Grösser, lukrativer - und winterlich kalt

Am Donnerstag beginnt die neunte Weltmeisterschaft der Frauen in Australien und Neuseeland. Es soll ein Turnier in noch nie da gewesenen Dimensionen werden.

Das WM-Maskottchen Tazuni © KEYSTONE/EPA/HOW HWEE YOUNG

Was ist neu an dieser Weltmeisterschaft?

Die FIFA ist bekannt dafür, in jeglichen Bereichen des Fussballs Wachstum anzustreben. Insofern überrascht es nicht, ist diese neunte Weltmeisterschaft der Frauen das bisher grösste Turnier überhaupt. Denn nur wenige Wochen, nachdem die USA in der Ausgabe 2019 in Lyon gegen die Niederlande ihren zweiten Titel in Folge gefeiert hatten, verkündete Gianni Infantino, dass das Turnier von 24 auf 32 Teams aufgestockt werde.

Denn, so die Begründung des FIFA-Präsidenten, so hätten mehr Nationen die Möglichkeit, an einer WM teilzunehmen, und die Aussicht, an so einem Turnier teilnehmen zu dürfen, sei der beste Katalysator für die Entwicklung des Fussballs für die jeweiligen Verbände. Es ist auch die erste WM, die von zwei Gastgeberländern durchgeführt wird, und auf zehn verschiedene Stadien wurden die nun 64 Partien noch nie verteilt.

Welche Teams gehören zu den Favoriten?

Die offensichtliche Antwort auf diese Frage kann nur mit drei Buchstaben beantwortet werden: USA. Die Amerikanerinnen haben die letzten zwei Weltmeisterschaften gewonnen, überhaupt haben sie die Hälfte der bisher acht Turniere für sich entschieden und nie schlechter als auf Rang 3 abgeschlossen. Und dem Team von Vlatko Andonovski bietet sich Down Under eine historische Chance: Noch nie hat ein Nationalteam – bei den Frauen oder bei den Männern – drei Weltmeisterschaften hintereinander gewonnen.

Dieser mögliche Eintrag in die Geschichtsbücher dürfte Superstar Meghan Rapinoe bei ihrer letzten WM zusammen mit ihren Teamkolleginnen besonders anstacheln. Aber der Druck ist gross, ausser Siege wird in den Vereinigten Staaten nichts geduldet. Als 2021 bei den Olympischen Spielen in Tokio lediglich die Bronzemedaille geholt wurde, nahm der Gegenwind für Trainer Andonovski deutlich zu.

Mögliche Profiteure eines potenziellen US-Ausrutschers kommen primär aus Europa: Die zweifachen Weltmeisterinnen Deutschland, die aktuellen Europameisterinnen England, aber auch Frankreich, Spanien, Schweden und die Niederlande sind stark einzuschätzen. Und da ist natürlich Brasilien, das bei den Frauen nach wie vor keinen WM-Titel holen konnte. Vielleicht gelingt das zum Abschied von Ikone Marta.

Welche Teams haben das Potenzial zu überraschen?

Gastgeberländern wird aufgrund ihres Heimvorteils bei solchen Turnieren immer wieder die Rolle des Überraschungsteams zugeschrieben. Und die Australierinnen könnten durchaus für Furore sorgen. Die Hoffnung beruht dabei vor allem auf einer Person: Sam Kerr. Die 29-Jährige hat sich in ihrer Karriere schon in Australien, den USA und in England die Auszeichnung als beste Torschützin verdient. Seit 2019 geht sie für Chelsea auf Torejagd und hat in 65 Partien beachtliche 53 Treffer erzielt. Im FA-Cup-Final gegen Manchester United gelang Kerr das entscheidende Tor. Als klassische Strafraumstürmerin besitzt sie die Gabe, aus dem vermeintlichen Nichts zu treffen.

Gelingt ihr das auch an der WM, besitzt Australien gute Chancen, erstmals seit 2015 in die Viertelfinals einzuziehen. Aber Kerr und Konsorten wollen natürlich mehr. Sie träumen vom Final am 20. August in Sydney vor 83'500 euphorisierten Fans. Die Neuseeländerinnen sind derweil zum sechsten Mal dabei und wollen erstmals die Gruppenphase überstehen.

Wie gross ist die Euphorie in den beiden Gastgeberländern Australien und Neuseeland?

Rund 1,25 Millionen Tickets sind für die 64 Partien bis anhin verkauft worden. Der Zuschauerrekord der WM in Kanada 2015 von 1'353'506 könnte also durchaus fallen. Dennoch ist die Euphorie in den beiden Gastgeberländern nicht gleich gross. Nur rund 320'000 Tickets wurden in Neuseeland verkauft, und von den 29 Partien sind bis anhin nur deren sechs nahezu ausverkauft. Um leeren Stadien entgegenzuwirken, wurden schon in diversen Aktionen Eintrittskarten verschenkt.

Was gibt es für die Spielerinnen an dieser WM zu gewinnen?

Sportlicher Erfolg zahlt sich an der Weltmeisterschaft im australisch-neuseeländischen Winter so sehr aus wie nie. Rund 100 Millionen Franken werden an die 32 teilnehmenden Verbände ausgeschüttet, was knapp viermal mehr ist als bei der letzten WM 2019 in Frankreich. Für die Teilnahme an der Gruppenphase erhält ein Verband rund 1,4 Millionen Franken, schafft die Schweiz die angestrebte Achtelfinal-Qualifikation wären es rund 1,7 Millionen Franken. Jede Spielerin erhält zudem rund 27'000 Franken für die Gruppenphase-Teilnahme beziehungsweise das Doppelte bei einem Vorstoss in die Achtelfinals.

Die Weltmeisterinnen werden mit 3,9 Millionen (Verband) beziehungsweise 245'000 Franken (pro Spielerin) belohnt. Ob der SFV zu diesen von der FIFA ausbezahlten Prämien weitere Mittel ausschütten wird, ist Gegenstand von Verhandlungen.

SDA
...