Nachwuchssorgen: Wieso niemand mehr metzgen will

Blutverschmierte Schürze und unappetitliche weisse Gummistiefel - so stellen sich viele den Metzgerberuf vor. Treffen diese Vorurteile wirklich zu?

Nicolas Bertschy ist bei seinem Handwerk im Element. © RadioFr.

"Wir würden gerne Lernende ausbilden, aber es hat sich niemand beworben." Diese fast schon verzweifelte Aussage hört man im Kanton Freiburg von vielen Metzgereibetrieben. Christine Pauli von der Metzgerei Pauli in Murten erklärt zum Beispiel, dass sich in diesem Jahr zwei Jugendliche zur Schnupperlehre in ihrem Betrieb gemeldet hätten. Überzeugen konnte den Metzgerberuf dann aber keinen der Beiden. Die Lehrlingsstelle blieb unbesetzt. Doch warum ist der Metzgerberuf dermassen unbeliebt?

Die blutverschmierte Schürze war gestern

Gilbert Lehmann von der Metzgerei Lehmann bedauert die Entwicklung ebenfalls. "Mit Fleisch zu arbeiten macht doch einfach Spass!", ist er überzeugt. Die Jobsicherheit sei zudem sehr hoch und der Beruf abwechslungsreich. Letzteres zeigt ein Blick über die Schulter von Nicolas Bertschy. Er führt zusammen mit seiner Frau die Metzgerei Bertschy in der Freiburger Unterstadt. Fleisch präparieren, dieses zu Kunden ausliefern, kalte Platten anrichten und im Laden den Kontakt zu den Leuten pflegen, sind nur ein Teil der täglichen Aufgaben. Der Metzgerberuf verknüpfe Handwerk mit Kreativität.

Und das Schlachten? Dies sei in den kleinen Betrieben heutzutage eine Seltenheit, sagt Nicolas Bertschys Sohn, Alexandre Bertschy. Er hat sich für die Metzgerlehre entschieden und steht heute kurz vor der Meisterprüfung. An seinem freien Tag schaut er oft im elterlichen Betrieb vorbei und erklärt: "Die Metzgerlehre gliedert sich heute in drei Teile, wobei man nicht schlachten muss, wenn man nicht will." Der erste Schwerpunkt ist die sogenannte Fleischgewinnung. Dort steht tatsächlich das Schlachten im Vordergrund. Zweitens die Fleischverarbeitung, für diesen Teil hat sich Alexandre Bertschy entschieden. Wie der Name sagt, wird dort das Fleisch präpariert, bis es bereit ist für die Ladentheke. Und drittens die Fleischveredelung, wo man im Laden den Kundenkontakt pflegt und kalte Platten zubereitet.

Alexandre Bertschy glaubt, dass viele heute ein falsches Bild haben vom Metzgerberuf. Die blutverschmierte Schürze, das Tranchiermesser im Anschlag, alte weisse Gummistiefel, all dies gehöre heute in den kleinen Familienbetrieben der Vergangenheit an.

Handwerkliche Berufe haben es schwer

Mehr Glück bei der Besetzung der Lehrstelle hatte Gilbert Lehmann. Wie er sagt, konnte er bisher die Lehrstelle praktisch immer besetzen. Jedoch bestätigt auch er, dass es schwieriger geworden ist, Nachwuchs zu finden. Er glaubt, dass es handwerkliche Berufe generell schwer haben. Die klassische Berufslehre verlor in den letzten Jahren an Wert, viele junge Leute setzen auf den akademischen Weg.

Die Metzgerinnen und Metzger im Kanton Freiburg sehen also vor allem zwei Hauptgründe für den fehlenden Nachwuchs. Eine falsche Vorstellung von ihrem Beruf - insbesondere das Vorurteil, dass beim Metzgerberuf zwingend Tiere getötet werden müssen - und der allgemeine Interessensrückgang bei handwerklichen Berufen. Eines ist klar: Will die Gesellschaft weiterhin regionales Fleisch direkt beim Metzger kaufen, braucht es mehr Nachwuchs.

RadioFr. - Ivan Zgraggen
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