Halb Gans, halb Schwan - oder: Wer sind hier die Eltern?

Wenn Schwan und Gans zusammen Junge zeugen, entstehen genetische Mischlinge: sogenannte "Schwänse". So geschehen am Genfersee.

Ein seltsames Liebespaar: Mutter Schwan und Vater Gans ziehen zusammen Junge gross. © zvg

RadioFr. Hörer Benu war über Pfingsten am Genfersee am campen und hat dort eine spezielle Begegnung gemacht: Er konnte eine Schwanendame und einen Gänserich mit ihren Jungen beobachten und war, wie viele andere Spaziergänger und Passantinnen, ganz hingerissen vom seltsamen Liebespaar und ihren Nachkommen.

Es ist eine genetische Rarität

Der Leserreporter hat sich vor Ort auf dem Campingplatz erkundigt, wo die Schwan-Gans-Geschichte keine neue ist. "Seit Jahren ist das gemischte Paar zusammen unterwegs und zieht Junge gross. Gemeinsame Junge sind genetisch möglich, dennoch ist die Kombination sehr selten", wurde ihm gesagt.

Gans und Schwan – verliebt!

Begonnen habe alles mit einer Dreiecksgeschichte: Das Schwanenweibchen lebte zuvor mit einem Schwanenmännchen in einer festen Beziehung.

Dann kam der Gänserich dazu, der sich sogar um die Schwanenjungen kümmerte.

Dies ist schon eine Weile her: 24heures berichtete bereits vor über zehn Jahren über die gefiederte Dreiecksbeziehung vor dem Seeufer von Morges. Als sich die Beziehung des Schwanenpaares später auflöste, hat sich die Schwanendame mit dem Gänserich zusammengetan.

Schwan + Gans = "Schwans"

Wie sagt man den Jungen, deren Eltern einerseits Schwan und andererseits Gans sind? - Mit dieser Frage hat sich die RadioFr. Morgenshow beschäftigt. In einer Umfrage auf Instagram wurde abgestimmt:

Rund 80 Prozent der Teilnehmenden stimmten für "Schwans", während 20 Prozent für "Gschwan" waren.

Die seltenen Hybridtiere wurden im Jahr 2015 auch vom Fachmagazin Tierwelt "Schwänse" genannt. Neben dem gemischten Paar vom Genfersee habe es in den Neunziger Jahren auch auf dem Wohlensee bei Bern schon Schwan-Gans-Mischlinge gegeben, wie die Tierwelt schreibt.

Wie kommt es, dass sich eine Gans und ein Schwan zusammentun?

In der Vogelwelt, besonders in der Familie der Entenvögel, kommen Hybride ab und zu vor, wie Biologe Adrian Aebischer vom kantonalen Amt für Wald und Natur auf Anfrage erklärt.

Bei "komischen" Gänsen oder Enten spielt häufig die Domestikation eine Rolle

Viele Enten und Gänse werden als Haustiere gehalten. "Durch Mischungen und Inzest entstehen dabei manchmal ungewöhnliche Farben und Formen", führt Aebischer aus. "Es kommt häufig zu Kreuzungen zwischen Laufenten und Gänsen oder zwischen Schwanengänsen, eine asiatische Gänseart, und anderen Gänsen sowie mit Enten."

Biologische Sicht auf das "Schwan-Gans-Paar" am Genfersee

Gemäss der Einschätzung von Aebischer handelt es sich beim besagten Schwanenweibchen um einen "normalen" Höckerschwan. Der Gänserich sei keine Wildgans, sondern bereits ein "Gemisch" zwischen einer Höckergans und wahrscheinlich einer Graugans. "Um die Sache noch komplizierter zu machen: Höckergänse sind ihrerseits bereits eine domestizierte Form der asiatischen Schwanengans."

Kurz: Der Höckerschwan hat hier mit einer entflogenen Hinterhof-Mischlings-Gans angebändelt.

Wer sind die biologischen Eltern der diesjährigen Jungen?

"Die Jungen des gemischten Paares am Genfersee sehen nicht aus wie junge Gänse, sondern wie junge Höckerschwäne", erklärt Aebischer.

Dies lässt vermuten, dass diese Gans heuer nur eine Ziehmutter respektive ein Ziehvater ist

.

"Der echte Vater dieser Jungen war vermutlich ein normaler Höckerschwan", ergänzt er.

Die Gans hatte wohl Elterntrieb und wollte sich auch um Nachwuchs kümmern. Die Jungen ihrerseits hatten offenbar ihren Vater nie kennengelernt, dann aber die Gans als Ersatz-Elternteil angenommen.

RadioFr. / Frapp - Nadina Schneuwly / Philippe Wiederkehr / Joël Rätz
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