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Agieren statt reagieren - her mit dem Halsschutzobligatorium

Ein tragischer Unfall hat in der Eishockeywelt die Debatte um den Halsschutz neu entfacht. Braucht es ein Obligatorium? Der Flammenwerfer bezieht klar Stellung.

Philippe Furrer spielte selber, hier gut sichtbar, mit einem Halsschutz. © KEYSTONE

Der amerikanische Eishockey-Profi Adam Johnson wurde nur 29 Jahre alt. Bei einem Liga-Spiel in der britischen EIHL schlitzte ihm eine Schlittschuhkufe den Hals auf. Johnson starb daraufhin im Spital. Der Unfall entfachte daraufhin die Debatte um ein Halsschutz-Obligatorium im Profi-Eishockey neu. 

Erinnerungen an 2001

Auch das Schweizer Eishockey war schon mit einem ähnlichen Unfall wie mit Johnsons konfrontiert. Im November 2001 wurde der damalige ZSC-Spieler Michel Zeiter ebenfalls durch eine Kufe am Hals getroffen. Zeiter überlebte.

Sportarzt Gery Büsser erklärt die Verletzung Zeiters, an einer Pressekonferenz zwei Wochen nach dem Unfall im November 2001. Quelle: KEYSTONE

Allerdings spielte er auch danach nur kurz mit einem Halsschutz, dieser erinnerte ihn zu stark an den Unfall, gab er im Jahr 2008 der Presse zu Protokoll. 2008 ereignete sich der bis dato letzte "Kufen-Unfall" auf Schweizer Profi-Niveau. NLB Spieler Jérôme Bonnet hatte ebenfalls Glück im Unglück. 

Wenige Spieler tragen einen Halsschutz

Ein Blick in die Gegenwart zeigt: Im Unterzieher integrierte Halsschützer, aus Kevlar, sind auf Schweizer Eis äusserst selten. Langnau Stürmer Pascal Berger gehört zu den wenigen, die einen tragen. Warum?

Hört man sich in der Gottéron Garderobe herum, ergeben sich zwei Schlüsse. Erstens sei es im Moment schwierig, überhaupt einen Halsschutz zu bekommen. Dies berichten Sandro Schmid und Maximilian Streule übereinstimmend. Beide hätten sich schlau gemacht, doch oft hiess es "ausverkauft". Zweitens war das Thema vor dem Johnson-Unfall nur marginal präsent. Schmid und Streule betonten aber beide, sie wollen sich einen Halsschutz anschaffen, sobald das Material wieder verfügbar sei. Im Moment spielt keiner der Gottéron-Spieler mit einem Halsschutz. 

Einer, der dies tat, ist Philippe Furrer. Allerdings nicht aus reinen Sicherheitsmotiven, sondern weil der Halsschutz zugleich warm hielt. 

Philippe Furrer, hier bei einem Rencontre mit dem damaligen SCB Spieler Thomas Rüfenacht. Gut sichtbar: sein Rollkragen mit integriertem Halsschutz. Quelle: Keystone

Anders als in der Schweiz, wo jeder Spieler machen kann wie ihm beliebt, gilt in Schweden und Finnland seit längerem ein Obligatorium. In Deutschland wird ein solches auf den 1.1.2024 eingeführt. 

Jeder kann machen wie er will - oder Pflicht?

In der Schweiz hat sich die Liga noch nicht zum Politikum geäussert. Auch die Spielergewerkschaft liess sich noch nicht in die Karten schauen. Bei den Spielern selber besteht im Moment der Hang zu, "wir sind alle Erwachsen - jeder soll selber entscheiden." Im Moment, da ist das Thema aufgrund des tragischen Unfalls präsent. Doch wird dies in den Playoffs auch noch so sein? Sind die Gedanken dann - in der Moneytime - noch immer beim Halsschutz? Es darf gezweifelt werden. Solche Unfälle passieren, glücklicherweise, zu selten, um nachhaltig etwas zu verändern.

Genau darum braucht es ein Obligatorium! Es ist Aufgabe der Liga, die Spieler vor sich selbst und genau dieser Mentalität zu schützen. Agieren statt reagieren. Durch ein Obligatorium kann kein Spieler einen Nachteil, beispielsweise in der Bewegungsfreiheit, geltend machen. Denn alle betreten das Eis mit denselben Voraussetzungen. Und überhaupt: Ob ein, ein paar Millimeter dicker Halsschutz die Bewegungsfreiheit oder den Komfort einschränkt, sei dahingestellt. Selbst wenn dürften sich die Spieler nach wenigen Wochen daran gewöhnt haben. Die Beispiele aus Schweden und Finnland zeigen, es funktioniert. Denn obwohl das Obligatorium dort schon lange besteht, zeigten sich keinerlei negative Auswirkungen auf das Spiel und die Spieler. 

Liga und Spielergewerkschaften müssen sich nun dem Thema stellen und klar Position beziehen. Ob sich ein Obligatorium in dieser Saison noch umsetzen lassen würde, ist schwer zu sagen. Spätestens ab nächster Saison gibt es aber keinen Weg mehr daran vorbei.

RadioFr. - Ivan Zgraggen
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