Akanji niedergeschlagen, Xhaka aufbauend

Ausgerechnet Manuel Akanji, der sich endgültig zum Führungsspieler entwickelt hat, verschiesst im EM-Viertelfinal gegen England als Einziger den Penalty. Captain Granit Xhaka kennt das Gefühl.

Trainer Murat Yakin tröstet Manuel Akanji, der im Penaltyschiessen gegen England nicht trifft © KEYSTONE/AP/Andreea Alexandru

Er hat die Verantwortung übernommen und ist gescheitert. Doch verkriechen wollte sich Akanji deswegen nicht. Der Winterthurer, der am 19. Juli 29 Jahre alt wird, trat vor die Medienschar und versuchte, seine Gefühle in Worte zu fassen. Das sei aber schwierig, erklärte der Verteidiger. Denn es tue immer noch sehr weh. "Wenn man als Einziger einen Penalty verschiesst, hat man das Gefühl, alle im Stich gelassen zu haben."

Es ist offensichtlich: Akanji ist untröstlich. Wie vor drei Jahren stand die Schweizer Nationalmannschaft an der EM kurz vor dem Halbfinal - diesmal vielleicht noch etwas näher als damals gegen Spanien. Auch damals hatte Akanji einen Penalty verschossen, war aber immerhin einer von drei Schützen, die nicht getroffen hatten. "Ich werde ein paar Tage brauchen, um das zu verdauen", sagte Akanji.

Xhakas unterstützende Worte

Granit Xhaka weiss genau, wie sich sein Teamkollege fühlt. 2016 erlebte er im Achtelfinal gegen Polen fast dasselbe, als er im Penaltyschiessen als Einziger verschoss. "So etwas macht einen stärker", sagte der Captain. Er sei sich sicher, dass "Manu" noch besser zurückkommen werde. "Wir werden ihn alle unterstützen."

Der Fehlschuss von Akanji war besonders bitter, weil er bis dahin das vielleicht beste Turnier seiner Karriere gespielt hatte. Er war der Chef in der Abwehr, gewann die Zweikämpfe und blockte reihenweise Schüsse. Um den Führungsspieler, der mit Manchester City zweimal in Folge englischer Meister wurde, liefen auch Fabian Schär und Ricardo Rodriguez zur Höchstform auf. "Manu verdient grossen Respekt", sagte Xhaka. "Er kann stolz sein auf seine Leistung in diesem Turnier und in dieser Saison."

Xhaka erklärte zudem, dass seine Adduktorenverletzung schlimmer sei als zunächst kommuniziert. Der Leverkusen-Legionär hat sich offenbar einen Muskelfaserriss zugezogen und musste im Spiel gegen England über 120 Minuten auf die Zähne beissen. "Ich habe gespürt, dass mich die Mannschaft braucht", erklärte der 31-Jährige seinen Einsatz. Umso schmerzhafter sei die Niederlage gewesen. "Penaltys sind eben auch Glückssache. Und das Glück war leider nicht auf unserer Seite."

Auch ein wenig Stolz

Trotz der Enttäuschung war für Xhaka und Akanji klar, dass die Mannschaft ein starkes Turnier gespielt hat. "Wir sind als Einheit aufgetreten, haben uns super verstanden und guten Fussball gespielt", resümierte Akanji. Ob es sogar die besten Leistungen waren, die er je im Schweizer Dress erlebt habe, sei jedoch schwer zu sagen. "Wir spielen seit einigen Jahren auf einem sehr hohen Niveau. Gegen die besten Mannschaften der Welt konnten wir stets mithalten."

Auch an diesem Samstagabend in Düsseldorf fehlte nicht viel zum ganz grossen Coup. "Das Weiterkommen wäre möglich gewesen", sagte Akanji. Doch dieses Wissen tröstet zumindest im Moment nur wenig.

SDA
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