Wie funktioniert das politische System der Schweiz?

Über die "halbdirekte" Demokratie, die Geschichte der Komplimentswahlen und den aktuellen Stand in Sachen E-Voting.

Am 22. Oktober findet einer der wichtigsten Prozesse in unserem politischen System statt: die nationalen Wahlen. © Unsplash

In der Schweiz gibt es drei politische Ebenen: Der Bund, die 26 Kantone und 2’172 Gemeinden teilen sich die Macht. Auf Bundes- und Kantonsebene gibt es eine Mischform von direkter und indirekter Demokratie. Auf der einen Seite kann die Stimme direkt Einfluss nehmen, nämlich durch Referenden und Initiativen. Auf der anderen Seite gibt es ein indirektes System: Wir wählen Politiker und Politikerinnen, die dann die politischen Entscheidungen treffen - in Bern im Bundeshaus.

Die einzigartige Mischform der Schweizer Demokratie

Für dieses Mischsystem der Demokratie hat sich der Begriff "halbdirekte Demokratie" eingebürgert.

Auch wenn es nur "halb" heisst, ist dieses Demokratiesystem das direkteste, das auf der Welt existiert.

Das Schweizer Parlament (Bundesversammlung) setzt sich aus zwei Kammern zusammen: dem Nationalrat, der die Bevölkerung vertritt, mit 200 Mitgliedern und dem Ständerat, der die Kantone vertritt, mit 46 Mitgliedern. Die insgesamt 246 Abgeordneten beider Räte werden alle vier Jahre vom Volk gewählt, in den Nationalrat mit der Proporzwahl und in den Ständerat mit der Majorzwahl. Diese 246 Personen übernehmen den indirekten Teil unserer "halbdirekten Demokratie".

Am 22. Oktober findet einer der wichtigsten Prozesse in diesem System statt: die nationalen Wahlen.

Es wird entschieden, welche Personen die Bevölkerung und die Kantone die nächsten vier Jahre im Bundeshaus vertreten sollen.

Schweizer Regierung: Keine direkte Wahl

Anders als in anderen Staaten kann das Volk in der Schweiz die Landesregierung nicht direkt wählen. Die sieben Bundesräte werden nämlich von der Bundesversammlung gewählt, also vom National- und vom Ständerat. Alle vier Jahre wird der Bundesrat frisch gewählt, in der sogenannten Gesamterneuerungswahl.

Der Gesamtbundesrat 2023 (v.l.n.r.): Bundeskanzler Walter Thurnherr, Bundesrat Albert Rösti, Bundesrat Ignazio Cassis, Bundesrätin Viola Amherd, Bundespräsident Alain Berset, Bundesrat Guy Parmelin, Bundesrätin Karin Keller-Sutter, Bundesrätin Elisabeth Baume-Schneider. Foto: Matthieu Gafsou

In der Schweiz ist es der Normalfall, dass die Bundesrätinnen und Bundesräte vom Parlament bestätigt werden und erst dann das Amt ablegen, wenn sie selber zurücktreten. Direkt Einfluss nehmen auf den Bundesrat kann das Volk also nicht. Das war am Anfang des Bundesstaates, zwischen 1848 und 1896, anders.

Die Geschichte der Komplimentswahlen

In den ersten knapp 50 Jahren des modernen Bundesstaates gab es ein Ritual, das rechtlich eigentlich gar nie festgehalten wurde. Die sogenannte Komplimentswahl. Das hiess, dass die Bundesräte bei der Nationalratswahl in den jeweiligen Heimatkantonen antreten mussten, um zu schauen, ob sie populär genug sind. Wenn sie den Einzug in den Nationalrat geschafft haben, mussten sie im Bundesrat bleiben. Ansonsten mussten sie ihn verlassen.

Meistens war diese Popularitätswahl kein Problem. Aber für einzelne bedeutete sie das Ende ihrer Politikkarriere.

Die Komplimentswahlen verloren nach und nach an Bedeutung und wurden noch vor dem Ende des 19. Jahrhunderts abgeschafft. So verlor die Schweizer Bevölkerung den direkten Einfluss auf die Besetzung des Bundesrats.

Wahlrecht der Auslandsschweizer eingeschränkt

Rund 5,5 Millionen Bürgerinnen und Bürger ab 18 Jahren, ca. 63 Prozent der Gesamtbevölkerung, sind auf eidgenössischer Ebene wahlberechtigt.

Seit 1992 dürfen Auslandsschweizerinnen und -Schweizer wählen. Bis vor ein paar Jahren gab es genau einen Weg dafür: brieflich per Post. Sie müssen einfach schauen, dass das Wahlkuvert termingerecht und mit zurück in der Schweiz ist. Nämlich am Freitag vor dem Wahlsonntag. In Zukunft wird das Wählen sicher vermehrt über das Internet möglich sein.

Im Kanton Freiburg ist das sogenannte E-Voting momentan noch nicht möglich.

Das E-Voting wird für die bevorstehenden Wahlen nur in den Kantonen Basel-Stadt, St. Gallen und Thurgau getestet.

Also für die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger, die im Ausland wohnen, gilt weiterhin die Briefwahl. Aber nicht alle 800'000 Auslandsschweizerinnen und -Schweizer haben dieselben Wahlrechte.

Nur in 13 von 26 Kantonen dürfen Auslandsschweizer auch den Ständerat wählen.

In 13 dürfen sie das nicht. Das ist, weil das Wahlrecht des Ständerats Sache der Kantone ist. Die 7'944 Freiburgerinnen und Freiburger im Ausland dürfen über die sieben Nationalratssitze und über die beiden Ständeratssitze des Kantons Freiburg entscheiden.

RadioFr. / Frapp - Philipp Bürgy / nschn
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