News für unsere Region.

"Mit der Skisaison haben wir natürlich grosse Sorgen"

Ronald Vonlanthen spricht über die aktuelle Situation im Spital HFR und erklärt, warum Skifahren momentan keine gute Idee ist.

Ronald Vonlanthen ist besorgt über die aktuelle Situation. © RadioFr.

Die Corona Fallzahlen im Kanton Freiburg sind in den letzten Wochen deutlich zurückgegangen. In der ersten Novemberwoche waren es noch rund 4500 Neuinfektionen. Das war der Wendepunkt der zweiten Welle in Freiburg. Die Situation hat sich im alltäglichen Leben ziemlich gut erholt. Das lässt schnell vergessen, dass die Situation im Gesundheitsbereich noch immer angespannt ist. Zwar ist auch dort der Höhepunkt durch, aber man läuft immer noch auf gleichem Stand wie zu Höchstzeiten der ersten Welle, sagt der medizinische Direktor vom HFR, Ronald Vonlanthen im Interview mit RadioFr.

Philipp Bürgy, RadioFr.: Wie sieht die aktulle Situation im HFR Freiburg aus?

Ronald Vonlanthen: Im Moment ist die IPS (Intensivpflegestation, Anm. d. Red.) wieder voll. Es ist natürlich schon etwas besorgniserregend: In den letzten Wochen konnten wir mit unseren vorhandenen IPS-Plätzen nur alle Probleme lösen, weil wir viele Patienten in die Deutschschweizer Kantone verlegen konnten. Das muss klar gesagt werden. Wenn es nun in der Deutschschweiz auch anzieht, und sie auch Platzprobleme bekommen, dann können wir das nicht mehr machen. Dann muss hier wieder für andere Lösungen gesucht werden.

Also gab es die umgekehrte Situation bis jetzt noch nicht, dass Freiburg Patienten aus anderen Kantonen aufnahm?

Nein. Um die anderen Kantone zu entlasten, haben wir lediglich unsere Patienten wieder zurückgenommen, die wir ihnen vor einigen Wochen überwiesen haben.

Ein Punkt, der darunter leidet, sind Operationen: 270 Operationen wurden aufgeschoben. Wie will man das aufarbeiten?

Im Sommer konnten wir die aufgeschobenen Operationen der ersten Welle gut aufholen. Dies mit verschiedensten Massnahmen: Wir haben die Effizienz etwas gesteigert in den Operationssäälen. Man liess vermehrt die Spezialisten operieren, damit es schneller ging. Dies ist sonst nicht so üblich, so kann etwas Zeit herausgeholt werden. Für den Januar haben wir nun trotz allem geplant, mit voller Kapazität so viel wie möglich zu machen. Ausser es gibt eine dritte Welle, dann geraten wir in Schwierigkeiten.

Was würde eine dritte Welle bedeuten? Für die aufgeschobenen Operationen und auch allgemein?

Eine dritte Welle würde bedeuten, dass wir mehr Intensivbetten brauchen. Um diese Intensivplätze zu betreiben, brauchen wir das Personal aus dem OPS, wie Anästhesisten. Das heisst, wir müssen wieder Operationssäle schliessen, um mehr IPS-Betten betreiben zu können. Und dann können wir nicht mehr operieren – oder nur bei Notfällen.

Sieht man ein Licht am Ende des Tunnels?

Ich sehe es noch nicht, ehrlich gesagt. Denn jetzt haben alle das Gefühl, mit der Impfung im Januar werde alles gut. Aber da muss man sich bewusst sein, dass zuerst 70% der Bevölkerung geimpft sein muss, damit das Virus gestoppt werden kann. Das sind allein in Freiburg zirka 250‘000 Personen. Diese 250'000 Personen müssen sich zuerst einmal impfen lassen wollen und dann muss es noch gemacht werden. Das wird über mehrere Wochen und Monate gehen. Das heisst, Covid wird uns auf alle Fälle noch bis in die zweite Jahreshälfte 2021 beschäftigen.

Wie sehen Sie der kommenden Skisaison entgegen?

Mit der Skisaison haben wir natürlich grosse Sorgen, dass mehr Akut- und Schwerverletzte zu uns kommen und IPS-Plätze brauchen. An einem guten Tag gibts bei den grossen Skigebieten sehr viele Unfälle. Das betrifft dann die ganze Schweiz, weil sie nicht mehr lokal behandelt werden und verteilt werden können. Das wird das System weiter überlasten.

Wir haben keine grossen Skigebiete im Kanton. Wird der Kanton trotzdem stark davon betroffen sein?

Ja, denn zum Beispiel das Wallis ist schon jetzt mit den Covid-Patienten stark belastet. Sie werden die Skifahrer auf andere Kantone verteilen müssen. Das heisst, auch wenn wir selber nicht viele Skifahrer haben, werden wir aus anderen Kantonen Skifahrer bekommen.

Was verlangt das HFR vom Bundesrat?

Das HFR verlangt vom Bundesrat gar nichts. Ich wünsche mir natürlich, dass die Leute momentan nicht Skifahren gehen. Ich selbst würde auch gerne auf die Piste gehen. Wir hätten es alle verdient, mal wieder etwas anderes zu tun, als zuhause zu sitzen. Aber im Moment ist das einfach eine blöde Idee.

Viele Mitarbeitende haben gekündigt, zum Beispiel im HFR Tafers. Erwartet man, dass die Pandemie auch in Zukunft Folgen haben wird, weil das Personal jetzt so überlastet ist?

Also die Leute, die momentan hier arbeiten, machen dies sicher mit einer gewissen Motivation. Und darum bleiben sie auch im Spital, auch wenn sie stark belastet sind. Wir haben wenige Kündigungen. Aber wenn jemand über mehrere Monate unter dieser starken Belastung arbeitet, dann kann nach der Krise schon der Gedanke aufkommen: „Jetzt habe ich meine Verantwortung erfüllt und mache etwas anderes im Leben“.

Also ist schon ein wenig Angst im Raum, dass nach der Krise viele Leute gehen könnten?

Es ist eine Sorge, dass viele Leute danach aus dem Gesundheitswesen austreten oder innerhalb des Gesundheitswesens auf andere Posten wechseln.

RadioFr. - Philipp Bürgy / rb
...