Mit dem regelmässigen Anstimmen der "Marseillaise" aus heiterem Himmel sorgten sie immer wieder für Hühnerhautmomente. Dies überbordete aber kaum je ins unschön Aggressive, auch dank des hohen Anteils internationaler Besucher.

IOC als Gewinner

Beim Internationalen Olympischen Komitee wird man sich die Hände reiben. Etwas Besseres für das angekratzte Image hätte gar nicht passieren können. Endlich wieder einmal "normale" Spiele in einem westlich geprägten, demokratisch regierten Land ohne grosse Einschränkungen und Misstöne. Paris und die Franzosen haben gezeigt, dass dies möglich ist. Die dunklen Flecken auf der Weste des IOC verschwinden deshalb aber nicht.

Die Schattenseiten auch der Spiele in Paris sollen nicht verschwiegen werden. Obdachlose und Bettler sah man kaum noch in der Innenstadt von Paris; verschwunden sind sie deswegen natürlich nicht. Sie wurden einfach aus dem Blickfeld vertrieben. Olympische Spiele sind etwas für die Privilegierten dieser Welt, die sich sehr hohe Ticketpreise und Hotelkosten leisten können. Die Kommerzialisierung des Sports schreitet unaufhaltsam voran, das IOC tanzt nach der Pfeife der Sponsoren und Rechteinhaber, denen alle Forderungen erfüllt werden, egal, ob das breite Publikum etwas davon hat.

Mehr Bescheidenheit

Und während die Athletinnen und Athleten als unbestrittene Hauptdarsteller in eher spartanischen Unterkünften logieren, lassen es sich die Funktionäre in mondänen Fünfsterne-Hotels gutgehen. Etwas mehr Bescheidenheit in der Führungsriege wäre wünschenswert. Da helfen dann auch werbewirksam vermarktete "Feigenblätter" wie das olympische Flüchtlingsteam nur wenig.

Auch einen konsistenten Umgang mit Russland, Palästina, Israel, des Dopings verdächtigen Chinesen oder androgynen und Transgender-Athletinnen hat das IOC bislang nicht gefunden. Allerdings ist es bei diesen Themen wohl kaum möglich, einen allgemein akzeptierten Konsens zu finden, der allen beteiligten Parteien gerecht wird.

Das Rad der Zeit lässt sich jedenfalls nicht zurückdrehen. Spitzensport ohne Politik und Kommerz ist nicht möglich. Es wäre deshalb ehrlicher, dies einzugestehen, als geradezu das Gegenteil zu predigen. Das IOC bleibt maximal gefordert, und es kann nur gehofft werden, dass der Nachfolger von Thomas Bach wieder etwas glaubwürdiger auftreten wird.

Ein Signal für zukünftige Kandidaten

Paris war aber sicher ein Schritt in die richtige Richtung. Der Sport und die Wettkampfstätten waren erstklassig, ohne den Gigantismus der letzten Jahre. Die Athleten lobten fast durchwegs die grossartige Atmosphäre in der Stadt und den Stadien. Sogar das Wetter spielte über weite Strecken mit.

Paris könnte auch für andere westliche Staaten das Signal sein, sich wieder um Olympische Spiele zu bewerben. Für die französische Metropole war es auch ein Neuanfang nach komplizierten Jahren mit Terroranschlägen und Corona-Shutdowns, die die Stadt mit den meisten internationalen Besuchern weltweit natürlich besonders traf. Als bleibendes Vermächtnis haben sie neu eine U-Bahn-Linie, die erstmals bis zum Flughafen Orly führt. Und wenn sie ihre Bemühungen um saubereres Flusswasser weiterführen, können sie vielleicht schon im nächsten Jahr die ersten Badestrände an der Seine eröffnen. Dann wären die Spiele tatsächlich mehr gewesen als nur zweieinhalb Wochen Sommermärchen.

SDA
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