Trumpf Yakin

Murat Yakins Vertrag als Nationaltrainer endet nach dem EM-Aus gegen England. Auch wenn der 49-Jährige kein klares Bekenntnis abgibt, würde alles andere als eine Weiterbeschäftigung überraschen.

Murat Yakin verabschiedet sich nach dem EM-Aus im Viertelfinal gegen England von den Schweizer Fans. Die Zukunft des Nationaltrainers indes ist noch nicht geklärt © KEYSTONE/PETER KLAUNZER

Murat Yakin, der aufgrund seiner taktischen Gewieftheit und seiner Fähigkeit, Gegner mit personellen oder ausrichtungstechnischen Entscheiden zu überraschen, gern als "Pokerspieler" bezeichnet wird, lässt sich auch am Samstagabend nicht in die Karten blicken.

Der Nationaltrainer sitzt im Untergrund des Stadions von Düsseldorf vor den Medien und spult das Pflichtprogramm ab, das von ihm in seiner Rolle vom europäischen Verband UEFA verlangt wird. Er spricht also über das Ausscheiden der Schweiz im Viertelfinal gegen England, über die "Lotterie" aus elf Metern, die sein Team einmal mehr verloren habe. Zum dritten Mal in Serie scheiterte die SFV-Auswahl nach 2016 (gegen Polen) und 2021 (gegen Spanien) an einer EM-Endrunde im Penaltyschiessen. Und er erklärt, weshalb er trotz des abrupten Endes einer Reise, die Ende Mai mit dem Pre-Camp in St. Gallen ihren Anfang genommen hatte, stolz auf sein Team ist.

Zwei Ausweichmanöver

Yakin wird aber nicht nur gebeten, zu bilanzieren. Sondern soll der 49-Jährige auch in die Zukunft blicken und sagen, ob er weiterhin Nationaltrainer sein wird. Denn nach aktuellem Stand der Dinge sind mit dem Schlusspfiff in Düsseldorf Yakins letzte Tage in Diensten des SFV eingeläutet worden. Der aktuelle Vertrag des Baslers läuft bis zum Ende der EM. Sobald er seine letzten Termine wahrgenommen hat, kann er das Kapitel Nationalmannschaft theoretisch schliessen.

Dass es aber praktisch dazu kommen wird, scheint unwahrscheinlich. Mit dem Erreichen der Viertelfinals und den starken Auftritten gegen die Top-Nationen Deutschland, Italien und England, hält der 49-Jährige nach der EM nun doch einige Trümpfe in der Hand, die für eine Weiterbeschäftigung als Nationaltrainer sprechen.

Das ist Yakin sicherlich bewusst. Dennoch lässt sich ihm trotz zweier Versuche kein klares Statement zu seiner Zukunft entlocken. Erster Versuch: "Welchen Einfluss hat das Ausscheiden auf Ihre Zukunft?" Yakin spricht über die Entwicklung des Teams, über die gute Stimmung, darüber, wie sehr ihm die Arbeit mit den Spielern Freude bereite.

Zweiter Versuch: "Welche Faktoren wären entscheidend für eine Vertragsverlängerung?" Yakin sagt, es sei in diesem Moment nicht einfach, einen klaren Kopf zu behalten, aber in der Nationalmannschaft sei in den letzten Monaten etwas zusammengewachsen. Sie hätten etwas aufbauen und zeigen können, wie sie als Kollektiv funktionierten.

Xhakas Wunsch

Wer bei diesen ausweichenden Antworten zwischen den Zeilen liest, merkt schnell: Yakin ist sich seines Leistungsausweises bewusst. Und er ist bereit, weiterhin als Nationaltrainer tätig zu sein. "Leider geht der Vertrag jetzt zu Ende, aber meine Priorität hat die Nationalmannschaft", sagt Yakin und offenbart damit eine Tendenz, die auch im Sinne des SFV sein dürfte.

Kürzlich waren Gerüchte aufgetaucht über mögliche Interessenten aus dem arabischen Raum und aus England, die sich mit einer Verpflichtung Yakins beschäftigen würden. Mit jedem Sieg an der EM hätte sich die Schweiz, aber auch ihr Trainer, noch mehr ins Rampenlicht gestellt, sodass Verband oder Coach einem Angebot vielleicht einmal nicht mehr hätten widerstehen können.

Jetzt aber würde alles andere als die Fortführung der Zusammenarbeit überraschen. Auch Captain Granit Xhaka sprach sich am Samstagabend gegenüber SRF für die Weiterbeschäftigung seines Trainers aus: "Wir wünschen uns klar, dass er bleibt. Er hatte brutal viel Druck, und er hat einmal mehr gezeigt, dass er genau der Richtige ist für diese Mannschaft."

Lohnenswerte Ablehnung

Im Frühjahr lehnte Yakin eine vorzeitige Verlängerung seines Vertrages ab - auch, weil der Verband im Falle einer missglückten EM aufgrund einer Klausel dann ohne grosse finanzielle Einbussen hätte aussteigen können. Es ist ein Entscheid, der sich für den Trainer nun lohnen dürfte.

Yakin sagt: "Ich freue mich, wenn wir nächste oder übernächste Woche Gespräche führen und schauen können, ob es eine Zukunft gibt." Der Pokerspieler hat gute Karten.

SDA
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