Konzertabsagen häufen sich – eine Spurensuche in der Region

"Abgesagt" oder "verschoben". Diese Worte waren in letzter Zeit vermehrt auch bei Konzerten in der Region zu lesen. Was steckt dahinter?

Ein Teil des Fri-Son-Teams: Léa Romanens, Alexis Rüeger und Martina Kull (v.l.n.r.) © RadioFr.

"Aus Gründen, die ausserhalb unserer Kontrolle liegen, muss das Konzert leider abgesagt werden." Das hiess es etwa auf der Homepage des Freiburger Konzertlokals Fri-Son in den vergangenen zwei Monaten gleich drei Mal.

Termin- und Logistikprobleme, Inflation und Pandemie

Es betraf die Show der US-Musikerin Ezra Furman, welche ihren Freiburger Auftritt im November nach eigenen Angaben "wegen Termin- und Logistikproblemen" absagen musste. Ihr Konzert abgesagt hat auch die US-Experimental-Band Animal Collective. Die Amerikaner wollten im Fri-Son knapp zehn Tage später auftreten. Sie offenbarten ihr Scheitern am "Berg von Tournee-Hindernissen im Zusammenhang mit COVID und der Wirtschaft".

Wir haben eine Realität gesehen, die nicht tragbar ist.

Statement von Animal Collective

Drei von vier Bandmitglieder seien schwer an Covid erkrankt – man habe einen grossen Teil der Einnahmen verloren und habe eine wirtschaftliche Realität gesehen, die "einfach nicht funktioniert und nicht tragbar ist". Inflation sowie aufgeblähte Versand- und Transportkosten waren weitere Stichworte im Statement von Animal Collective.

Wir wollen etwas Grösseres erreichen.

Statement von Thy Art ist Murder

Die im Fri-Son für Anfang Dezember geplante Show von Thy Art is Murder kam ebenfalls nicht zustande – die Europatour wurde zum wiederholten Mal abgesagt. Das erste Mal gab das Metal-Quintett aus Australien pandemiebedingte Gründe an. Im jüngsten Statement schrieben die Bandmitglieder, sie müssten absagen, „um etwas Grösseres zu erreichen, das wir schon seit Beginn unserer Karriere machen wollten“.

"Es ist eine grosse Überforderung da“

Neben den oben beschriebenen Schwierigkeiten der Bands sieht das Fri-Son-Team auch Probleme beim Personal rundherum. Man vergesse oft, welchen Apparat es brauche, um so ein Konzert auf die Beine zu stellen, sagt etwa die künstlerische Leiterin Martina Kull. Der Staff der Konzertbranche sei nach der Pandemie rasant von null auf hundert hochgefahren worden – nun sei sehr viel Überforderung zu beobachten.

Das Fri-Son von der Route de la Fonderie aus gesehen. (RadioFr.)

Viele sind aufgewacht in der Pandemie.

Martina Kull, künstlerische Leiterin Fri-Son

Für Martina Kull vom Fri-Son war die Pandemie einfach der Auslöser für die vielen Konzertabsagen. "Viele sind aufgewacht in dieser Zeit – man war zur Ruhe gekommen", sagt sie. Dass das Hamsterrad mit täglichen Konzerten so rasch wieder zu drehen begonnen habe, sei für viele zu viel gewesen.

20-Stunden-Tage sind nicht normal.

Fri-Son-Team

Obwohl man als Veranstalter in der 40-jährigen Geschichte noch kein Konzert habe absagen müssen, brauche es im Fri-Son, wie auch in der Kulturszene generell einen Kulturwandel. 20-Stunden-Tage seien nicht normal, aber noch immer eine Realität, heisst es aus dem Fri-Son-Team.

Planung, Fairness und Trends

Auch kleinere Bands wollten immer langfristiger planen, sagt Kull. Das Publikum aber entscheide sich teils sehr kurzfristig, Tickets für ein Konzert zu kaufen. Das macht nicht zuletzt die finanzielle Tourplanung für Musikerinnen, Künstler und Veranstalter schwierig. Gerade weil die Bands aufgrund der Teuerung generell höhere Tourkosten verzeichnen, werden als Grund für Absagen vermehrt auch wirtschaftliche Gründe genannt.

Jede Absage ist traurig.

Daniel Fontana, Programmator Bad Bonn
Daniel Fontana, Programmator des Bad Bonn in Düdingen. (Keystone)

"Auch wir haben in 33 Jahren als Veranstalter noch kein Konzert abgesagt", sagt Daniel "Duex" Fontana, der Programmator des Bad Bonn in Düdingen. Wie für das Fri-Son-Team ist eine Absage auch für die Equipe des Bad Bonn traurig. Fontana sieht die Veranstalter jedoch generell in der Pflicht, Acts zu engagieren, die sie wirklich bei sich wollten, für die sie sich engagierten und weniger aktuellen Trends zu verfallen.

Gewisse Bands akzeptieren zu schlechte Bedingungen.

Daniel Fontana, Programmator Bad Bonn

„Als geförderter Konzertort ist es unsere Aufgabe, die Bands korrekt zu zahlen und nicht irgendwelche Schnäppchen zu jagen“, sagt Fontana. Die Bands würden im Eifer oftmals zu schlechte Bedingungen akzeptieren, worauf ihre Planung finanziell und zeitlich nicht aufgehe und es auch deswegen zu Absagen komme.

Bleibt zu hoffen, dass die multiplen Krisen die Konzertbranche künftig weniger stark prägen. Und dass „abgesagt“ oder „verschoben“ in den Konzertkalendern des aktuellen Jahres weniger oft Verwendung finden.

RadioFr. - Tobias Brunner
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