"Für keinen Mann der Welt würde ich diese Käserei verlassen"
Daniela Weber hat als erste Frau in der Region eine Käserei übernommen. Sie möchte Vorbild sein für Frauen in männerdominierten Branchen.
Die junge Bernerin hat im Juli 2020 die Käserei Wünnewil von Kurt und Rosmarie Hostettler übernommen, die die Käserei davor während 23 Jahre geführt hatten und dann vor drei Jahren in Pension gingen. Damals war die Milchtechnologin 24 Jahre alt. Damit war sie die erste Frau in der Region Bern und Freiburg, die eine Gruyère-Käserei führte.
Nachdem die Käserei in Wünnewil geschlossen wurde, ist Weber im letzten Sommer in der Dorfkäserei Düdingen eingestiegen. Seit Januar 2023 führt die heute 27-Jährige diesen Betrieb als Milchkäuferin - und leitet nach wie vor den Käseladen in Wünnewil. Ihr Team ist ebenfalls sehr jung: "Wir sind alle zwischen 18 und 30 Jahre alt.“
Grosser Wille und viel Mut
Daniela Weber ist in Wohlen bei Bern auf einem Bauernhof aufgewachsen. Nachdem sie viel geschnuppert hat in verschiedenen Berufen, unter anderem als Köchin, ist ihre Wahl schliesslich auf den Beruf der Milchtechnologin gefallen.
Diese Ausbildung faszinierte mich, weil es ein handwerklicher Beruf ist und weil es mit der Landwirtschaft zu tun hat.
Ihre Lehre als Milchtechnologin hat Weber in Amsoldingen unweit von Thun absolviert. "Im zweiten Lehrjahr hat es mich so richtig gepackt. Von da an wusste ich, dass ich gerne einmal selber eine Käserei führen möchte", sagt Weber selbstbewusst. Nach der Lehre hat sie dort im Betrieb noch eine Zeit lang weitergearbeitet. Dass sie zunehmend Verantwortung übernehmen und sich unter anderem um die Lernenden kümmern durfte, bereitete ihr viel Freude.
Riesenchance in Wünnewil
Im Sommer 2020 kam - ziemlich unverhofft - die grosse Chance für Daniela Weber. Von einem Bekannten hat sie erfahren, dass die bisherigen Pächter der Käserei Wünnewil eine Nachfolgelösung suchten. "Ich habe mir die Käserei, in der seit 1976 Gruyère AOP produziert wird, angeschaut und dann ging alles sehr schnell."
Ich hatte ja nichts zu verlieren
Dass die Käserei Wünnewil in den nächsten Jahren schliessen könnte, war für Weber kein Problem. "Ich sah die Stelle als Sprungbrett". Sie wurde ohne Vorbehalte gewählt und zog kurze Zeit später in die grosse Wohnung über der Käserei. Als Pächterin zahlte sie der Genossenschaft als Pächterin einen sogenannten Hüttenzins. "Das ist ein Betrag pro Kilo Milch, das ich den Bauern abnehme, damit ich Käserei, Laden und Wohnung nutzen darf."
Das Vertrauen der Milchlieferantinnen und -lieferanten hat die junge Milchtechnologin schnell erworben. "Es war von Anfang an klar war, dass dies eine Übergangslösung ist und alle wussten, dass ich sehr jung bin. Ich habe nie Zweifel an meinen Kompetenzen gespürt". Bis im Sommer 2022 wurde in der Käserei in Wünnewil gekäst.
Ein neues Kapitel in Düdingen
Anschliessend konnte Daniela Weber im Juli 2022 in der Dorfkäserei in Düdingen starten. Dort leitete Olivier Bongard den Betrieb unter dem Namen "Bon fromage" noch bis Ende Jahr. Per 1. Januar 2023 übernahm Weber die Käserei sowie alle Mitarbeitenden in Düdingen.
Man muss sich als Frau mehr beweisen, um wahr- oder ernstgenommen zu werden
Entschlossen geht die junge Chefin ihren Weg. "Mit den Käsern in der Region verstehe ich mich gut und sie akzeptieren mich - oder geben mir zumindest dieses Gefühl", sagt Weber lachend. Die Milchlieferantinnen und -lieferanten haben sie auch schnell akzeptiert. "Sie wissen, was ich mache und dass ich es gut mache und dass es keine Rolle spielt, ob ich eine Frau oder ein Mann bin."
"Anfangs wurden mir - besonders von den Milchbauern - Fragen gestellt, die so nur einer Frau gestellt werden: Wo siehst du dich in fünf Jahren? Gemeint war privat, nicht beruflich", erinnert sich Weber. Sie hatte den Spiess jeweils einfach umgedreht und zurückgefragt, wie es ihre Frauen nach dem Kinderkriegen gemacht haben. Ihnen wurde schnell klar, dass diese auch weiterarbeiteten. "Ich musste das Vertrauen dieser Menschen gewinnen und sie von der Idee abbringen, dass ich die Käserei verlassen würde, sobald ich einen Mann und Familie habe. Für keinen Mann der Welt würde ich diese Käserei verlassen", sagt Weber überzeugt. Ausserdem sei ihr Job gut mit einem Familienleben zu vereinbaren, da sie sich viel selbst einteilen könne. "Es ist eine Frage der Organisation."
Arbeitstag in zwei Teilen
Am Morgen startet Weber zwischen vier und halb fünf Uhr, eine halbe Stunde vor den anderen.
Ich bin ein Morgenmensch. Am Nachmittag schlafe ich - oder mache Büro
"Dann packen wir den Käse des Vortages aus den Pressformen, geben ihn ins Salzbad, erledigen Reinigungsarbeiten im Keller und ab sechs Uhr ist Milchannahme. Danach startet der Käsungsprozess, der mit dem Abfüllen des frischen Käses in die Pressformen abgeschlossen wird".
Um elf Uhr ist vorerst Schluss. Den Nachmittag verbringt Weber schlafend - oder im Büro. Um 17 Uhr geht es weiter: Dann muss die Milch bei den Bauern abgeholt werden. Um 18 Uhr ist Weber zurück in der Käserei, spätestens um 19 Uhr hat sie Feierabend.
Gruyère, Vacherin oder Emmentaler?
Die Käserei stellt hauptsächlich Gruyère AOP her, von Januar bis Ende Mai 2023 waren es 3600 Laibe à 35 Kilogramm. Vacherin Fribourgeois AOP wird für das eigene Lädeli sowie einige andere Käsereien produziert; das waren drei Tonnen, was rund 375 Laiben à sechs bis zehn Kilogramm entspricht.
Während der Gruyère nach drei Monaten Reifezeit zur Cremo geht, wird der Vacherin direkt verkauft: im eigenen Käselädeli sowie in anderen Käsereien. Für den Verkaufsladen werden auch Joghurt, Butter und saisonale Käsesorten hergestellt. Für den Valentinstag im Februar 2024 lagert bereits ein Gruyère mit Herzen auf der Rinde:
Während Daniela Weber nun hauptsächlich die Freiburger Käsesorten herstellt, war es in Vergangenheit vor allem Emmentaler. Welchen Käse Daniela Weber am liebsten hat, verrät sie im ersten Teil vom 1 zu 1:
Vorbild für andere Frauen
Seit zehn Jahren ist es Daniela Webers grosser Traum gewesen, eine Käserei zu übernehmen. "Das habe ich bereits erreicht", sagt sie freudig. Des Weiteren sei ihr die stetige Qualität wichtig. Bei den Taxationen durch die jeweilige Branchenorganisation wird der Käse aufgrund der Lochung, des Teigs, des Aromas und des Aussehens bewertet.
Weber hat schon 19 Punkte mit ihrem Gruyère und gar die Höchstzahl von 20 Punkten mit dem Vacherin erzielt. "Das kam etwas überraschend, aber freut mich sehr. Der Käse war schon sehr schön."
Ich habe viele meiner grossen Ziele bereits erreicht
Neben ihrem Job sind für Daniela Weber auch ihre Hobbys wichtig, wie die Trachtengruppe. Ausserdem engagiert sich für Gleichberechtigung und für gleiche Berufschancen von Mann und Frau. Weber möchte ein Vorbild sein für andere Frauen in diesem Beruf und zeigen, dass es machbar ist, als Frau einen Käsereibetrieb zu führen. "Es ist wichtig, dass man das tut, was man selber für sich will - und nicht das, was andere für einen wollen", sagt sie entschlossen.
Früher musste man viel mehr "chnoorze"
Wie sich der Beruf des Milchtechnologen und der Milchtechnologin in den letzten Jahren verändert hat, verrät Daniela Weber im zweiten Teil vom 1 zu 1:
"Für die meisten körperlich anspruchsvollen Arbeiten gibt es mittlerweile technische Hilfsmittel, wie beispielsweise den Roboter zum Käseschmieren"
Heutzutage gibt es in einer Käserei keine Tätigkeit mehr, die eine Frau nicht machen kann
Obwohl die Frauen noch in der Minderheit sind, steigt ihr Anteil. In der Ausbildung seien rund ein Drittel Mädchen, wie Weber weiss.
"Klar habe ich als Frau in einer Männerdomäne auch schon negative Erfahrungen gemacht, aber ich nehme es nicht persönlich", erklärt Weber. Grundsätzlich sei es kein Problem, solange man weiss, was man will und sich das von niemandem nehmen lässt.