Ein italienisches Duell und ein Klassiker

Dank der Direktbegegnung Milan - Napoli wird erstmals seit fünf Jahren ein italienisches Team die Halbfinals der Champions League erreichen. Ein echtes Frühlingserwachen oder ein Ausreisser nach oben?

Überragende Saison: Der Georgier Chwitscha Kwarazchelia (li.) hat grossen Anteil am Höhenflug Napolis © KEYSTONE/AP/Alessandro Garofalo
Auch Milan weiss mit dem Portugiesen Rafael Leão einen starken Jungstar in seinen Reihen © KEYSTONE/EPA/CIRO FUSCO
Napolis grosses Fragezeichen: Goalgetter Victor Osimhen ist angeschlagen und sein Einsatz fraglich © KEYSTONE/EPA ANSA/CIRO FUSCO
Rekordsieger und Titelverteidiger: Real Madrid © KEYSTONE/EPA/YOAN VALAT
Chelseas Hoffnungsträger steht an der Seitenlinie: Klubikone und Trainer-Rückkehrer Frank Lampard © KEYSTONE/EPA/PETER POWELL
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Weder Medien noch Tifosi im "Bel paese" neigen zu übermässiger Zurückhaltung. Nach dem gleich doppelten Verpassen der letzten beiden Weltmeisterschaften wurde der Untergang des Calcio prophezeit, nach dem sensationellen Gewinn der EM 2021 war die Euphorie kurzzeitig grenzenlos. Da kann die Schlagzeile der "Gazzetta dello Sport" kaum verwundern: "Forza, Leute, Europa wartet auf uns. Lasst es uns erobern."

Mit Inter Mailand (am Dienstagabend gegen Benfica Lissabon), Meister Milan und Napoli schafften es gleich drei Vertreter der Serie A in die Viertelfinals - und da Milan und der designierte neue Meister am Mittwoch und kommende Woche aufeinander treffen, wird erstmals seit 2018 ein italienischer Verein unter den letzten vier figurieren.

Duell der Jungstars

Napoli spielt eine überragende Saison. In der Meisterschaft gab es in 29 Runden nur drei Niederlagen, in der Champions League in acht Partien sieben Siege. Mit dem 22-jährigen Georgier Chwitscha Kwarazchelia gelang den Süditalienern ein wahrer Transfercoup. Sogar der ein Jahr ältere Jungstar des Gegners schwärmt vom dribbelstarken linken Flügel. "Ich bin ein Fan von ihm", sagt Milans Rafael Leão. "Ich liebe es, was er auf dem Platz macht."

Kwarazchelia und Leaõ sind die Art von Spektakelmachern, die Italiens Serie A braucht, um im Buhlen um internationale Aufmerksamkeit und lukrative TV-Verträge den Anschluss an die grossen Ligen wieder wettzumachen. Und wo ist die Plattform, um sich einen Namen zu machen, grösser als in der Endphase der Champions League?

Milan ist auf diesen Erfolg noch mehr angewiesen als Napoli, das angesichts des sich abzeichnenden ersten Meistertitels nach 33 Jahren und der Ära Maradona, sowieso in Euphorie badet. In der Serie A belegen die Mailänder nur den 4. Platz und müssen um die Champions-League-Qualifikation zittern. Satte 22 Punkte mehr hat Napoli in der heimischen Meisterschaft gewonnen.

Dennoch gibt es zwei Fakten, die Milan hoffen lassen: Vor zehn Tagen deklassierten die Rossoneri den Leader in dessen Stadion mit 4:0. Ausserdem ist der Einsatz von Napolis Topskorer Victor Osimhen fraglich. Der Nigerianer trainierte nicht mit dem Team. Und vielleicht ein gutes Omen: Als Napoli letztmals italienischer Meister wurde, gewann Milan den damaligen Meistercup.

Ungleiches Duell der Giganten

Ob der viel versprechende italienische Frühling einen strahlenden Sommer einläutet oder sich als kurzlebiger Ausreisser erweist, muss sich erst noch zeigen. Die Favoriten auf Europas Krone sind - wie beim EM-Titel 2021 - andere. Zum Beispiel der Titelverteidiger Real Madrid. Im Viertelfinal kommt es gegen Chelsea zum Duell der letzten beiden Champions-League-Sieger. Es ist ein Klassiker, der zum dritten Mal in Folge stattfindet: 2021 gewann Chelsea im Halbfinal, vor einem Jahr Real im Viertelfinal.

Diesmal ist die Favoritenrolle klar verteilt. Die Londoner holten aus den letzten vier Premier-League-Partien nur zwei Punkte und belegen trotz Transferoffensive den miserablen 11. Platz. Trainer-Rückkehrer Frank Lampard dürfte für eine Wende kaum reichen.

SDA
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