Streit um Umsetzung des Tabakwerbeverbots
Zwei Jahre nach dem Ja zur Tabakwerbeverbotsinitiative machen sich die Urheber des Volksbegehrens Sorgen um deren Umsetzung.
Das Parlament sei daran, die Verfassung zu verletzen. Das Komitee hofft auf ein Einlenken der Räte. Volk und Stände hatten in der Abstimmung vom Februar 2022 entschieden, dass Tabakwerbung, Werbung für E-Zigaretten und andere Nikotinprodukte Kinder und Jugendliche nicht erreichen dürfen. Der Ständerat und die zuständige Nationalratskommission wollen den Initiativtext jedoch nicht wortgetreu umsetzen und Ausnahmen zulassen, beispielsweise fürs Sponsoring von Musikfestivals.
Bevor die Vorlage in der Frühjahrssession erneut im Parlament beraten wird, macht der Trägerverein der Initiative "Kinder und Jugendliche ohne Tabakwerbung" Druck. "Die heutige Form der Gesetzgebung entspricht nicht dem, was Volk und Stände beschlossen haben", sagte der Berner alt SP-Ständerat Hans Stöckli am Dienstag in Bern vor den Medien. Das sei unanständig. "Das Parlament darf nicht verfassungswidrige Entscheide fällen."
"Klare Verwässerung des Verfassungstextes"
Laut Rechtsprofessor Thomas Gächter, Vater des Initiativtextes, will das Parlament einen extrem engen Werbebegriff im revidierten Tabakproduktegesetz verankern. Dabei sei der Verfassungsartikel klar: Jegliche Werbung, die sich an Jugendliche richte und diese zum Tabakkonsum verleiten könnte, sei zu verbieten.
Dass das Parlament das Verbot von Verkaufsförderung und Sponsoring aus der Vorlage streichen wolle, sei ein "ganz problematischer Schritt". Gächter verwies auf ein kürzlich publiziertes Gutachten des Bundesamts für Justiz (BJ), wonach die bisherigen Entscheide des Parlaments nicht konform seien mit der Verfassung. Insgesamt handle es sich um eine "klare Verwässerung des Verfassungstextes", so Gächter.
Das Initiativkomitee will nun die Entscheide des Nationalrats zum Tabakproduktegesetz abwarten. "Wenn das Parlament nicht in unseren Sinne entscheidet, werden wir unsere weiteren Pläne schmieden", sagte Stöckli.