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"Ich konnte Musiknoten lesen bevor ich das Alphabet kannte"

Mit gerade einmal fünf Jahren begann Christoph Baeriswyl das Euphonium zu spielen. Mit der Zeit wurde auch das Schwingen zu seiner Leidenschaft. Nun musste sich der 21-Jährige entscheiden.

Christoph Baeriswyl vor dem Training beim Schwingklub Sense. © RadioFr.

"Mein Musiklehrer hat mir spezielle Kärtchen gebastelt. Auf der einen Seite stand die Musiknote, wenn ich das Kärtchen wendete, stand dort welches Ventil ich drücken musste." Christoph Baeriswyl steht auf dem Sportplatz in Plaffeien und dehnt gerade seine Muskeln nach dem Aufwärmen für das Schwingtraining. Er erzählt von den Anfängen seiner musikalischen "Karriere". Dabei muss sich der heute 21-Jährige anstrengen, dass er sich noch an alles erinnern kann, denn mit dem Euphoniumspiel begann Baeriswyl mit gerade einmal fünf Jahren. "Mein Götti spielte Bass und liess mich früh auch damit spielen. Dann hatte ich den Wunsch, Bass zu spielen." Mit fünf Jahren war er dafür aber noch zu klein, erzählt Christoph Baeriswyl. So wurde er mit dem kleineren Euphonium vertröstet, fand aber an diesem Instrument rasch gefallen. Und so durfte die Musikgesellschaft St. Antoni schon bald ein neues Mitglied begrüssen. 

Christoph Baeriswyl bei seinen ersten Versuchen auf dem Euphonium.

Neukranzer beim Teilverbandsfest

Nachdem die Musik bei Christoph Baeriswyl zwei Jahre Exklusivstatus genossen hatte, bekam sie durch den Sport Konkurrenz. Baeriswyl begann mit sieben Jahren Fussball zu spielen, ein Jahr später wechselte er zum Schwingen. Bald zeigte sich das Talent von Christoph Baeriswyl. Bei den Nachwuchsfesten schwang er regelmässig vorne mit, holte sich Zweige (Äquivalent zum Kranz, bei den Junschwingern), und gar Festsiege. Oft stand ihm mit Romain Collaud, der den Jahrgang 2002 regelrecht dominierte, ein Schwinger im Weg, der inzwischen zwei Kranzfeste gewonnen hat und bereits Eidgenosse ist. 

Man ist beim Schwingen für sein Glück oder eben Pech selbst verwantwortlich. Diese Unabhängigkeit gefällt mir. Trotzdem geht es beim Training sehr kameradschaftlich zu und her, dass man sich wie im Team fühlt

Bei den Aktiven startete Christoph Baeriswyl quasi von 0 auf 100. Zum ersten Mal durfte er sich bei der "Fête Romande 2021" in Oron-la-Ville den Kranz aufsetzen lassen. "Ziel war es, in der Saison 2021 meinen ersten Kranz zu gewinnen. Das Teilverbandsfest war damals das erste Kranzfest der Saison für die Westschweizer. Dass es gleich klappte, machte mich schon etwas Stolz". Inzwischen hat Baeriswyl acht Kränze gewonnen, darunter einen Zweiten bei der Fête Romande 2023. "Eigentlich wollte ich in diesem Jahr den ersten Bergkranz. Das hat leider nicht geklappt, mir fehlt es noch ander Konstanz", kommentiert Baeriswyl sein Abschneiden auf dem Schwarzsee, der Rigi und dem Weissenstein. Die Ziele gehen Baeriswyl für die nächste Saison jedenfalls nicht aus.

Dass der 21-Jährige aus St. Antoni mit 1,76 Meter Körpergrösse eher zu den kleineren Schwingern gehört, sieht er nicht als Nachteil. 

Ich darf mit dem Arbeiten, was ich habe. Die Kraft ist bei mir vielleicht ein etwas grösserer Faktor als bei anderen, aber schlussendlich macht mich das aus und ich habe die Schwingart gut auf die Körpergrösse angepasst.

Sein schwingerisches Vorbild Hans-Peter Pellet sei übrigens genau gleich gross und der habe ja immernoch am zweitmeisten Kränze (136 insgesamt) aller Zeiten gewonnen. 

Nie um einen Spruch verlegen

Christoph Baeriswyl macht sich auf den Weg in den Schwingkeller, wo seine Klubkollegen das Schwingtraining bereits aufgenommen haben. Die Stimmung erheitert sich, sobald der 21-Jährige in die Zwilchhosen gestiegen ist. "Ich bin schon ein bisschen "z Tschääderi", sagt Baeriswyl mit einem Schmunzeln. Hie und da ein Spruch zu klopfen gehöre zum Schwingen dazu. Auch für seine Klubkollegen ist er sehr wichtig. "Bevor Christoph und einige andere Junge kamen, war ich etwas allein. Es ist sehr schön, dass mit ihm ein hoch motivierter und sehr talentierter Schwinger bei uns ist. Davon können alle profitieren", sagt zum Beispiel Steven Moser.

Und lobt den gelernten Zimmermann weiter "Chrigu ist ein unglaublich lieber Typ. Im Sägemehl manchmal fast zu lieb. Und er ist immer für einen Spass zu haben", beschreibt Steven Moser seien Klubkollegen weiter. 

Entscheidung mit 21 Jahren

Allerdings werden die Klubtrainings beim Schwingklub Sense in Zukunft wohl etwas spärlicher. Baeriswyl bildet sich zum Vorarbeiter weiter. "Für ein halbes Jahr gehe ich dann nach Biel zur Weiterbildung, dann drücke ich 100% die Schulbank." Während dieser Zeit möchte Christoph Baeriswyl in Aarberg mittrainieren. Ein Wechsel des Teilverbandes kommt jedoch nicht infrage.

Eine Entscheidung hat Christoph Baeriswyl jüngst auch in Bezug auf sein musikalisches Hobby gefällt. Nach 16 Jahren hat Baeriswyl das Euphonium vorerst im Instrumentenkoffer versorgt. "Es wurde mir alles etwas zu viel. Auch die Freude liess bei mir nach diesen vielen Jahren etwas nach. Deshalb habe ich mich entschieden, vorerst einen Schlussstrich zu ziehen." In der Musikgesellschaft St. Antoni spielte er unter anderem zusammen mit seiner Mutter und seinen beiden Halbschwestern.

Ganz ohne Wehmut ging es für den 21-Jährigen, der einen grossen Teil seines bisherigen Lebens der Musik widmete, zwar nicht. Dennoch bleibt er in seiner Entscheidung konsequent. "Es war eine wunderbare Zeit, aber ich musste mir eingestehen, es liegt einfach nicht mehr drin. Und "halbpatzig" irgendetwas machen, wobei möglicherweise das Schwingen noch darunter leidet, wollte ich auf keinen Fall." Christoph Baeriswyl betont aber, dass er die Tür zum Musikzimmer nicht für immer zugemacht hat. "Ich hoffe sehr ich kann noch lange Schwingen, aber wenn ich einmal aufhöre, dann fange ich wahrscheinlich wieder an Musik zu machen."

RadioFr. - Ivan Zgraggen
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