"Tagliatelle al Ragù mag ich sehr"
Michel Aebischer zieht eine erste Bilanz nach drei Monaten in Italien. Im Interview äussert er sich zur Sprache, zum Fussball und zur Bürokratie.

Frapp: Vor drei Monaten hast du den Wechsel nach Bologna vollzogen. Wie hast du dich eingelebt?
Michel Aebischer: Mit den Teamkollegen verstehe ich mich gut und mit dem Leben in Italien komme ich gut zurecht. Ich habe eine Wohnung im Zentrum von Bologna gefunden. Einige Dinge sind noch in der Schweiz, die werde ich nach der Saison zügeln. Eine grosse Terrasse habe ich auch, daher kann der Sommer kommen.
Du hast lange im Dorf Heitenried gewohnt, danach in Düdingen. Jetzt in einem anderen Land mit einer anderen Sprache. Hattest du Angst von dieser Umstellung?
Angst nicht, nein. Man weiss zwar nicht, was genau auf einen zukommt, aber das ist normal. Ich habe mich auf die neue Kultur gefreut. Obwohl es nervt, 50 Dokumente auszufüllen, kann man eine neue Sprache lernen.
Klar, habe ich mir mehr Spielzeit erhofft, aber es ist ein anderer Fussball hier in Italien, darum brauchte ich die Anpassungszeit.
Wie steht es um dein Italienisch?
Schon sehr gut. Ich verstehe quasi alles. Es ist relativ ähnlich wie Französisch. Mit dem Sprechen geht’s auch immer besser. Ich besuche jede Woche dreimal einen einstündigen Italienischkurs.
Hast du dir Sorgen gemacht, als du zu Beginn nur wenig oder teilweise auch keine Einsatzminuten gekriegt hast?
Natürlich würde ich gerne in jeder Partie von Anfang an spielen. Mir wurde aber gesagt, dass ich gut trainiere und Geduld haben soll, deswegen habe ich mir keine Sorgen gemacht.
Dann kam das Startelfdebüt im San Siro gegen die AC Milan – eine Woche später nochmals von Beginn an und danach wieder als Ersatz. Wie hast du das erlebt?
Es war cool, vor 70'000 Zuschauern zu spielen. Das Ergebnis (0:0) stimmte auch. Danach kam noch ein Startelfeinsatz und ich hatte das Gefühl, ich habe gute Leistungen gezeigt. Obwohl ich danach wieder von der Bank kam, war ich nicht frustriert. Es kommt immer darauf an, wie man es aufnimmt – ob man es negativ sieht oder im Training weiter Vollgas gibt.
Hast du dir mehr Spielzeit erhofft, als du Ende Januar hier nach Bologna gewechselt bist?
Klar habe ich mir mehr erhofft, aber es ist ein anderer Fussball hier in Italien, darum brauchte ich die Anpassungszeit. Enttäuscht bin ich deswegen nicht.
Ich glaube jetzt kann man sagen, dass Bologna mich über den Sommer hinaus übernehmen wird und ich hierbleibe.
YB spielt einen offensiveren Fussball. Nervt dich die defensive Spielweise in Italien?
Natürlich mag ich eher ein 3:3 als ein 0:0, aber in Italien ist es umgekehrt. Es gehört aber auch zu meiner Weiterentwicklung, dass ich mich der Liga anpasse, in der ich spiele.
Der Trainer Sinisa Mihailovic erlitt einen Rückfall und seine Krebserkrankung macht es ihm nicht mehr möglich, vor Ort zu sein. Wie coacht er das Team?
Das ist sehr hart für uns. Leider hat die Mannschaft das schon einmal erlebt. Die Trainings werden gestreamt und er ist mit einem Assistenten telefonisch verbunden und kann immer eingreifen, wenn ihm etwas nicht gefällt. Vor den Matches skypen wir jeweils und er richtet ein paar Worte an uns.
Die italienische Küche ist sehr bekannt. Hast du hier deine Lieblingspizza oder -pasta bereits gefunden?
Zu Bologna gehören natürlich die Tagliatelle al Ragù – das habe ich wirklich sehr gerne.
Was machst du in der Freizeit?
Ich gehe gerne in die schöne Stadt, von der ich noch nicht alles gesehen habe. Sonst schaue ich Fussball im Fernsehen oder game ab und zu.
Du bist bis im Sommer mit einer anschliessenden Kaufpflicht ausgeliehen, sofern die sportlichen Kriterien stimmen. Ist es klar, dass du über den Sommer hinaus bleibst?
Ja, ich glaube jetzt kann man sagen, dass Bologna mich übernehmen wird und ich hierbleibe.
Was sind deine kurz- bis mittelfristigen Ziele?
In der restlichen Saison will ich noch so viel wie möglich spielen. Ich will mich für die nächste Saison profilieren.
Ende Dezember findet die WM in Katar statt.
Die ist sicher auch ein Thema, aber dafür muss ich in Bologna viel spielen.




