Ein Aufschwung mit Hilfe in Genf und Lugano

Am Sonntag treffen im 99. Schweizer Cupfinal mit Lugano und Servette zwei Klubs aufeinander, die mit etwas Hilfe ein Comeback an die Spitze geschafft haben.

Der Genfer Miroslav Stevanovic im Duell mit dem Luganese Albian Hajdar © KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
Didier Fischer zieht die Fäden bei Servette © KEYSTONE/SALVATORE DI NOLFI
Joe Mansueto ist der milliardenschwere Besitzer vom FC Lugano © KEYSTONE/TI-PRESS/ALESSANDRO CRINARI
Mattia Croci-Torti ist ein Glücksfall für den FC Lugano © KEYSTONE/MARTIAL TREZZINI
Jonathan Sabbatini hat seinen im Sommer auslaufenden Vertrag noch nicht verlängert © KEYSTONE/TI-PRESS/Alessandro Crinari
Timothé Cognat schoss den Siegtreffer im Cup-Halbfinal gegen Winterthur © KEYSTONE/CHRISTIAN MERZ
Lugano, Cupsieger 2022 dank dem Finalsieg gegen St. Gallen © KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE
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Lugano und Servette verbindet einiges: Eine Vergangenheit geprägt von manchmal zweifelhaften Geldgebern, ein tiefer Absturz und eine Rückkehr an die Spitze des Schweizer Fussballs dank potenter, aber auch zurückhaltender Investoren. In dieser Saison konnten beide zwischenzeitlich vom Titel in der Super League träumen und werden am Sonntag einen Cupfinal bestreiten, der - es kommt selten genug vor, um es zu erwähnen - ohne Deutschschweizer Beteiligung stattfindet.

Vielleicht ist es eine Regel, die im Schweizer Fussball von Nutzen sein kann: Je leiser eine Investor auftritt, desto seriöser ist er. Speziell in Genf bestätigt die Aufzählung all jener, die sich am Servette FC versucht haben, diese These. In den letzten gut 20 Jahren gab es den französischen Spielervermittler Marc Roger, den iranischen Geschäftsmann Majid Pishyar und den kanadischen Sportfunktionär Hugh Quennec. Alle waren sie laut, optimistisch und sehr präsent und alle trieben sie den Genfer Klub in den Ruin.

Die Besitzer

Der nachhaltige Neustart von Servette begann im Sommer 2015 in der Promotion League mit dem Einstieg vom Genfer Geschäftsmann Didier Fischer, der der extra dafür gegründeten Fondation 1890 vorsteht, die von der Stiftung Hans Wilsdorf kontrolliert wird. Was kompliziert tönt, ist im Grunde genommen einfach: Servette geniesst seit einigen Jahren die Unterstützung von Rolex. Die Stiftung Hans Wilsdorf ist der Besitzer des nicht an der Börse gehandelten Uhrenherstellers, dessen Jahresumsatz Schätzungen zufolge über zehn Milliarden Franken beträgt.

Beim FC Lugano stieg der amerikanischen Milliardär Joe Mansueto im Herbst 2021 ein. Der 67-Jährige, dessen Vermögen sich gemäss den Rechnungen des Medienkonzerns Forbes auf 6,3 Milliarden Dollar beläuft, besitzt auch die in der nordamerikanischen Major League Soccer spielenden Chicago Fire um Xherdan Shaqiri. Er hat sich in der Führungsetage mit zwei bekannten Schweizer Experten im Fussballbusiness verstärkt: Martin Blaser ist der CEO des FC Lugano, und Georg Heitz ist Sportchef im Tessin und in Chicago.

Die Aushängeschilder

An Identifikationsfiguren mangelt es dem FC Lugano nicht. Kurz nachdem bekannt wurde, dass Mansueto den Klub übernimmt, erhielt Mattia Croci-Torti zunächst interimsmässig den Trainerposten. Seither ist der 42-Jährige auch zum Gesicht des Klubs geworden. Mit seinem Elan und der scheinbar unbändigen Energie vermittelt er ein Bild von einem Klub und einer Mannschaft, die nach vorne will. Wie der frühere Assistenzcoach Croci-Torti sind auch die Spieler Mattia Bottani und vor allem Captain Jonathan Sabbatini schon seit geraumer Zeit beim Tessiner Klub.

Auch bei Servette geht man bei der Entwicklung der Mannschaft behutsam vor. Geduldig haben sich die Genfer in den fünf Saisons seit dem Wiederaufstieg 2019 verbessert. Diverse Spieler wie Alexis Antunes, Jérémy Frick, Miroslav Stevanovic oder Timothé Cognat sind schon seit der Rückkehr in die Super League im Klub. Auch Trainer Alain Geiger war eine Konstante, bevor er im letzten Sommer René Weiler Platz machen musste. Die Nachwuchsakademie wird von Massimo Lombardo, dem ehemaligen Spieler, geleitet.

Die Probleme

Die richtige Balance zwischen Fortschritt und Kontinuität zu finden, erweist sich als nicht einfach. Die Absetzung von Geiger in Genf in einer erfolgreichen Zeit schlug hohe Wellen. Mit Philippe Senderos war Anfang 2023 schon der Sportchef weggezogen, und in den letzten beiden Jahren wechselte zweimal der Präsident. Derzeit hat Servette weder einen Sportchef noch einen Präsidenten. Didier Fischer muss am Organigramm arbeiten. Die "Tribune de Genève" spekuliert, dass Weiler womöglich den Posten des Sportchefs übernimmt - entweder als eigenständige Stelle oder in Kombination mit dem Traineramt.

In Lugano gibt derzeit ein Spieler zu reden. Der Vertrag von Jonathan Sabbatini läuft Ende Juni aus und wurde bisher sehr zum Ärger der Fans nicht verlängert. Der Uruguayer ist der Dienstälteste im Kader der Tessiner. Der 36-Jährige war als einziger neben Bottani schon im Team, als Lugano 2016 den Cupfinal gegen Zürich verlor. Zuletzt ist Lugano zu einem richtigen Cup-Spezialisten geworden. In den letzten drei Jahren erreichte man dreimal den Final. Dass verhinderte aber nicht Kritik an Blaser, der gegenüber RSI am Sonntag zum Fall Sabbatini meinte: "Man muss vorsichtig mit Urteilen sein, wenn man nicht alle Fakten kennt."

Die Zukunft

Mit dem Cupsieg 2022 ist Lugano in seiner jüngsten Entwicklung einen Schritt weiter als Servette, das am Sonntag die erste Trophäe seit 23 Jahren anpeilt. Aber der Tessiner Weg ist noch recht weit, um einigermassen dort anzukommen, wo etwa YB steht. Den Verantwortlichen um CEO Blaser schwebt dank dem neuen Stadion, das Mitte 2026 stehen soll, eine Verdoppelung des Zuschauerschnitts auf rund 7000 vor. Mit einer Erlebnis-Arena, die auch Touristen anlocken soll, will der FC Lugano seine Identität schärfen und Einnahmen generieren. Von einem "Boutique-Klub", klein aber fein, ist die Rede.

Servette, mit seinen 17 Meistertiteln und sieben Cupsiegen, kann grösser planen, muss aber wie Lugano für eine noch erfolgreichere Zukunft mehr Anhänger ins Stadion locken als die knapp 7000, die während der Super-League-Saison im Schnitt gekommen sind. Dass das Potenzial vorhanden ist, zeigte sich im Europacup, als immer mehr als 15'000 pro Spiel im Stade de Genève Platz nahmen.

Aber das Wichtigste: Bei allen kolportierten Zahlen muss weder Lugano noch Servette heute Angst vor solchen in tiefrot haben. So lässt sich die Zukunft angenehmer planen - Cupsieg am Sonntag hin oder her.

Die beiden Cupfinalisten in Zahlen

FC Lugano. Schweizer Meister (3): 1938, 1941, 1949. Cupsieger (4): 1931, 1968, 1993, 2022. Verlorene Cupfinals (6): 1943, 1952, 1971, 1992, 2016, 2023. - Trainer Mattia Croci-Torti.

Der Weg in den Final. 1. Runde: Gunzwil (2.) - Lugano 0:7. - Sechzehntelfinals: Lancy (2.i.) - Lugano 0:3. - Achtelfinals: Lausanne-Sport - Lugano 0:4. - Viertelfinals: Basel - Lugano 2:2; 3:4 i.P. - Halbfinals: Sion (ChL) - Lugano 0:2.

Servette. Schweizer Meister (17): 1907. 1918, 1922, 1925, 1926, 1930, 1933, 1934, 1940, 1946, 1950, 1961, 1962, 1979, 1985, 1994, 1999. Cupsieger (7): 1928, 1949, 1971, 1978, 1979, 1984, 2001. - Verlorene Cupfinals (12): 1934, 1936, 1938, 1941, 1959, 1965, 1966, 1976, 1983, 1986, 1987, 1996. - Trainer: René Weiler.

Der Weg in den Final. 1. Runde. Meyrin (1.) - Servette 0:8. - Sechzehntelfinals: Bulle (PL) Servette 1:4. - Achtelfinals: Servette - Stade Lausanne-Ouchy 1:1; 4:1 i.P. - Viertelfinals: Delémont (PL) - Servette 0:2. - Halbfinals: Winterthur - Servette 0:1.

SDA
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