News für unsere Region.

Freiburger Feuerwehr kritisiert Groupe E

Entlang der Saane kam es Mitte November zu Überschwemmungen – viele Schäden hätten sich möglicherweise verhindern lassen.

Der Vorwurf an die Groupe E: Informationen über Wassermenge und Zeitpunkt waren falsch. © Keystone / Christian Beutler

Das Freiburger Energieunternehmen Groupe E betreibt unter anderem die Staumauer Rossens unterhalb des Greyerzersees. Für die Gebiete unterhalb der Staumauer – namentlich für die Freiburger Unterstadt – ist gerade bei lang anhaltenden Regenfällen aufgrund der zusätzlichen Hochwassergefahr zentral, wie viel Wasser wann aus dem Stausee abgelassen wird. Genau diese beiden Angaben seien während der starken Niederschläge vom 14. auf den 15. November aber falsch gewesen, sagt Beat Betschart, der stellvertretende Kommandant der Feuerwehr Freiburg.

Wir erwarten, dass man uns das nächste Mal eher informiert.

Beat Betschart, stv. Kommandant Feuerwehr Freiburg
Überschwemmungen in der Freiburger Unterstadt (RadioFr.)

"Die Groupe E sagte uns, sie lasse bis zu 590 Kubikmeter Wasser in der Sekunde ab – um 1 Uhr morgens hätte die Wasserwelle kommen sollen, aber sie kam erst später und viel stärker, als man angekündigt hatte", so Betschart. Statt den 590 Kubikmeter Wasser seien schon vor Mitternacht fast 670 Kubikmeter Wasser die Saane heruntergestürzt und man habe sich nicht auf einen derartigen Wasserfluss vorbereiten können.

Mangelnde Vorbereitung und Kommunikation

Teile der Freiburger Unterstadt wurden daraufhin massiv überschwemmt, namentlich das Neigles-Quartier und die Untere Matte. Keller, Garagen und Betriebe wurden geflutet und verschlammt, viel Hab und Gut zerstört. Schäden beklagen auch Gemeinden unterhalb des Schiffenensees – etwa Bösingen oder Laupen. Wegen der Flutung der Technikräume der Regio Badi Sense muss die gesamte Filteranlage erneuert werden, was gemäss der Betriebsleiterin über 100'000 Franken kosten wird.

Die Lage verschlechterte sich, da die Wasserzuflüsse stark und unerwartet angestiegen sind.

Yves-Laurent Blanc, Pressesprecher Groupe E

Sollte es wiedermal so viel und so lange regnen, solle man bei der Kommunikation etwas verbessern, sagt Beat Betschart von der Feuerwehr. "Wir erwarten, dass man uns das nächste Mal vielleicht einen halben Tag eher informiert, dass wir Feuerwehrleute mehr Zeit haben."

Ich kann mir nicht ganz vorstellen, dass dies eine derart grosse Überraschung gewesen ist.

Mario Slongo, Meteorologe aus Tafers

Den Vorwurf, man habe falsch reagiert, kontert Yves-Laurent Blanc, Pressesprecher der Groupe E. Man habe die Folgen der Ereignisse so gut eingeschätzt, wie es möglich gewesen sei, habe den Kanton schon am Montag über die möglichen Unwetter informiert, den Spiegel des Greyerzersees gesenkt und am Dienstag bereits um 14 Uhr Wasser abgelassen. "In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch verschlechterte sich die Lage, da die Wasserzuflüsse stark und unerwartet angestiegen sind", so Blanc weiter.

Dass die Zuflüsse in den Greyerzersee so unerwartet angestiegen sind, wie die Groupe E behauptet, glaubt der Tafersner Meteorologe Mario Slongo nicht. "Ich kann mir nicht ganz vorstellen, dass dies eine derart grosse Überraschung gewesen ist", sagt er.

Denn bereits Mitte Oktober setzten fast täglich Niederschläge ein, und der Regen setzte sich im November fort, teilweise sogar anhaltend. Dies und die entsprechenden Prognosen von Meteo Schweiz hätte man beim Stausee-Management berücksichtigen sollen – besonders da die Böden durch die anhaltenden Regenfälle gesättigt waren und das Wasser kaum noch aufnehmen konnten.

Zu wenig, zu spät

"In Neigles haben wir noch versucht, Kunststoff-Sperren aufzustellen, um die grösseren Wassermassen etwas abzubremsen", erzählt Beat Betschart von der Feuerwehr Freiburg. Leider habe man dieses Vorhaben aber abbrechen müssen, da die Sperren sonst weggeschwemmt worden wären. Man hätte sie mit Sandsäcken befestigen müssen, jedoch waren davon zu wenige verfügbar, so Betschart weiter.

Die "Beaver-Elemente" lassen sich mit Wasser füllen – wenn genug Zeit dafür da ist. (Keystone / Walter Bieri)

Viel besser für den Schutz vor Überschwemmungen geeignet seien die "Beaver-Sperren", welche aufeinandergestapelt werden können. Die Beaver waren zum Zeitpunkt der November-Überschwemmungen in Bulle stationiert. "Sie sind zwar gekommen, aber etwas zu spät, dass wir sie noch hätten aufstellen und mit Wasser füllen können."

Inzwischen hat die Stadt Freiburg neue «Beaver-Sperren» in der Sammelstelle Neigles stationiert. "Unsere Pikett-Gruppe ist innert 20 Minuten einsatzbereit und würde die Beaver dort abholen und aufstellen." Dies, falls wieder eine ähnliche Situation wie Mitte November einträte. Laut Betschart arbeitet man derzeit an einem Einsatzprotokoll, um zu klären, wie bei drohenden Überschwemmungen gehandelt werden soll. Zudem wird das SMS-Alarmsystem des Bevölkerungsschutzes überprüft, da die erforderlichen Informationen die betroffene Bevölkerung nicht rechtzeitig erreicht haben.

Yves-Laurent Blanc von der Groupe E sagt, man müsse diskutieren, ob künftig noch mehr Akteure in die Kommunikation eingebunden werden sollen. Das Debriefing, also die Besprechung nach den Ereignissen zwischen der Groupe E, der Feuerwehr, dem Bevölkerungsschutz und dem Kanton, sei noch nicht abgeschlossen. Bei einem möglichen nächsten Vorfall wird sich zeigen, welche Lehren aus den Ereignissen von Mitte November gezogen wurden.

RadioFr. - Tobias Brunner
...