DETTEC: Mehr Steuern oder mehr Autonomie für Gemeinden?

Warum sich die Freiburger SP und SVP innerhalb der Parteien nicht einig sind, und um was es bei dieser "Aufgabenentflechtung" überhaupt geht.

Das Freiburger Stimmvolk entscheidet am 12. November über die DETTEC-Reform ab. (Symbolbild) © Keystone

Die Wahlen sind vorbei und schon wieder ist das Freiburger Stimmvolk politisch gefordert. Dieses Mal geht es um die sogenannte DETTEC-Reform: eine komplexe Vorlage. 

Um was geht es?

Grundsätzlich will die DETTEC-Reform eine sogenannte Aufgabenentflechtung. Das heisst: Verschiedene Kompetenzbereiche werden zwischen Gemeinden und Kanton neu aufgeteilt. So soll jede Instanz ihre klaren Bereiche bekommen. SP-Grossrat und Syndic von Düdingen Urs Hauswirth dazu:

Die Gemeinden waren wohl unzufrieden, dass der Kanton immer "befahl".  Immer kam die Frage: Wer bezahlt? DETTEC sagt: Derjenige, der etwas bestellt, bezahlt es auch.

Gleichzeitig werden die Aufgabenbereiche zwischen Gemeinden und Kanton auch klar verteilt. In diesem ersten DETTEC-Paket geht es um die folgenden vier Bereiche: 

  • Pflege zu Hause (geht vollumfänglich an die Gemeinde, kantonale Subventionen fallen weg) 
  • Betagte im Altersheim (Gemeinde und Kanton teilen sich die Kosten: Betreuung bezahlt die Gemeinde, Pflege bezahlt der Kanton)
  • Heime für Menschen mit Behinderung (geht vollständig an den Kanton)
  • Kitas (geht vollständig an die Gemeinden, mit kantonaler Überwachung)

Weitere Bereiche werden in künftigen DETTEC-Paketen folgen. Das Ziel dabei bleibt es aber jeweils immer, Kompetenzen zwischen Kanton und Gemeinden klar zu verteilen.

Wie positionieren sich die Parteien und Gemeinden?

An dieser Frage scheiden sich die politischen Geister, und für einmal sind sich auch die Parteien intern nicht einig. Zu der Gegnerschaft gehören einige unabhängige Pflegende, die meisten SP-Grossräte und auch die Delegierten der SVP. Die meisten Grossräte der SVP sind jedoch für die Vorlage und auch einige Vertreter der SP im Grossen Rat sind entgegen ihrer Partei dafür. Darunter Urs Hauswirth und Thierry Steiert. Auch die restlichen Parteien Mitte, FDP und Grüne sind nicht komplett geeint in der Frage um die DETTEC. 

Bei den Gemeinden ist eine klare Tendenz schwer zu erkennen. Viele Gemeinden wie zum Beispiel Düdingen, Villars-sur-Glâne oder Granges sind dafür. Einige Gemeindevertreter geben aber keine Stimmempfehlung ab, wie zum Beispiel Ried bei Kerzers, Brünisried oder Giffers. Andere Gemeinderäte wie zum Beispiel SVP-Vertreter Roland Mesot in Châtel-Saint-Denis, SVP-Syndic Eric Barras in Châtel-sur-Montsalvens und FDP-Gemeinderat Jörg Bönzli in Kerzers sind gegen die DETTEC-Reform.

Gegner und Befürworter findet man also sowohl in den Gemeinden, als auch im kantonalen Grossen Rat.

Welche finanziellen Konsequenzen gibt es?

Es geht um Geld und es geht um Autonomie, beziehungsweise Kompetenzen. Staatsrat Didier Castella sagt, es gäbe keine Mehrkosten für die Gemeinden:

Wir evaluieren die Finanzen alle drei Jahre neu und würden Kosten korrigieren, falls nötig.

SVP-Grossrätin Katharina Thalmann-Bolz sieht dies ähnlich und unterstreicht: "Es gibt keine Steuererhöhungen, denn der Staat übernimmt nichts Neues." Und auch SP-Grossrat Urs Hauswirth sagt: "Ob man als Steuerzahler nun diese Rechnung an die Gemeinde oder an den Kanton begleicht, spielt keine Rolle."

Die Gegnerin und unabhängige Pflegerin Petra Rohrbach befürchtet trotzdem, dass die Steuern in den Gemeinden höher würden, da die Gesundheitskosten künftig weiter steigen werden. SP-Grossrat Simon Zurich zielt in die gleiche Richtung:

Die Gemeinden müssen alle Ergänzungsleistungen übernehmen. Durch die alternde Gesellschaft werden die Gemeindefinanzen stark belastet werden.

Konkret rechnet das Bundesamt für Statistik damit, dass die sich die Ergänzungsleistungen im Pflegebereich in den nächsten zwanzig Jahren verdreifachen werden. Auch die SVP-Delegierten des Kantons Freiburg zeigen sich skeptisch, da die finanziellen Konsequenzen für die Gemeinden nicht klar seien. 

Wie steht es um Leistungen und Administration?

Durch die finanzielle Unsicherheit würden Leistungen in den oben genannten Bereichen zurückgefahren, befürchtet Simon Zurich. Ausserdem müsse man als unabhängige Pflegerin einen administrativen Mehraufwand betreiben und in mehreren Gemeinden Rechnungen stellen. Dem widerspricht der Syndic von Düdingen und SP-Grossrat Urs Hauswirth:

Die meisten dieser Leistungen hat man heute schon in Verbände ausgelagert. Insofern werden alle diese Leistungen für die Gemeinden zu erfüllen sein.

Didier Castella fügt ausserdem an, dass dadurch auch die administrativen Verfahren vereinfacht werden. 

Bekommen die Gemeinden mehr Autonomie?

Schliesslich sei diese DETTEC-Reform aus Sicht von Staatsrat Didier Castella auch nötig, weil die Kompetenzen zwischen Kanton und Gemeinden klarer geregelt sei. Ausserdem bekämen die Gemeinden dadurch mehr Autonomie und Entscheidungsbefugnis. SVP-Grossrat Flavio Bortoluzzi sagt dazu: "Wer mehr Autonomie will, der muss auch das finanzielle Risiko tragen. Wichtig ist es, die Gemeinden zu stärken."

Hier widersprich SP-Grossrat Simon Zurich wehement: 

Sieben Achtel der neuen Lasten kommen vom Bund. Die Gemeinden werden nichts dazu zu sagen haben. Die Gemeinde-Autonomie ist eine Illusion.

In diesem Mosaik von Gegner und Befürworterinnen der komplexen und umfangreichen DETTEC-Reform ist es schwierig, die Argumente abzuwägen. Das Freiburger Stimmvolk ist am 12. November in seiner Meinungsbildung so stark gefordert, wie schon lange nicht mehr. 

RadioFr. - Renato Forni
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