Grösser - und auch besser?

Neuer Modus, mehr Teams, mehr Spiele: Die Super League wächst nach 20 Jahren zur Zwölferliga. Ob grösser auch besser ist, muss sich zeigen. Der Favorit bleibt der Gleiche.

Viel Elan in Bern: Die Young Boys um Captain Fabian Lustenberger sind auch 2023/24 der grosse Favorit © KEYSTONE/ALESSANDRO DELLA VALLE
Neue Farben in der Super League: Die Aufsteiger Yverdon und Lausanne-Sport (sowie Lausanne-Ouchy, nicht im Bild) bringen frischen Wind in die neue Zwölferliga © KEYSTONE/JEAN-CHRISTOPHE BOTT
Tessiner Klub auf fruchtbarem Boden: Lugano Trainer Mattia Croci-Torti beobachtet im Training den Neuzugang Shkelqim Vladi © KEYSTONE/TI-PRESS/Massimo Piccoli
St. Gallens Präsident Matthias Hüppi verfolgt das Trainingsgeschehen in seinem Klub - dem Vernehmen nach brodelt es hinter den Kulissen © KEYSTONE/GIAN EHRENZELLER
Viel Betrieb am Rheinknie: Beim FC Basel herrscht auch in diesem Sommer ein munteres Kommen und Gehen © KEYSTONE/PATRICK STRAUB
Basels neuer Trainer Timo Schulz hat keine leichte Aufgabe angesichts der vielen personellen Rochaden © KEYSTONE/GEORGIOS KEFALAS
Yverdons Trainer Marco Schällibaum bei der Aufstiegsfeier - Teamstützen wie Koro Koné sind inzwischen nicht mehr im Klub © KEYSTONE/WALTER BIERI
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Als die 20 Klubs aus den höchsten beiden Ligen im Mai 2022 über die Aufstockung der Super League von zehn auf zwölf Teams abstimmten, herrschte Konsens: Alle wünschten sich eine grössere Liga. 16 der 20 Vereine stimmten auch für die Einführung von Playoffs. Doch wie schnell der Wind drehen kann, zeigte sich ein halbes Jahr später. Statt vier waren jetzt wieder zwölf Klubs gegen den Playoff-Modus, der bei den Fans überwiegend auf Ablehnung stiess. Man einigte sich auf das Schottland-Modell mit einer Zweiteilung der Liga nach 33 Runden in eine Finalrunde und eine Abstiegsrunde.

In der 21. Saison der Super League unterliegen Zwölferliga und Schottland-Modell nun dem Praxistest. Dabei sind die Vorboten gespalten: Drei Aufsteiger bringen frischen Wind in den sich bisweilen repetitiv anfühlenden Ligabetrieb. Winterthur freut sich, im Kampf um den Ligaerhalt nicht mehr der krasse Aussenseiter zu sein. Einige Klubs im Mittelfeld dürften früher von der Abstiegsgefahr befreit sein und damit mehr Planungssicherheit haben.

Drei Aufsteiger aus dem selben Kanton

Mit nun vier Teams ist die Romandie dank den Aufsteigern Yverdon, Lausanne-Sport und Lausanne-Ouchy wieder gebührend vertreten in der Super League, in der jetzt fast die Hälfte der Klubs in den Händen ausländischer Investoren sind. Allerdings kommen die drei Promovierten alle aus dem gleichen Kanton, und sind Yverdon und Lausanne-Ouchy, im Gegensatz zum Absteiger Sion, keine Zuschauermagnete.

Nach der Rekordsaison mit mehr als 13'000 Zuschauern pro Match wird der Durchschnitt in der kommenden Saison daher wieder sinken, selbst wenn die Stadien der Aufsteiger in jedem Heimspiel ausverkauft wären. Der FC Aarau, Aufstiegsaspirant seit dem Abstieg 2015, spielt trotz der durch die Aufstockung weit geöffneten Tür weiter in der Challenge League.

Hinten Yverdon und Ouchy, vorne YB

Die mit vergleichsweise bescheidenen Mitteln operierenden Überraschungsmannschaften Yverdon und Lausanne-Ouchy sind zusammen mit Winterthur die ersten Kandidaten für die letzten beiden Plätze. Sowohl Yverdon mit Trainer Marco Schällibaum als auch Lausanne-Ouchy mit Anthony Braizat beklagten gewichtige Abgänge, bei Yverdon fällt mit dem Brasilianer Silva zudem ein Schlüsselspieler im Mittelfeld mit einem Kreuzbandriss lange aus. Auch das vom Ineos-Konzern alimentierte Lausanne-Sport operiert in finanziellen Belangen noch nicht auf Augenhöhe mit den Arrivierten.

Ganz vorne steigen die Young Boys nach der souveränen Rückeroberung des Meistertitels wiederum als grosser Favorit ins Rennen, unabhängig davon, ob Fabian Rieder noch ins Ausland wechselt. Bislang verzeichnen die überlegenen Berner den einträglichen Wechsel von Abwehrchef Cédric Zesiger nach Wolfsburg als grössten Substanzverlust. Mit dem U21-Internationalen Aurèle Amenda steht das nächste Talent auf dieser Position vor dem Durchbruch, und den wahrscheinlichen Abgang von Rieder (zu Borussia Mönchengladbach?) könnten Lukasz Lakomy, Kastriot Imeri und der von Basel kommende Darian Males abfedern.

Basels Rochaden, Luganos Plan

Erster Herausforderer der Young Boys ist zumindest gemessen am finanziellen Volumen nach wie vor Basel. Dank des Vorstosses in die Halbfinals der Conference League und den Verkäufen von Zeki Amdouni (für 18 Mio. Franken zu Burnley), Andi Diouf (14 Mio./Lens) und Andy Pelmard (1,9 Mio./Clermont) ging der mutige Poker von Klubchef David Degen in finanzieller Hinsicht trotz Platz 5 in der Liga fürs Erste auf. Im Vergleich zur Vorsaison müssen die Basler in der Meisterschaft unter dem neuen Trainer Timo Schultz aber zulegen, wollen sie sich nicht wieder im Mittelfeld einreihen - ein schwieriges Unterfangen angesichts der erneut grossen personellen Rochaden.

Beim FC Lugano, bei dem das langfristig angelegte Projekt des amerikanischen Besitzers Joe Mansueto gut gedeiht und der Stadion-Neubau voranschreitet, würde eine weitere Steigerung nicht überraschen. Mit Anto Grgic, Yanis Cimignani und dem 19-jährigen marokkanischen U23-Afrikameister Ayman El Wafi wurde die bereits gehobene Kaderqualität weiter aufgewertet.

Luzerns Fundus, Geigers Erbe

Auch Luzern, das wohl noch Ardon Jashari verlieren wird, aber aus einem enormen Fundus an Talenten schöpfen kann, ist trotz der Turbulenzen in der Teppichetage eine gute Saison zuzutrauen. Ebenso wie Servette, das zwar mit Gaël Clichy und Kevin Mbabu zwei Leistungsträger verlor und den Vertrag mit Trainer Alain Geiger trotz ausgezeichnetem Leistungsausweis auslaufen liess, mit Heimkehrer Jérémy Guillemenot und Trainer René Weiler aber neue Qualität ins Team holte.

Eine Steigerung erhofft sich der FC Zürich nach dem enttäuschenden 8. Platz in der Vorsaison als Meister aufgrund des desolaten Herbstes unter Bo Henriksens Vorgänger Franco Foda. Derweil soll es beim FC St. Gallen zwischen Trainer Peter Zeidler und Captain Lukas Görtler sowie weiteren Spielern brodeln und ist bei den Grasshoppers unter der verkaufswilligen chinesischen Führung nach wie vor vieles undurchsichtig.

SDA
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