Gefechte im Sudan halten an

Die schwere Staatskrise im Sudan hat sich mit weiteren Kämpfen zwischen der Armee und einer wichtigen paramilitärischen Gruppe fortgesetzt.

Rauch steigt aus einem Wohnviertel auf. Foto: Marwan Ali/AP © Keystone/AP/Marwan Ali

In der Hauptstadt Khartum kam es erneut zu Artilleriegefechten, wie auf Videos örtlicher Medien zu sehen war. Berichtet wurde zudem über Luftangriffe der sudanesischen Luftwaffe auf Stützpunkte der Paramilitärs. Befürchtet wird, dass den seit Samstagmorgen anhaltenden Kämpfen zahlreiche Menschen zum Opfer gefallen sind.

Hintergrund ist ein Machtkampf zwischen Sudans Machthaber General Abdel Fattah al-Burhan und seinem Vize Mohammed Hamdan Daglo, Anführer der bewaffneten Rapid Support Forces (RSF). Die Armee hat seit dem Sturz des Langzeitmachthabers Omar al-Baschir 2019 und einem weiteren Putsch gegen eine daraufhin eingesetzte - faktisch aber vom Militär kontrollierte - Zivilregierung 2021 die Kontrolle über das nordostafrikanische Land mit rund 46 Millionen Einwohnern. An dem Putsch vor zwei Jahren waren auch die RSF beteiligt.

Im Zuge des geplanten Übergangs zu einer zivilen Führung des Landes sollten die Paramilitärs in die regulären Streitkräfte eingegliedert werden, was zu Spannungen führte. Daglo unterstellt al-Burhan, sein Amt als De-Facto-Staatschef nicht aufgeben zu wollen.

Die RSF behaupteten am späten Samstagabend bei Twitter, 90 Prozent der vom Militär kontrollierten Gebiete im Sudan übernommen zu haben und in die Kommandozentrale der Armee eingedrungen zu sein. Die Armee wies dies als Lügen zurück. Wer in der Hauptstadt zurzeit die Oberhand hat, ist unklar. Das Militär gab sich jedenfalls unversöhnlich: Einen Dialog oder Verhandlungen mit den RSF werde es nicht geben, die Gruppe müsse sich erst auflösen, hiess es in einer über Facebook verbreiteten Stellungnahme.

Die Eskalation der Gewalt löste weltweit Besorgnis aus. UN-Generalsekretär António Guterres forderte die Konfliktparteien auf, "die Feindseligkeiten unverzüglich einzustellen, die Ruhe wiederherzustellen und einen Dialog zur Lösung der aktuellen Krise einzuleiten". Guterres telefonierte am Samstagabend mit RSF-General Daglo. Auch US-Aussenminister Antony Blinken und der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell forderten ein Ende der Gewalt. Am kommenden Montag soll der UN-Sicherheitsrat auf Antrag Grossbritanniens zur Lage im Sudan beraten.

Al-Burhan hatte dem RSF am Samstag in einem Interview des Fernsehsender Al-Dschasira Angriffe auf strategische Ziele und sein Haus vorgeworfen. RSF-Anführer Daglo forderte, al-Burhan und seine Verbündeten vor Gericht zu bringen. Sein Rivale sei schuld an dem Konflikt und werde entweder gefangen genommen "oder wie ein Hund sterben", sagte Daglo Al-Dschasira.

Die RSF hatten erst vor wenigen Tagen ihre Einheiten mobilisiert, nachdem das Militär die Ernennung eines Premierministers und damit die Machtübergabe erneut verzögert hatte. Beobachter werteten die Mobilisierung als Drohgebärde Daglos gegen den Oberbefehlshaber al-Burhan. Zuletzt hatte sich Daglo für einen schnellen Übergang zu einer Zivilregierung ausgesprochen und sich damit in Opposition zu al-Burhan gestellt.

Die RSF hatten sich 2013 aus Milizen im westlichen Bundesstaat Darfur zusammengeschlossen. Bei dem jahrzehntelangen Konflikt dort galten die RSF als brutal agierende Unterstützer der arabisch dominierten Regierung, die gewaltsam gegen die afrikanische Minderheit vorgingen. Die Gruppe und ihr Anführer Daglo wurden für Massenvergewaltigungen und andere schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen verantwortlich gemacht.

Nach dem Sturz von Machthaber al-Baschir 2019 galt Daglo als mächtigster Mann im Sudan. Die Regierungsgeschäfte übernahm aber al-Burhan, der Generalinspekteur der sudanesischen Streitkräfte. Dieser revanchierte sich bei Daglo und verzichtete zunächst darauf, die RSF in das staatliche Militär einzugliedern. Daglo wurde al-Burhans Stellvertreter im regierenden Übergangsrat.

SDA
...