Das neue Leben von Cedric Zimmermann

Für den 35-jährigen Cedric Zimmermann hat sich mit der Rückkehr zum SC Düdingen ein Kreis geschlossen. Wo er vor 17 Jahren seine Karriere startete, will der Goalie heute mit seinem immensen Erfahrungsschatz das Team stabilisieren.

Cedric Zimmermann soll dafür sorgen, dass der SC Düdingen in der 2. Liga interregional den Klassenerhalt schafft. © Charly Rappo

Cedric Zimmermann war zarte 16 1/2 Jahre alt, als er beim SC Düdingen in die erste Mannschaft integriert wurde. Zwei Tage nach seinem 18. Geburtstag – es war der 4. August 2007 – kam der Goalie bereits zu seinem ersten Einsatz in der 1. Liga. Es war der Startschuss einer Karriere, die ihn bis in die Challenge League geführt hat. Nun ist Zimmermann zurück auf dem Birchhölzli, wo er mit der Erfahrung seiner siebzehn Wanderjahre und seinen Paraden dafür sorgen soll, dass der SC Düdingen in der 2. Liga interregional den Klassenerhalt schafft. «Wir haben eine gute Mannschaft mit einem guten Mix aus erfahrenen Leuten, die wie ich in einer höheren Liga gespielt haben, und jungen Fussballern aus der Region», sagt der 35-Jährige. «Der SCD hat in den letzten Jahren wieder einen Schritt vorwärtsgemacht, jetzt geht es darum, uns in der 2. Liga inter zu stabilisieren.»

Harte Zeiten in Biel

Aufgewachsen in Golaten, in Kerzers zur Schule gegangen und das Fussballspielen erlernt, wurde das Talent von Cedric Zimmermann früh entdeckt. Beim Team AFF-FFV durchlief er alle Stufen bis zu den U19. Drei Jahre spielte er danach für Düdingen in der 1. Liga, ehe er das nächste Level erklomm und beim FC Freiburg in der Promotion League zwischen den Pfosten stand. Ein Jahr später stieg er zum FC Biel in die Challenge League auf. Es war ein rasanter Aufstieg – träumen erlaubt.

Wie jeder junge Fussballer hoffte auch Zimmermann auf eine Profikarriere, doch wie so mancher vor ihm wurde auch er von der knallharten Realität des Fussballbusiness eingeholt. «Ich hatte mit Laurent Walthert einen sehr guten Goalie vor mir, sodass ich nur zu zwei Einsätzen gekommen bin», erinnert er sich. «Wenn man einen so grossen Trainingsaufwand leistet und dann doch nie auf dem Platz steht, nagt das am Selbstvertrauen. Ich war in Biel nicht mehr glücklich, wollte lieber einen Schritt zurückgehen und dafür wieder spielen können.»

Eine andere Fussballwelt

Nach seiner zweieinhalb- jährigen Lehrzeit in der Challenge League zog Zimmermann mit einem prall gefüllten Rucksack weiter. Dreieinhalb Saisons trug er das Trikot des FC Bulle, ehe er 2017 zu Vevey United ging, um einen neuen Anlauf in der 1. Liga zu nehmen. «Vevey und Freiburg sind zwei ganz andere Fussballwelten», erinnert sich Zimmermann. In Vevey seien Spieler aus der Waadt, dem Wallis, aus Genf und Bulle gewesen. «Und es gab etliche französische Grenzgänger, die von dem Geld lebten, das sie in der Schweiz mit Fussball verdienten. Es gab so viele, die dir in Vevey deinen Platz wegnehmen wollten, dass du dich ständig neu beweisen musstest.» Dennoch blieb der Freiburger sechs Jahre am Ufer des Genfersees, zwei davon als Captain.

Ein Wechsel mit Nebengeräuschen

Es ist nicht so, dass sich Cedric Zimmermann beim SC Düdingen nicht ständig beweisen müsste, aber die Situation ist doch etwas anders. Das bestätigt indirekt auch Trainer Fabrizio Romano, wenn er erklärt, warum er im vergangenen Winter den 35-Jährigen engagiert hat. «In der Region gibt es zwei Goalies mit 1.-Liga-Format: Der eine ist Lukas Bucheli, der sich in der 3. Liga wohlfühlt und nicht höher spielen will. Der andere ist Cedric Zimmermann. Wenn du die Chance hast, ihn zu verpflichten, dann bist du ein Dummkopf, wenn du nicht zugreifst.»

Tatsächlich hatte der SCD den Kerzerser schon einige Male umgarnt, im vergangenen Februar zahlte sich die Hartnäckigkeit der Sensler aus. Die Verpflichtung von Zimmermann geschah aber zu einem Zeitpunkt, als die Düdinger mit einem Torverhältnis von +50 klarer Leader der 2. Liga waren. Bloss acht Gegentreffer hatte ihr damaliger Schlussmann Luca Aebischer in der Vorrunde kassiert. Von Goalieproblem konnte keine Rede sein, dennoch kam es zum Wechsel, was auf dem Birchhölzli für einige kritische Stimmen sorgte. «Menschlich haben wir unseren Goalies extrem wehgetan, als wir der bisherigen Nummer 1 gesagt haben, dass sie es nicht mehr ist, und einem Jungen erklärten, dass er nicht die Nummer 1 wird», ist sich Trainer Romano bewusst. «Aber sportlich war der Wechsel angesichts unserer Ambitionen, die über die regionale Fussballliga hinausgehen, nötig. Man sieht, dass es sich ausgezahlt hat.»

Ein Vorbild für die Jungen

Sehen kann man es an der grossen Ruhe, die Zimmermann im Tor ausstrahlt. Dank seiner Erfahrung von 200 1.-Liga-Partien versteht er es, seine Vorderleute zu dirigieren und zu organisieren. Auch mal wachzurütteln, wenn es sein muss. Selbst in hektischen Situationen behält er den Überblick und die Ruhe. Seine grösste Stärke hat der Mann der schnellen Reflexe auf der Linie, in der Luft fehlen dem 1,81 cm grossen Kerzerser zuweilen ein paar Zentimeter. Zudem versteht es Zimmermann bestens, mit seiner Spielübersicht von hinten heraus Chancen für seine Mannschaft einzuleiten. «Cedric ist ein positiver Spinner», sagt sein Trainer mit einem Schmunzeln. «So wie er mit seinen 35 Jahren trainiert, mit so viel Leidenschaft und Einsatz, ist er ein Vorbild für jeden jungen Spieler.»

Auch wenn Zimmermann als Nummer 1 beim SCD momentan unangetastet ist, denkt er nicht daran, es etwas gemächlicher anzugehen. Der Mann ist auf Leistung konditioniert. «Man spielt, wie man trainiert», lautet sein Motto. «Nur wenn man im Training an seine Leistungsgrenze geht, klappt das auch im Match.» Das Mentale sei bei einem Goalie besonders wichtig, und das Selbstvertrauen hole man sich in erster Linie mit Big Saves während der Spiele. «Die gelingen dir aber nur, wenn du voll da bist.» Und sowieso sei er sehr ehrgeizig und hasse es, zu verlieren.

Cedric Zimmermann hat un Bern Liebefeld eine Kaffee-Bar eröffnet. Bild: zvg

Zimmermann, der Barista

Sein Ehrgeiz hat Zimmermann, der in Bern wohnt, auch dazu bewogen, in Liebefeld eine Kaffee-Bar zu eröffnen. «Ich bin ein leidenschaftlicher Kaffeetrinker und habe mir vor einem Jahr mit der Eröffnung der Bar einen Traum verwirklicht.» Jeweils morgens bedient er seine Kunden, nachmittags arbeitet er wie anhin als Sachbearbeiter im Brandschutz. «Da ich seit November Vater bin, wollte ich zumindest zu 50 Prozent ein gesichertes Einkommen haben», erklärt er. Die Bar laufe gut, sein Lokal befinde sich neben einer Bushaltestelle, wodurch er viel Kaffee to go verkaufe.

Eine neue Lebensqualität

In Bewegung ist auch das Privatleben des Baristas. Die Geburt seiner Tochter Lia war der schöne Grund, warum es Zimmermann vom FC Langenthal, wo er nach seinem Weggang von Vevey ein Jahr unter Vertrag war, nach Düdingen zog. «Ich will mehr Zeit für meine Familie haben und wollte nicht mehr viermal pro Woche nach Langenthal fahren müssen», erklärt der stolze Papi. «Eigentlich wollte ich die Saison mit Langenthal beenden, aber dann habe ich gemerkt, dass es nicht mehr passt, so oft erst spätabends nach Hause zu kommen.» Das Angebot von Düdingen sei deshalb im letzten Winter genau zur rechten Zeit eingetroffen. «Beim SCD dauert das Training von 18.15 bis 19.45 Uhr. Um 20.15 Uhr bin ich bereits wieder zu Hause. Das ist eine ganz andere Lebensqualität als etwa bei Vevey, wo ich jeweils über eine Stunde unterwegs war», weiss der 35-Jährige seine neue Lebenssituation zu schätzen.

Babywindeln anstatt Siegerbier

Der Familienzuwachs wirkt sich bei Zimmermann aber noch anders aus. «Die Nächte sind nicht mehr ganz so ungestört wie vorher», verrät er mit einem Lachen. «Meine ganze Regeneration, die Erholungsphasen und die Matchvorbereitung haben sich total verschoben.» Da habe er einiges anpassen müssen. «Auch nach den Trainings bin ich nicht mehr ewig in den Vestiaires, und das Bier nach dem Match fällt öfters aus. Aber das ist ok so.»

Auch wenn sich die Werte beim Familienvater durch die Geburt seiner Tochter verschoben haben, ans Aufhören denkt der Goalie noch lange nicht. «Ich würde gerne noch vier, fünf Jahre für den SCD spielen.» Cedric Zimmermann hat nicht vergessen, wo er gross geworden ist. «Es war Düdingen, das mir als Teenager den Startschuss für eine schöne und lange 1.-Liga-Karriere ermöglicht hat. Jetzt möchte ich etwas zurückgeben.»

Freiburger Nachrichten - Redaktion / Michel Spicher
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