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Nina Christen als Gejagte im eigenen Team

Der Druck der internen Selektion sei zeitweise brutal hart gewesen, höher als in einem Olympia-Final, sagt Nina Christen. Die Olympiasiegerin von Tokio reist mental gestärkt zu den Spielen 2024.

Nina Christen, hier mit dem Luftgewehr, erfrischt sich während der Wettkampfpause © KEYSTONE/EPA PAP/SEBASTIAN BOROWSKI

Was die Schweizer Frauen derzeit in der Königsdisziplin des Schiesssports, dem Dreistellungsmatch über 50 m, zeigen, ist ausserordentlich. Der Ausscheidungskampf um die zwei Startplätze mit dem Kleinkaliber-Gewehr wurde auf so hohem Niveau ausgetragen, dass selbst einer Olympia-Siegerin das Out drohte: Da ist das erst 15-jährige Schiesstalent Emely Jäggi, das an ihrem zweiten (!) Elite-Event gleich einen Olympia-Quotenplatz holt und sich vergangenen Mai in Osijek EM-Bronze umhängen lässt. Da ist Chiara Leone, die an besagter EM in Kroatien sogar Gold gewinnt. Und da ist die hochdekorierte Nina Christen, die während der Qualifikationsperiode von Swiss Shooting ab Januar 2023 letztlich im internen Ranking doch den höchsten Wert erzielt.

"Ich war die Gejagte, die anderen die Jägerinnen. Und als Jäger kannst Du mehr 'All In' gehen, als ein Gejagter. Das ist mental ein grosser Unterschied", betont Nina Christen, die zusammen mit Chiara Leone den Zuschlag für die Königsdisziplin erhielt.

Völlig neue Situation

"Ich musste mich dieser Situation, einer völlig neuen Situation, stellen", sagt sie und meint zur rein sportlichen Komponente: "Wir haben uns ein halbes Jahr gemetzget." Ein Olympia-Final absorbiere einen ein paar Tage, aber hier habe alles ein halbes Jahr gedauert. "Da sind auf einmal neue Strategien gefragt. Man muss offen für Neues sein."

Nina Christen erwähnt nicht ohne Stolz, dass sie diesen Test bestanden hat. Sie geht gestärkt aus dieser Situation hervor, sie kann wie in Tokio 2021 zuerst über 10 m Luftgewehr antreten - in dieser Disziplin vertritt sie die Schweizer Farben mit Audrey Gogniat - und sie verbringt die Tage in Frankreich mit einem grösseren Team als erwartet, denn der Kleinkaliber-Schütze Christoph Dürr und Jason Solari mit der Pistole haben die Olympia-Hürde ebenfalls genommen.

Eine bessere Schützin

Ob Nina Christen die Erfolge von Tokio wiederholen kann (Bronze mit dem Luftgewehr und Gold im Dreistellungsmatch mit der Kleinkaliber-Waffe), wird sich weisen. Auf jeden Fall reist sie guten Mutes nach Châteauroux, wo 250 km südlich von Paris in Frankreichs nationalem Leistungszentrum die Medaillensätze vergeben werden.

"Ich bin gelassener unterwegs als vor drei Jahren", betont sie. "Ich kann den Druck besser handhaben". Sie finde im Kopf die Balance besser zwischen "völlig fokussiert und easy".

Sie sei, so sagt die angehende Helikopter-Pilotin, eine noch bessere Schützin geworden. Sie wisse, wann Ruhe und Erholung angesagt sei, wie sie die Qualität im Training erhöhe, wie oft sie in die Physio gehen solle oder mit dem Psychologen zu arbeiten habe, welche Wettkämpfe sie bestreite oder bewusst auslasse, welche Schritte sie für die Privatpiloten-Lizenz zu unternehmen habe. "Ich kann den Druck besser handhaben. Ich kann besser in die verschiedenen Welten eintauchen", betont sie.

SDA
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