"Schutz des eigenen Lebens war uns wichtiger als das Gesetz"

Ein Sensler Ehepaar hatte sein Kind während Wochen nicht in die Schule geschickt, aus Angst vor Corona. Nun wehrt es sich gegen eine Busse.

Ein Ehepaar liess seine Tochter aus Angst vor Corona nicht mehr zur Schule gehen (Symbolbild). © Keystone

Gleich mehrmals hat ein Paar aus dem Sensebezirk seine 9-jährige Tochter seit Beginn der Pandemie zu Hause unterrichtet, statt es in die Schule zu schicken. Das erste Mal war im Mai 2020, nach dem Ende des Fernunterrichts. Damals verzichtete die Primarschule noch auf eine Anzeige.

Im November dann blieb das Kind erneut den ganzen Monat zu Hause, worauf die Schule Anzeige erstatte. Zwischen Januar und Februar fehlte das Mädchen ein weiteres Mal für rund zwei Wochen. Im April schliesslich verhängte das Oberamt eine Busse von 2700 Franken. Weil die Eltern diese Busse anfechten, musste sich am Donnerstag das Gericht des Sensebezirks mit dem Fall befassen.

Keine schulische Lücke

Auch wenn sich die Eltern den Ermahnungen der Schule stets widersetzten, pflegten sie offenbar regelmässigen Kontakt mit dieser. "Wir hatten einen interessanten Austausch. Aber es war schnell klar, dass unsere Positionen auseinander gehen", sagte die Schulleiterin, die als Zeugin vorgeladen war. Nach ihren Schilderungen hatten die Eltern mit dem Kind den kompletten Schulstoff nachgearbeitet, "vielleicht sogar noch etwas mehr", so die Schulleiterin.

Auch die Prüfungen holte das Mädchen nach Ende des Unterrichts im leeren Schulzimmer nach. "Das Zeugnis zeigt, dass das Kind absolut keine Lücke hatte", fügte sie an. Einzig der soziale Aspekt sei durch das Fernbleiben vernachlässigt worden. Aber das sei der Familie bewusst gewesen.

Riskante Schwangerschaft mit 41 Jahren

Die Eltern wussten, dass sie gegen das Schulgesetz verstossen, sagte der Vater des Kindes bei der Befragung durch Gerichtspräsidentin Pascale Vaucher Mauron. Seine Frau war zur fraglichen Zeit schwanger. Das sei der Hauptgrund gewesen für diese Vorsichtsmassnahme. "Es ist immer noch nicht klar, welche Folgen Corona für Schwangere und das Ungeborene hat." Deshalb sei die Familie lieber vorsichtig gewesen.

Verunsichert habe sie auch, dass es im Umfeld der Familie zwei Todesfälle im Zusammenhang mit Corona gab. "Der Schutz des eigenen Lebens ist uns wichtiger als das Gesetz", fügte er hinzu. Ähnlich argumentierte die Mutter. Sie betonte, dass die Eltern die Massnahmen regelmässig mit dem Kind besprochen hätten. "Auch mein Alter spielte eine Rolle bei diesem Entscheid."

Die Frau war zum Zeitpunkt der Schwangerschaft 41 Jahre alt. Diesen Umstand griff auch die Verteidigerin des Ehepaares auf. In diesem Alter sei eine Schwangerschaft ohnehin bereits riskant, sagte sie. "Mit Corona besteht dann ein doppeltes gesundheitliches Risiko".

Urteil wird in den nächsten Tagen erwartet

Sie beantragte für das Paar einen Freispruch. Die Busse von 2700 Franken sei ohnehin zu hoch. Der Mann habe eine eigene Firma, die während der Pandemie Aufträge verlor und alle Mitarbeiter entlassen musste. Und bis heute habe sich die Situation dieser Firma noch nicht gebessert.

Für die Richterin stellte noch die Frage, warum die Eltern bei der Schule nie ein Gesuch um Urlaub oder eine Dispens eingereicht hatten. "Weil das die Schule nie vorgeschlagen hatte", lautete die Antwort der Eltern. Die Schulleiterin gab auf Anfrage der Gerichtspräsidentin zu verstehen, dass ein solches Gesuch wahrscheinlich ohnehin abgelehnt worden wäre.

Wie das Gericht in diesem Fall nun entscheidet, ist noch offen. Das Urteil wird in den nächsten Tagen verkündet.

RadioFr. - Patrick Hirschi / pef
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