Wer soll dieses Brasilien stoppen?

Die erste Halbzeit Brasiliens im Achtelfinal gegen Südkorea ist etwas vom Besten, das die Fussball-Welt je gesehen hat. Gefährlich könnte bloss sein, dass Neymar und Co. bereits vom Final reden.

Ein Tor schöner als das andere - und danach jedes Mal ein Tänzchen: Brasilien machte sich spätestens am Montagabend zum klaren Favoriten auf den WM-Titel © KEYSTONE/AP/Manu Fernandez

Vinicius Junior zirkelt einen Ball butterweich und zentimetergenau zwischen fünf Südkoreanern hindurch in die Torecke. Richarlison jongliert den Ball viermal auf dem Kopf, umdribbelt einen Koreaner und schiebt nach einem Doppelpass mit den beiden Innenverteidigern (!) Marquinhos und Thiago Silva ein. Vinicius lobt den Ball in den Strafraum, wo Paqueta heranbraust und den Ball volley trifft. Und selbst ein Foulpenalty von Neymar hat etwas aufreizend Lässiges und Spielerisches.

Sogar Tite tanzt

Brasilien schwebt eine Halbzeit lang auf einer Wolke, kaum je waren sich Sport und Kunst so nahe wie am Montagabend im Container-Stadion von Doha. Selbst der eigentlich für realistischen Fussball stehende Trainer Tite liess sich zu einer Tanzeinlage mit seinen Spielern hinreissen. Nicht nur Südkorea wäre mit diesem Gegner überfordert gewesen; dass sie den Schaden in der zweiten Hälfte mit dem 1:4 begrenzen konnten, lag ebenso an der tapferen Einstellung der Asiaten wie an der Genügsamkeit des Rekord-Weltmeisters.

Spätestens jetzt dürfte der eine oder andere, der Murat Yakin für die sehr defensive Taktik im Gruppenspiel gegen Brasilien (0:1) kritisiert hatte, begriffen haben, warum der Schweizer Nationalcoach so aufgestellt hatte. Selten vereinte eine Mannschaft vom Goalie bis zur Sturmspitze so viel Klasse in sich. "Es ist wunderbar, ihnen zuzuschauen", schwärmte der ehemalige deutsche Weltmeister und Nationalcoach Jürgen Klinsmann.

Bereits den Final im Kopf

Wer soll diese Brasilianer stoppen? Wenn es nach ihnen geht: keiner. "Alles wird gut", versprach Superstar Neymar, dem nach seinem 76. Tor in der Seleção nur noch ein Treffer zur Marke von Pelé fehlt. "Wir werden auch im Final lachen." Vielleicht ist zu grosse Selbstsicherheit tatsächlich die einzige Gefahr für das gelb-blaue Ballett, zumal sie den sechsten WM-Titel auch für das im Spital liegende Idol Pelé unbedingt holen wollen. Als nächstes versuchen sich am Freitag im Viertelfinal die erfahrenen Kroaten am scheinbar aussichtslosen Unterfangen.

SDA
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