Trump ernennt Vance zum Vize
Der Republikaner Donald Trump macht seinen Getreuen J.D. Vance zum Vizekandidaten für die Präsidentenwahl und holt damit einen Scharfmacher an seine Seite.
Mit dem Duo ist trotz der Furcht vor einer Gewaltspirale nach dem Attentat auf Trump nicht mit gemässigteren Tönen im Wahlkampf zu rechnen. Der einstige Trump-Kritiker Vance gilt mittlerweile als enger Verbündeter des früheren US-Präsidenten und ist mit seinen 39 Jahren ein aufstrebender Star in der Republikanischen Partei.
Kurz nach der Verkündung der mit Spannung erwarteten Personalie bestätigte der Parteitag in Milwaukee die Nominierung offiziell. Die Delegierten wählten zu Beginn der Grossveranstaltung im US-Bundesstaat Wisconsin auch Trump zum Kandidaten für die Präsidentenwahl. Der Schritt galt nach dessen Sieg bei den parteiinternen Vorwahlen als Formalie.
Aufsehenerregender Auftritt Trumps bei Parteitag
Am späten Abend (Ortszeit) trat Trump erstmals nach dem Attentat wieder öffentlich auf. Der 78-Jährige trug eine Art weissen Verband am Ohr, reckte erneut die Faust in die Höhe und wurde in der Veranstaltungshalle von den Delegierten bejubelt. Er zeigte sich gemeinsam mit seinem sogenannten running mate Vance - auf eine Rede auf der Bühne verzichtete er. Diese wird in der deutschen Nacht zu Freitag erwartet.
Der demokratische Amtsinhaber Joe Biden, der nach dem Attentat auf Trump dazu aufgerufen hatte, als Land zusammenzustehen und politische Diskussionen weniger hitzig auszutragen, machte in einem Fernsehinterview indes klar, dass er nicht vorhat, seinen Kontrahenten nun sanfter anzufassen. Er warf Trump vor, regelmässig zu zündeln und kündigte an, er werde dazu nicht schweigen.
Trump holt sich Bestseller-Autoren an seine Seite
Erst seit 2023 sitzt Vance für den Bundesstaat Ohio im Senat und gilt als rechter Hardliner. Sollte Trump die Präsidentenwahl im November gewinnen, wäre Vance einer der jüngsten Vizepräsidenten in der US-Geschichte. Er feierte einst mit seinen Memoiren "Hillbilly-Elegie" Erfolge. Der Bestseller gibt Einblick in eine Gesellschaftsschicht, die 2016 den Wahlsieg Trumps mit ermöglicht hatte.
Vance soll in der deutschen Nacht zu Donnerstag seine Antrittsrede halten, Trump einen Tag später. Am Montag nahm Vance bei dem Parteitag zunächst ein Bad in der Menge und wurde euphorisch bejubelt.
Vance war bereits länger im Gespräch
Vance nimmt kein Blatt vor den Mund und teilt gern aus. Nach dem Attentat auf Trump begann er sofort zu hetzen und machte US-Präsident Joe Biden persönlich für die Attacke verantwortlich. Im Senat votierte er im Frühjahr gegen die milliardenschwere Hilfe für die von Russland angegriffene Ukraine.
Zum Parteitag in Milwaukee kam der Senator mit seiner Ehefrau Usha Chilukuri Vance. Die Juristin lernte Vance an der Elite-Universität Yale kennen, sie ist Tochter indischer Einwanderer. Das Paar schüttelte zahlreiche Hände und liess sich feiern. Die Menge rief "USA, USA, USA". Vance galt schon länger als Favorit für die Position des "Running Mate" - sein Name war jedoch nicht der einzige, der fiel.
Attentat auf Trump überschattet Parteitag
In den vergangenen Tagen hatten sich die Ereignisse im ohnehin schon aufgeheizten US-Wahlkampf überschlagen. Diskutierte vor vergangener Woche noch das ganze Land über Bidens mentale Fitness und Eignung als Präsidentschaftskandidat, verschob sich seit den Schüssen bei einem Wahlkampfauftritt Trumps im Bundesstaat Pennsylvania der Fokus.
Wenige Stunden vor Beginn des Parteitags konnte Trump ausserdem einen gewaltigen juristischen Sieg einfahren. In der Affäre um die Mitnahme geheimer Regierungsdokumente stellte die zuständige Richterin Aileen Cannon das Strafverfahren gegen Trump ein. Der juristische Erfolg gibt dem Ex-Präsidenten weiteren Rückenwind im Wahlkampf.
Nach dem Attentat auf Trump bei einem Wahlkampfauftritt am Wochenende hatte Biden vor weiterer Gewalt gewarnt und die Amerikaner aufgerufen, zusammenzurücken. "Wir lösen unsere Meinungsverschiedenheiten an der Wahlurne. So machen wir es - an der Wahlurne, nicht mit Kugeln", sagte Biden bei einer seltenen Ansprache an die Nation aus dem Oval Office im Weissen Haus.
Biden wirft Trump in TV-Interview zündelnde Rhetorik vor
Trotz seiner jüngsten Appelle zu Zusammenhalt im Land und Mässigung im Wahlkampf warf Biden seinem politischen Kontrahenten Trump in einem am Montagabend (Ortszeit) ausgestrahlten Fernsehinterview zündelnde Rhetorik vor. "Er spricht von einem Blutbad, falls er verliert", sagte Biden in einem Interview des US-Fernsehsenders NBC.
Er argumentierte, Trumps Rhetorik heize die Debatte im Wahlkampf an, nicht seine. "Ich bin nicht der Mann, der gesagt hat, ich will am ersten Tag ein Diktator sein. Ich bin nicht der Mann, der sich geweigert hat, das Ergebnis der Wahl zu akzeptieren. Ich bin nicht der Mann, der gesagt hat, dass er das Ergebnis dieser Wahl nicht automatisch akzeptieren wird", sagte der Demokrat mit Blick auf Äusserungen Trumps.
Auf die Frage, was er selbst tun wolle, um die politische Debatte im Land etwas abzukühlen, sagte Biden, er werde weiter über die Dinge sprechen, auf die es ankomme. In Anspielung auf Trump sagte er, dazu gehöre, ob jemand das Ergebnis einer Wahl akzeptiere oder Migranten als "Ungeziefer" bezeichne. Dies sei zündelnde Sprache.
Eiserne Unterstützer Trumps hatten nach dem Attentat auf ihren Parteikollegen dem amtierenden Präsidenten vorgeworfen, seine Rhetorik gegenüber dem Republikaner sei für die Attacke mitverantwortlich. Biden bezeichnet seinen Konkurrenten regelmässig als Gefahr für die US-Demokratie.
Ausnahmezustand in Milwaukee
Der Parteitag der Republikaner in Milwaukee begann unter hohen Sicherheitsvorkehrungen. In der Stadt am Westufer des Lake Michigan waren zahlreiche Strassen abgesperrt. Selbst in die Nähe des Veranstaltungsorts im Zentrum der rund eine halbe Million Einwohner zählenden Stadt kam man nur nach einer speziellen Sicherheitsüberprüfung. Bereits vor dem Attentat gegen Trump planten die Veranstalter mit vielen Sicherheitsmassnahmen.
Neben den Delegierten waren Tausende weitere Menschen nach Milwaukee gereist - darunter Politiker, Parteimitglieder und Pressevertreter. Zum Auftakt der Grossveranstaltung riefen die Delegierten "Kämpft, kämpft, kämpft!".